Der Pfahl - Laymon, R: Pfahl - Stake
nachzudenken.
Und wenn ich im Dunkeln daliege, wird es noch schlimmer.
Es wäre schön, die ganze Nacht wach zu bleiben und fernzusehen.
Der Fernseher läuft, erinnerte sie sich. Und mein armer Dad liegt wie ein Ausgestoßener auf dem Sofa.
Sie ging aus dem Zimmer, ohne zu wissen, was sie eigentlich vorhatte. Vielleicht setzte sie sich einfach hin und starrte in die Glotze. Oder schaltete den Fernseher aus und weckte ihren Vater, so dass er ins Bett gehen und vernünftig schlafen konnte.
Auf jeden Fall sollte nicht die ganze Nacht der Fernseher laufen und das Licht brennen.
Lane ging langsam zum Wohnzimmer. Es tat ihr zwar immer noch alles weh, doch die Schmerzen hatten ein wenig nachgelassen. Vielleicht hatten die Aspirin geholfen. Die Dusche hatte bestimmt geholfen. Und das lange Bad, das sie genommen hatte, nachdem sie sich unter dem Strahl gewaschen hatte, ebenfalls.
Das Virus könnte eingedrungen sein, als er das Jungfernhäutchen durchstoßen hat. Wäre das nicht eine Ironie des Schicksals? Ich sterbe, weil ich noch Jungfrau war. Ich hätte nicht so verflucht keusch sein sollen.
Es wird nichts passieren, sagte sie sich. Ich bleibe gesund.
Der Fernseher lief noch, auf der Mattscheibe flimmerte Schnee. Die Lampe neben dem Sofa brannte. Aber ihr Vater war nicht mehr da.
Lane hörte das leise Knarren und Zuschlagen einer Tür.
Was macht er? Geht er durch die Hintertür aus dem Haus?
Sie ging in die Küche und schirmte ihr Gesicht mit den Händen ab, um besser durch das Fenster blicken zu können. Ihr Vater war wirklich dort draußen. Er lief komisch, als wäre er nicht richtig wach – offenbar sternhagelvoll. Stolpernd und schwankend ging er zur Garage hinüber.
Lane schob die Küchentür auf. Beinahe hätte sie ihn gerufen, aber dann fiel ihr ein, dass sie so ihre Mutter geweckt hätte. Was immer ihr Vater auch vorhatte, ihre Mutter würde ihn aufhalten und ihm Ärger machen.
Als er die Garagentür öffnete, trat Lane aus der Küche und schloss leise die Tür hinter sich.
»Dad?«, rief sie halblaut.
Er schien sie nicht zu hören und verschwand in der Dunkelheit.
Lane runzelte die Stirn. Vielleicht sollte ich einfach wieder ins Haus gehen, dachte sie. Aber was ist, wenn es ihm nicht gutgeht?
Was macht er überhaupt in der Garage?
Der Wind blies den Bademantel oberhalb des Gürtels auseinander, und unten flatterte der Stoff um ihre Beine. Sie genoss es, wie die Luft ihre Haut streichelte, die Kälte störte sie nicht, vermutlich weil sie noch von dem Bad aufgeheizt war.
Und wenn Dad mich so sieht?
Widerwillig zog sie den Bademantel zu. Sie klemmte den weichen Stoff zwischen ihre Schenkel.
Mit einem Mal leuchtete etwas weiß auf in der Dunkelheit der Garage. Das Licht schien sich zu bewegen. Lane wurde klar, dass es sich um die Batterielaterne handeln musste, die sie ihrem Vater zum Vatertag geschenkt hatte. Die Lampe hatte eine Neonröhre statt einer normalen Glühbirne.
Sucht er etwas?
Wegen ihrer nackten Füße ging Lane nicht durch das Gras, sondern blieb auf der betonierten Terrasse. Sie hatte die Garagentür fast erreicht, als sie ihn sah.
In einer Hand hielt er die Laterne. Er stand mit dem Rücken zu Lane auf dem kleinen hölzernen Podest unter der Falltür zur Dachkammer und blickte nach oben. Mit der freien Hand versuchte er, das über seinem Kopf baumelnde Seil zu fassen.
Der Wind wehte Lane die Haare ins Gesicht. Ihre rechte Seite wurde entblößt, und die kalte Luft strich sanft über ihre Haut. Als sie stehenblieb, um den Bademantel wieder zuzuziehen, erwischte ihr Vater die Kordel und zog die Falltür herunter. Er stellte die Laterne zu seinen Füßen auf das Podest. Dann klappte er die Leiter aus.
»Dad?«
Er benahm sich, als hörte er sie nicht, hob die Laterne auf und begann hinaufzusteigen.
Ist er taub?
Sie eilte zu ihm, da sie befürchtete, er könne fallen.
Es war nicht Dads Art, sie einfach zu ignorieren. Irgendwas stimmte nicht mit ihm. Entweder war er bis zur Besinnungslosigkeit betrunken oder … schlafwandelte er?
Sie blieb unter der Leiter stehen. Er war schon fast oben angekommen.
Vielleicht sollte ich besser Mom holen, dachte sie. Wenn er schlafwandelt, kann es gefährlich werden. Vielleicht vergisst er, dass er in der Dachkammer ist, wenn er fertig ist mit dem, was immer er auch dort tun mag, und fällt durch die Luke.
Aber das könnte auch passieren, wenn ich gerade unterwegs bin, um Mom zu holen.
Ihr Vater kletterte durch die Luke und kroch aus
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