Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)
diesem ansonsten wunderschönen Tag, als Dun seinen Knappen mit dem Schwert zum Ritter schlug.
Schwörst du,
Das Kaiserreich zu verteidigen …
Obwohl der Krieg noch immer andauerte und die Rebellen während der vergangenen Monate einige Gebiete hinzuerobert hatten, war es in Emeris nach wie vor ruhig und friedlich. Hier hörte man noch Vogelgezwitscher statt rauer Befehle. Sanftes Sonnenlicht lag auf den weißen Steinen der Brustwehr.
Und niemals den Pfad des Zorns zu beschreiten …
Schließlich entdeckte Dun Grenouille, der in seinem grauen Umhang neben einer etwa zwanzigjährigen Frau stand. Ein schwarzer Zopf fiel auf ihre nackten Schultern. Ihr karmesinrotes Kleid war sehr einfach und zeigte weder Stickerei noch andere Anzeichen von Wohlstand. Möglicherweise handelte es sich um die Dienerin einer zurückgezogen in Emeris lebenden Herzogin.
Nein. Im Näherkommen erkannte Dun die lebhaft blauen Augen, den frischen Oliventeint und die stolze Haltung, die dieses Mädchen bereits in Garmaret ausgezeichnet hatten. Zwar war sie seither gewachsen, doch er täuschte sich bestimmt nicht.
»Grenouille!«, rief er.
Ritter …
Der junge Mann wandte sich um, sein Gesicht wurde hart. Die junge Frau flüsterte ihm etwas ins Ohr und wandte sich zum Gehen, ehe Dun den frisch zum Ritter Geschlagenen erreichte, der ihm nun fast ebenbürtig war. Beide sahen der grazilen Gestalt nach, wie sie die Brücke überquerte und die Treppe ins Innere des Palasts hinunterstieg.
»Seit Stunden suche ich nach dir«, sagte der General vorwurfsvoll.
»Du warst in solchen Dingen schon einmal besser«, antwortete Grenouille. Sein Gesicht verriet nicht die geringste Regung. Er wandte den Blick nicht vom Steg, als könnte er die junge Frau noch immer sehen.
In letzter Zeit hatte er sich sehr verändert. Inzwischen war er ebenso groß wie sein Meister, und seine Züge waren ausgeprägter, aber auch härter geworden. Wenn er die dichten Brauen runzelte, bildeten sich Falten auf seiner Stirn. Nur in seinen grauen Augen funkelte noch manchmal unbeschwerte Jugendlichkeit, die sich mit frühreifem Ernst abwechselte.
»Wenn du deine Zeit nicht mit Aladzio verbringst, dann mit ihr«, seufzte Dun. »Und du weißt, was ich davon halte.«
»Ich habe mit den Kadetten trainiert, Sumpfschnepfe«, behauptete Grenouille phlegmatisch.
»Und was ist, wenn wir morgen wieder an die Front geschickt werden? Du solltest nicht mit Kadetten trainieren. Du bist schließlich ein Ritter, Holzkopf.«
»Ich werde bereit sein«, versicherte der junge Mann knapp. Gereizt wandte er sich den in Terrassen angelegten Gärten zu und legte seine Hände auf die Brüstung des Stegs.
»Du verbringst deine Zeit doch auch mit Mildrel«, knurrte er.
»Das ist nicht das Gleiche«, gab Dun sanft zurück.
»Und wieso nicht?«, ereiferte sich Grenouille. Jetzt blickte er ihm gerade ins Gesicht.
»Weil Mildrel kein Flüchtling ist.«
Grenouille verdrehte die Augen. »Schon wieder diese Geschichte.«
»Ich habe es dir bereits gesagt, als wir aus Kapernevic zurückkehrten: Vergiss diese Frau, zumindest vorläufig. Hast du nicht bemerkt, wie hier jeder jedem misstraut? Negus hat mich gewarnt, und jetzt warne ich dich.«
»Ich stamme ebenfalls aus den Salinen. Hast du das vergessen?«
Nein, Grenouille schien nicht zu begreifen, worum es ging. Er hielt die Warnung für Ungerechtigkeit, dabei wollte Dun ihn mit seiner Mahnung keinesfalls schikanieren.
»Grenouille, es gilt doch nur bis zum Ende dieses Kriegs. Danach darfst du ihr den Hof machen, so viel du willst.«
Er hatte vorgehabt, den Jungen zu beruhigen, doch es gelang ihm nicht. Der Krieg nahm gerade eine eher unglückliche Wendung, und bis zu seinem Ende konnten gut und gern noch Jahre vergehen.
»Ich möchte doch nur vermeiden, dass man dich in irgendeiner Weise verdächtigt.«
Er zögerte kurz, ehe er dem Jungen die Hand auf die Schulter legte, aber Grenouille schüttelte sie heftig ab und entfernte sich ein Stück.
»Vor allem jetzt, nachdem du zum Ritter geschlagen wurdest«, fügte Dun hinzu.
»Eigentlich sollte mein Status mir gestatten, mich zu treffen, mit wem ich möchte«, entgegnete Grenouille.
»Du darfst nicht glauben, dass du bereits am Ziel bist, mein Junge. Du hast noch einen langen Weg vor dir.«
»Das verstehe ich nicht«, erwiderte er finster. »Nie bin ich dir gut genug. Ganz gleich, was ich tue – es reicht dir nicht. Hast du mich jemals gelobt? Hast du auch nur ein einziges Mal gesagt:
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