Der Pfad im Schnee
empfangen. Kurz darauf näherten sich deren Anführer und einer seiner Gefährten dem Haupthaus und betraten die Veranda. Ayame fiel vor dem Zimmer auf die Knie und der Gefolgsmann kniete ebenfalls draußen. Als der andere Mann die Schwelle überschritt, ließ Kaede ihn einen Blick auf sie und ihre Schwestern werfen, dann verbeugte sie sich vor ihm und berührte mit der Stirn den Boden. Hana und Ai bewegten sich genau im gleichen Moment.
Dann setzten sich die drei Mädchen gleichzeitig auf.
Der Krieger sagte kniend: »Ich bin Akita Tsutomu aus Inuyama. Lord Arai schickt mich zu Lady Shirakawa.«
Er verneigte sich und hielt den Kopf auf den Boden gesenkt. Kaede sagte: »Willkommen, Lord Akita. Ich danke Ihnen, dass Sie die beschwerliche Reise auf sich genommen haben, und ich danke Lord Arai, dass er Sie geschickt hat. Ich bin begierig zu erfahren, wie ich ihm dienen kann.« Sie fügte hinzu: »Sie können sich aufsetzen.«
Er gehorchte und sie sah ihn offen an. Sie wusste, dass Frauen in Gegenwart von Männern den Blick senken sollten, aber sie fühlte sich kaum mehr wie eine Frau. Sie fragte sich, ob sie je wieder eine solche Frau sein würde. Ihr fiel auf, dass auch Hana und Ai Akita so anschauten, mit ausdruckslosen Augen und undurchdringlichem Blick.
Er näherte sich dem mittleren Alter, sein Haar war noch schwarz, fing aber an sich zu lichten. Er hatte eine kleine, aber leicht hakenförmige Nase, die einem Vogelschnabel glich und ihm ein räuberisches Aussehen gab, das von einem wohlgeformten Mund mit ziemlich großen Lippen ausgeglichen wurde. Seine Kleidung war durch die Reise verschmutzt, aber von guter Qualität. Er hatte quadratische Hände mit kurzen Fingern und kräftigen, breiten Daumen. Kaede hielt ihn für einen praktisch veranlagten Mann, aber auch für einen Intriganten, der zu Betrügereien neigte. Ihm war nicht zu trauen.
»Lord Arai fragt nach Ihrer Gesundheit«, sagte er, schaute die Schwestern eine nach der anderen an und wandte sich dann wieder Kaede zu. »Es wurde berichtet, dass Sie krank waren.«
Sie antwortete: »Ich habe mich erholt. Sie können Lord Arai für seine Anteilnahme danken.«
Er neigte leicht den Kopf. Er wirkte befangen, als würde er sich unter Männern wohler fühlen und wüsste nicht recht, wie er sie anreden sollte. Sie fragte sich, wie viel er über sie erfahren hatte, ob er die Ursache ihrer Erkrankung kannte.
»Mit großem Bedauern haben wir von Lord Shirakawas Tod gehört«, fuhr er fort. »Lord Arai war besorgt über Ihren fehlenden Schutz und möchte klarstellen, dass Sie sich seiner Meinung nach in einem so starken Bündnis mit ihm befinden, als wären Sie Teil seiner Familie.«
Hana und Ai drehten die Köpfe, tauschten einen Blick und starrten Akita wieder schweigend an. Das schien ihn noch nervöser zu machen. Er räusperte sich. »Auf dieser Grundlage wünscht Lord Arai Sie und Ihre Schwestern in Inuyama zu empfangen, um das Bündnis und Lady Shirakawas Zukunft zu besprechen.«
Unmöglich, dachte sie, schwieg aber einige Sekunden lang. Dann sagte sie mit einem leichten Lächeln: »Nichts würde mir mehr Vergnügen bereiten. Doch meine Gesundheit ist nicht so robust, dass sie mir bereits eine Reise gestattet, und weil wir immer noch unseren Vater betrauern, ist es nicht angemessen, dass wir unser Zuhause verlassen. Es ist spät im Jahr. Wir werden einen Besuch in Inuyama im Frühjahr arrangieren. Sie können Lord Arai mitteilen, dass ich unser Bündnis als ungebrochen betrachte und ihm für seinen Schutz dankbar bin. Ich werde mich mit ihm beraten, so weit ich dazu in der Lage bin, und ihn über meine Entscheidungen auf dem Laufenden halten.«
Wieder schnellte ein Blick zwischen Hana und Ai durch den Raum wie ein Blitz. Es ist wirklich unheimlich, dachte Kaede und hätte am liebsten gelacht.
Akita sagte: »Ich muss Lady Shirakawa drängen, mit mir zurückzukehren.«
»Das ist ganz unmöglich.« Sie begegnete seinem Blick und fügte hinzu: »Es steht Ihnen nicht zu, mich zu irgendetwas zu drängen.«
Die Rüge überraschte ihn. Röte stieg ihm vom Hals bis zu den Wangenknochen.
Hana und Ai beugten sich ganz leicht vor und ihr Blick wurde durchdringend. Die Sonne verschwand hinter Wolken, das Zimmer verdunkelte sich und ein plötzlicher Regenguss trommelte aufs Dach. Das Bambusglockenspiel erklang mit einem hohlen Ton.
Akita sagte: »Ich bitte um Verzeihung. Natürlich müssen Sie tun, was Sie für angemessen halten.«
Sie wiederholte: »Ich werde
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