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Der Pfahl - Laymon, R: Pfahl - Stake

Der Pfahl - Laymon, R: Pfahl - Stake

Titel: Der Pfahl - Laymon, R: Pfahl - Stake Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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Obwohl sein Herz vor Schreck raste, war er froh, dass sie da waren.
    Es fühlte sich an, als wäre ein Stück Wirklichkeit zurückgekehrt.
    »Sieht aus, als wäre das kein Scherz gewesen«, flüsterte Barbara. »Mein Gott, sieh dir dieses Ding an.«
    »Bäh!«, war alles, was Jean sagte.
    Barbara beugte sich über das Fußende des Sargs. Jean blieb hinter ihr und sah über ihre Schulter.
    »Ihr wolltet wohl nicht, dass wir uns alleine amüsieren?«, fragte Larry.
    »So ungefähr«, antwortete Jean mit gedämpfter Stimme.
    »Gegen Neugier ist keiner gefeit«, fügte Barbara hinzu. Dann griff sie in den Sarg und berührte einen Fuß der Leiche.
    Sie ist genau wie Pete, dachte Larry, trotz ihrer Streitereien gehören sie einfach zusammen.
    »Ich glaub, ich blute«, sagte Pete.
    »Dann sind wir zu zweit.« Barbara strich noch immer über den toten Fuß. »Fühlt sich an wie die Pelle einer Salami.«
    »Salami ist fettig«, erklärte ihr Pete. »Das da ist mehr wie Leder.«
    »Okay, jetzt haben wir die Leiche gesehen«, sagte Jean. »Alle bereit zum Aufbruch?«
    »Ja, gleich.« Pete hörte auf, seinen Hinterkopf zu reiben, griff nach der Decke und riss sie von der Leiche. Larry taumelte auf den Knien rückwärts und wünschte, er hätte geahnt, was passieren würde. Er hatte schon genug gesehen.
    Jetzt lag der Leichnam unbedeckt vor ihm.
    Er war nackt.
    Es war eine Frau.
    Sie hatte einen hölzernen Pfahl in der Brust.
    »Heilige Scheiße«, flüsterte Barbara.
    »Lasst uns hier abhauen!«, keuchte Jean mit hoher dünner Stimme.
    Sie wartete nicht, bis sich alle einig waren. Sie raste hinaus.
    Pete warf die Decke weg. Sie landete zusammengeknüllt auf dem stumpfen Ende des Pfahls und bedeckte die flachen Brüste und die Rippen des Leichnams. Barbara beugte sich vor, schnappte sich einen Zipfel der Decke und zog sie herunter, um den Unterleib der Toten zu verhüllen.
    Blondes Schamhaar.
    Larry stöhnte.
    Dann hastete er hinter Barbara her, die sich umgewandt hatte und loslief. Ihr weißer Rock war an der Rückseite immer noch verdreckt vom gelben Staub des Steins, auf dem sie sich im Flussbett ausgeruht hatte.
    Seitdem schien ein Jahrhundert vergangen zu sein.
    Warum haben wir das bloß getan?
    Larry folgte Barbara durch den Durchbruch in der Treppenverschalung. Jean war noch in der Lobby. Sie hatte ihre geballten Fäuste in die Seiten gestemmt und hüpfte herum, als müsste sie pinkeln. »Los, raus hier«, keuchte sie.
    Larry wartete auf Pete.
    Zusammen schoben sie die Holzplatte, die Pete herausgebrochen hatte, wieder vor die Öffnung.
    Sie schlossen die Tür der Gruft.
    Pete entfernte sich rückwärts, als hätte er Angst, dem Hohlraum unter der Treppe den Rücken zuzuwenden.
    Im Strahl seiner Taschenlampe glitzerte der gekreuzigte Jesus.

5
    Pete raste aus Sagebrush Flat hinaus, und Barbara verlor kein einziges Wort über die Geschwindigkeit.
    Niemand verlor ein Wort über irgendetwas.
    Larry hing erschöpft und benommen im Beifahrersitz. Er blickte durch die Windschutzscheibe auf die Wüste und die Straße im hellen Sonnenlicht, doch er sah nur die Leiche. Und den Pfahl in ihrer Brust. Und das Kreuz.
    Es ist vorbei, sagte er sich. Wir sind entkommen. Uns ist nichts passiert.
    Sein Körper war schwer wie Blei. Er spürte eine an- und abflauende Beklommenheit in seiner Brust, eine seltsame Mischung aus nachlassender Panik und Begeisterung. Vor ein paar Jahren hatte er schon einmal ähnliche Empfindungen gehabt. Während eines Fluges nach New York war die Boing 747 in ein Luftloch gefallen. Einige Passagiere waren gegen die Decke geknallt. Jean, Lane und er waren jedoch angeschnallt gewesen und unverletzt geblieben. Danach hatte er sich fast genauso gefühlt wie jetzt.
    Wahrscheinlich ein Schock, dachte er, verbunden mit der großen Erleichterung danach.
    Er musste sich schwer zusammenreißen, um nicht zu weinen oder zu kichern.
    Vermutlich beruhte auf einem solchen Zustand der Ausdruck »verrückt vor Angst«.
    »Wie geht’s euch?«, fragte Pete und brach das lange Schweigen.
    »Ich will einen Drink«, sagte Barbara.
    »In der Kühltruhe ist noch Bier.«
    »Kein Bier, einen richtigen Drink .«
    »Ja, ich könnte auch einen vertragen. Oder drei oder vier. In einer knappen Stunde sind wir zu Hause.« Pete blickte zu Larry. »Kannst du das fassen, was wir da gesehen haben? Das war wie aus einem deiner Bücher.«
    »Er hat keine Vampirromane geschrieben«, sagte Barbara. »Wenn du seine Bücher lesen würdest, wüsstest du

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