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Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)

Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)

Titel: Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antoine Rouaud
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vorgefunden hatte. Sein schlechtes Gewissen meldete sich. Hatte Grenouille nicht ganz allein einen roten Drachen besiegt? Warum also überwachte er ihn noch immer, sobald er die Möglichkeit dazu fand? Lag es nur daran, dass er sich wieder und wieder dazu beglückwünschte, den Jungen in den Salinen gefunden zu haben? Dieses Kind, das sich als Rohdiamant entpuppt hatte und nur einen gewissen Schliff brauchte, um zu einem Juwel zu werden? Oder lag ihm nach wie vor nur sein Wohlergehen am Herzen, so wie früher?
    »Ihr könnt sicher sein, General, dass die Götter ihre Hand über ihn halten. Nur sie allein wissen, welche Rolle ihm im Leben zugedacht ist.«
    Mehr als eine Stunde spazierte er durch die langen Gänge des Palasts. Noch zögerte er, zu Mildrel zurückzukehren, die er am Morgen wieder einmal im Streit verlassen hatte. Eigentlich war er schon längst wieder bereit, sie in die Arme zu schließen, fürchtete jedoch, dass sie ihn zu einer Entschuldigung zwingen würde. Und er hasste Entschuldigungen. Trotz der tiefen Gefühle, die er für sie hegte, war sie schließlich nur eine Kurtisane. Und so lief er weiter, bis er sich vor dem schweren Portal der Kathedrale der Götter wiederfand. Er betrat die Kirche.
    »Ich bete jeden Tag für ihn«, gestand Dun dem Bischof, der sich in der Bank neben ihm niedergelassen hatte.
    »So wie wir alle für die Soldaten beten, die sich im Krieg gegen die Aufständischen befinden«, lächelte der Bischof.
    An den Säulen im Mittelschiff befanden sich Dutzende Skulpturen, die Männer und Frauen in langen Gewändern mit erstarrten Gesichtern darstellten. Sie alle sahen aus wie gewöhnliche Sterbliche. Hier hatten die Götter menschliche Gesichter, und außer ihrer überdimensionalen Größe wies nichts auf ihre Göttlichkeit hin. Sonnenlicht fiel durch eine große Rosette auf den steinernen Altar. Leere Bänke reihten sich ordentlich hintereinander.
    Dun hatte sich in die erste Reihe gesetzt. Er wollte sich sammeln und beten, als sich kurz darauf der Bischof von Emeris in einem weißen Gewand mit roter, auf die Schultern fallender Kopfbedeckung neben ihm niederließ. Sein graues Gesicht war von tiefen Falten durchzogen, das feine weiße Haar fiel ihm in den Nacken und wellte sich auf dem violett gefärbten Kragen seiner Kutte. Mit seiner altersfleckigen Hand tätschelte er Duns Schulter, als wären sie Vater und Sohn.
    »Außerdem bete ich ganz besonders für Euch, alter Freund.«
    Nachdem er in Emeris angekommen war, hatte Dun in dieser Kathedrale Zuflucht gefunden. Immer wenn er zweifelte oder Angst hatte, flüchtete er sich hierhin. Dass er es so weit nach oben geschafft hatte, hatte er nur seinem Glauben zu verdanken. Natürlich gab es dafür einen Grund. Der Bischof hieß Anvelin Evgueni Reyes und war der Onkel des herrschenden Kaisers. Wären ihm nicht die verborgenen Qualitäten Duns ins Auge gefallen, wäre Daermon nie bei Hofe vorgestellt worden, hätte nie das Leben des jungen Asham Ivani gerettet und wäre nie sein Leibwächter geworden, ehe der Kaiser ihn zu seiner ersten Hand kürte.
    »Niemand kennt die Vorsehung der Götter«, fuhr der alte Geistliche fort. »Schwere Prüfungen stehen Euch bevor, aber ich neige dazu zu glauben, dass die Götter Euch die Hilfe eines jungen Mannes zur Seite gestellt haben.«
    »Er ist aber viel mehr wert«, erwiderte Dun freundlich, denn er sah keine Veranlassung, mit der Wahrheit hinter dem Berg zu halten.
    »Ach ja?«
    »Ich glaube, die Götter haben ihn zu mir geschickt, damit er diesen Krieg gewinnt und das Kaiserreich beschützt.«
    Der Bischof nickte, ehe er einen Hustenanfall hinter vorgehaltener Hand zu ersticken versuchte. Hastig suchte er in seiner Robe nach einem Taschentuch, um sich die Lippen abzutupfen.
    »Dann haben sie den richtigen Mann ausgesucht. Sie werden ihn lehren, ein ganz Großer zu werden.«
    Er erhob sich und ging unter den unbewegten Blicken der steinernen Götter das Kirchenschiff entlang. Die majestätischen Statuen wurden jeden Tag von Steinmetzen begutachtet, damit sie nicht dem Zahn der Zeit zum Opfer fielen.
    »Das Kaiserreich ist wie diese Statuen«, sagte der Bischof und faltete die Hände. »Je mehr Zeit vergeht, desto brüchiger wird es, und es bedarf vieler Heldentaten und großer Schlachten, um seinen Glanz zu sichern. Auf diese Weise wurde Adismas deo Cagliere zum ersten Kaiser. Er war tief gläubig. So gläubig, dass er nach dem Liaber Dest suchte. Er wollte es unbedingt als Erster in die Hand

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