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Der Pfad im Schnee

Der Pfad im Schnee

Titel: Der Pfad im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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mir.«
    Bei diesem Ton zuckte Ayame zusammen. »Lady Shirakawa«, sagte sie dumpf, fiel auf die Knie und kroch rückwärts aus dem Zimmer.
    Shizuka kam gleich darauf mit einer Lampe, denn jetzt dämmerte es. Kaede sagte ihren Schwestern, sie sollten gehen und sich umziehen.
    »Wie viel hast du gehört?«, fragte sie, als sie draußen waren.
    »Genug, und Kondo hat mir erzählt, was Lord Akita sagte, als er in den Pavillon zurückkam. Er fand, in diesem Haus sei irgendeine übernatürliche Macht im Spiel. Sie haben ihn erschreckt. Er sagte, Sie seien wie eine Herbstspinne, golden und tödlich, die ein Netz aus Schönheit webt, um Männer zu fangen.«
    »Sehr poetisch«, bemerkte Kaede.
    »Ja, Kondo sagte das auch!«
    Kaede konnte sich den ironischen Glanz in seinen Augen vorstellen. Eines Tages, versprach sie sich, würde er sie ohne Ironie betrachten. Er würde sie ernst nehmen. Sie alle würden das, alle diese Männer, die sich für so mächtig hielten.
    »Und meine Geisel Sonoda Mitsuru, ist er auch erschrocken?«
    »Ihre Geisel!« Shizuka lachte. »Wie konnten Sie es wagen, das vorzuschlagen?«
    »Hatte ich Unrecht?«
    »Nein, im Gegenteil, deshalb glauben sie, dass Sie viel stärker sind, als angenommen wurde. Der junge Mann ist ein wenig ängstlich, weil er hier gelassen wird. Wo wollen Sie ihn unterbringen?«
    »Shoji kann ihn mit nach Hause nehmen und sich um ihn kümmern. Hier will ich ihn jedenfalls nicht.« Kaede überlegte, dann fuhr sie nicht ohne Bitterkeit fort: »Er wird besser behandelt werden als ich. Aber was ist mit dir? Er wird dir doch nicht gefährlich werden, oder?«
    »Arai muss wissen, dass ich noch bei Ihnen bin«, sagte Shizuka. »Ich sehe keine Gefahr in diesem jungen Mann. Sein Onkel, Lord Akita, wird jetzt darauf achten, Sie nicht zu verärgern. Ihre Stärke schützt mich - uns alle. Arai hat wahrscheinlich erwartet, Sie verzweifelt und hilfsbedürftig vorzufinden. Er wird eine ganz andere Geschichte hören. Ich habe Ihnen ja gesagt, die Vögel würden sich versammeln.«
    »Wen erwarten wir dann als Nächstes?«
    »Ich glaube, jemand wird vor dem Wintereinbruch aus Maruyama kommen, nachdem Kondo Boten dorthin geschickt hat.«
    Kaede hoffte auf das Gleiche, sie dachte oft an die letzte Begegnung mit ihren Verwandten und das Versprechen, das damals gegeben worden war. Ihr Vater hatte ihr gesagt, dass sie um dieses Erbe kämpfen müsse, doch sie wusste kaum, wer ihre Gegner sein würden oder wie sie diesen Kampf führen sollte. Wer würde sie lehren, wie man das machte, wer würde an ihrer Stelle eine Armee führen?
    Am nächsten Tag verabschiedete sie sich von Akita und seinen Männern, war insgeheim dankbar für die Kürze ihres Aufenthalts, hieß Akitas Neffen willkommen, ließ Shoji rufen und übergab ihm Sonoda Mitsuru. Sie war sich ihrer Wirkung auf den jungen Mann bewusst - er konnte den Blick nicht von ihr wenden und zitterte in ihrer Gegenwart -, aber er interessierte sie lediglich als ihre Geisel.
    »Beschäftige ihn«, sagte sie zu Shoji. »Behandle ihn gut und respektvoll, aber lass ihn nicht zu viel über unsere Angelegenheiten wissen.«
    In den nächsten Wochen tauchten Männer an ihrem Tor auf. Als eine Art Geheimbotschaft war verbreitet worden, dass sie Krieger suche. Sie kamen allein oder zu zweit und zu dritt, nie in großen Gruppen, Männer, deren Herren tot oder verarmt waren, die umherstreifenden Übriggebliebenen der Kriegsjahre. Kaede und Kondo dachten sich Prüfungen für sie aus - sie wollte weder Schurken noch Dummköpfe -, aber sie schickten nicht viele weg, weil die meisten erfahrene Kämpfer waren, die im Frühjahr den Kern ihrer Armee bilden würden. Dennoch verzweifelte Kaede über der Frage, wie sie alle durch den langen Winter bringen sollte.
    Ein paar Tage vor der Sonnenwende kam Kondo zu ihr mit den Neuigkeiten, auf die sie gewartet hatte.
    »Lord Sugita aus Maruyama ist hier mit mehreren seiner Männer.«
    Erfreut hieß sie die Besucher willkommen. Sie verehrten das Andenken ihrer Herrin und waren daran gewöhnt, von einer Frau regiert zu werden. Besonders froh war Kaede, Sugita zu sehen, an den sie sich von der Reise nach Tsuwano erinnerte. Er hatte sie dort verlassen, um nach Hause zurückzukehren und dafür zu sorgen, dass die Domäne nicht angegriffen wurde und um Lady Maruyama während ihrer Abwesenheit zu vertreten. Voller Trauer über ihren Tod war er entschlossen, ihre Wünsche zu erfüllen. Als praktisch denkender Mann hatte er auch Reis und

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