Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)
ohne dass man sie Freunde hätte nennen können. Sie erweckten den Eindruck, als fände der eine im anderen genau das, was ihm fehlte, um sich wichtig zu fühlen. Der eine besaß die spitzfindige Intelligenz eines Politikers, während der andere einen ausgezeichneten Heerführer abgab.
Seit einem Jahr bestand der engste Kreis der kaiserlichen Berater aus diesen Adligen. Nachdem ruchbar geworden war, dass gewisse Kreise des Hofs mit Laerte von Uster und seinen Rebellen sympathisierten, war die Zahl der Berater auf diese sechs reduziert worden. Sie alle wussten guten Rat, verteilten gern Komplimente und verkündeten ihre Wahrheiten mit einem überraschend gesunden Selbstvertrauen.
»Wir sollten Uster ermorden lassen«, rief Bernevin. »Ohne ihn fehlt es der Rebellion an einem Anführer.«
»Das geht nicht«, wandte Enain-Cassart mit seiner brüchigen Stimme ein. »Wir wissen weder, wo er sich aufhält, noch, wie er jetzt aussieht. Außerdem ist es nicht er, der hier im Palast gegen uns arbeitet.«
»Kaiserliche Hoheit«, begann Rhunstag und schob die Brust vor, »darf ich anmerken, dass sämtliche Minenarbeiter zu den Aufständischen übergelaufen sind? Ganz zu schweigen von den Nâagas, denen sie ebenfalls die Freiheit versprochen haben. Die Mannstärke ihrer Truppen hat sich vervielfacht.«
»Wir müssen so schnell wie möglich damit beginnen, die Verteidigung des Palasts zu verstärken«, nickte Azinn Azdeki. »Mein Neffe erscheint mir die beste Eignung für diese Aufgabe mitzubringen, die …«
Dun entfuhr ein ironischer Seufzer. Alle Blicke wandten sich ihm zu.
»… die äußerst sorgfältig durchgeführt werden muss«, fuhr der Baron verärgert fort.
Zwar war Dun der am höchsten dekorierte General der Armee, doch die meisten Adligen hielten ihn für einen Emporkömmling der schlimmsten Sorte. Schon oft hatte der Kaiser ihn vor seinen Höflingen verteidigen müssen, wobei er jedes Mal argumentierte, dass Dun mehr Schlachten gewonnen hatte als irgendein anderer Krieger. Sein Blut war für das Kaiserreich geflossen, ebenso wie das seines Großvaters. Damit war er mindestens so adlig wie jene, die sich nur auf ihren Titel beriefen, ohne je ein Schlachtfeld betreten zu haben.
»Wir dürfen nicht länger warten, Majestät«, drängte Bernevin.
»Es ist Zeit, sich den Tatsachen zu stellen«, fügte Rhunstag hinzu. »Der Aufstand hat die Unterstadt bereits ergriffen. Wir müssen Exempel statuieren.«
»Das Reich war noch nie derart schwach«, setzte Azinn Azdeki nach. »Einzig Eure weise und erleuchtete Entscheidung ist in der Lage, den Feind aus Emeris zu vertreiben, Majestät. Lasst die Verschwörer verhaften und ohne langen Prozess aufknüpfen, wie Ihr es mit diesem verräterischen Schmied getan habt.«
»Beweist Euren Untertanen, dass Ihr keine Angst habt«, riet Rhunstag. »Erstickt den Aufstand in Emeris. Und lasst uns die Verteidigung gegen Usters Armee ausbauen. Sie sollen hier nicht die geringste Unterstützung vorfinden.«
»Ich weiß, es widerstrebt Euch, so über Eure Untertanen zu urteilen. Aber im Fall des Oratio von Uster seid Ihr ebenso verfahren. Da seine Ideen jedoch überlebt haben, müssen wir tätig werden, ehe sie das Reich in Schutt und Asche legen. Warten, dass alles vorübergeht, oder die Verschwörer bestrafen? Eine Entscheidung muss getroffen werden, und ich bin ganz sicher, dass Ihr das Richtige tut«, lächelte Enain-Cassart.
Der Kaiser schwieg. Sein Blick war auf Dun geheftet, als wäre der General der Einzige, der seine Aufmerksamkeit verdiente und dessen Billigung er erwartete. Draußen stob eine Spatzenschar auf. Ihre Schatten zeichneten sich auf den zarten Vorhängen ab.
»Wie denkt Ihr darüber, mein Freund?«
Alle warteten auf die Antwort des Generals. Ihre Feindseligkeit verbargen sie unter einem gekünstelten Lächeln. Dun suchte nach den richtigen Worten. Er hatte nicht vor, sich den Zorn der Ratsherrn zuzuziehen, indem er ihr mangelndes Urteilsvermögen kritisierte. Obwohl er sie für teilweise schuldig an der herrschenden Situation hielt, durfte er es sich nicht mit ihnen verderben.
»Ich denke, die Herren haben recht, Kaiserliche Hoheit«, erklärte er schließlich. »Wir müssen uns auf einen Angriff auf Emeris vorbereiten.«
»Aber?«, fragte der Kaiser mit leiser Stimme.
»Aber vermeintliche Verschwörer aufzuknüpfen wäre vielleicht nicht das beste Mittel, um einen Aufstand innerhalb der Stadt zu vermeiden.«
Azinn Azdeki blieb die Luft weg. Wie konnte
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