Der Pfahl - Laymon, R: Pfahl - Stake
vorsichtig nach unten. Er gab nicht nach. Larry drückte ein wenig fester. Dieses Mal bewegte sich die Hand. Das leise Knacken in den Gelenken ließ Larry zusammenzucken. Es klang, als würde trockenes Laub zerbröckelt. Er warf einen Blick auf das Gesicht der Leiche. Es schien zu einer Grimasse des Schmerzes verzerrt, die Zähne gebleckt.
»Mein Gott«, flüsterte er.
Es muss getan werden, sagte er sich.
Larry ließ die Leiche los, nahm den Ring in die linke Hand und umklammerte das Handgelenk der Toten mit der rechten. Er stieß es mit Gewalt nach unten und drückte den Arm gegen den Boden des Sargs. Die Schulter hob sich. Der Kopf begann sich aufzurichten. Larry stieß einen Schrei aus. Dann knirschten Knorpel, und es knallte leise. Der Arm gab unter seinem Griff nach, und der Körper sank in seine ursprüngliche Position zurück. Larry klemmte die Hand zwischen Hüfte und Sarg und taumelte zurück.
Er jagte durch die Garage, schlängelte sich durch das Gerümpel und rannte immer weiter, bis er die Sicherheit des Hauses erreicht hatte.
Er schob die Schiebetür zu und verriegelte sie.
Er drückte das Gesicht gegen die Glasscheibe und starrte hinüber zur offenen Garage.
Du benimmst dich wie ein Idiot, dachte er.
Nachdem er wieder zu Atem gekommen war, öffnete er seine zitternde Hand. Er hielt sich den Ring dicht vor die Augen.
In die silberne Fassung des Granaten waren die Worte »Buford High School« und das Datum »1968« eingraviert.
Er betrachtet das Innere des Rings.
In der Mitte stand ein Name.
»Bonnie Saxon.«
19
»Sprachlos blickte ich auf den Ring. Die schreckliche Leiche in meiner Garage hatte nun einen Namen. Bonnie. Ein angenehmer, nahezu fröhlicher Name.
Vielleicht ist sie ein Vampir. Jemand hat das jedenfalls angenommen, sie mit einem Pfahl umgebracht und ihr provisorisches Grab mit einem Kreuz gesichert. Aber eine Vampirin, die Bonnie heißt?
Sie kommt mir nun weniger beängstigend vor. Das grausige, mumifizierte Ding in dem Sarg könnte zwar immer noch ein Dämon sein, der mein Blut trinkt, wenn er von den Toten aufersteht, aber es war einmal eine junge Frau. Ein Mädchen namens Bonnie.
Sie besuchte dieselbe Highschool wie meine Tochter Lane. Sie ging durch dieselben Flure, saß vielleicht in denselben Klassenräumen, hatte möglicherweise sogar dieselben Lehrer wie Lane. Sie war ein Mädchen, das in der Schulkantine zu Mittag aß, das Mühe hatte, während des Nachmittagsunterrichts nicht einzuschlafen, das sich Sorgen machte über Vokabeltests, Hausaufgaben und Pickel.
Eine Jugendliche, die zu Hause für die Schule lernen musste. Die gern fernsah. Die die neuste Musik in voller Lautstärke hörte. Die ins Kino ging, zu den Footballspielen der Schulmannschaft, zu Konzerten und zum Schülerball. Die mit Jungen zusammen war.
Das abscheuliche Ding in meiner Garage war einmal ein Teenager namens Bonnie …«
Jemand klingelte an der Tür. Larry zuckte zusammen. Er scrollte nach unten, damit der Text vom Bildschirm verschwand, und versteckte den Ring unter den Streichholzheftchen und Zetteln mit Notizen, die auf seinem Schreibtisch verteilt lagen. Dann ging er ins Wohnzimmer.
Er nahm an, dass Pete vor der Tür stand.
Und er hatte Recht.
»Hi, Kumpel!« Pete warf einen Blick hinüber zu seinem Haus, dann sah er Larry durchtrieben an. »Barb ist einkaufen gegangen. Da dachte ich mir, ich schau mal vorbei und sehe, wie es mit unserem Bestseller vorangeht.«
»Ganz gut.«
Er kam herein, und Larry schloss die Tür.
»Ich schätze, du hast dich gestern richtig draufgestürzt.«
»Ja, es ist ziemlich gut gelaufen. Tut mir leid, dass ich nicht zum Abendessen gekommen bin. Die Zeit ist nur so geflogen und …«
»Kein Problem. Und wie viele Seiten hast du fertig?«
»Ich weiß nicht. Eine ganze Menge.«
»Klasse. Kann ich es mal lesen?« Pete ließ sich auf einen Stuhl fallen.
Larry hoffte, dass Pete seinen Schrecken nicht bemerkte.
»Ich habe es noch nicht ausgedruckt.«
»Na, dann mach es doch jetzt. Lass dich nicht aufhalten.«
»Das würde Stunden dauern«, sagte Larry. Er setzte sich auf das Sofa, stützte die Ellenbogen auf die Knie und schüttelte den Kopf. »Außerdem muss ich noch ziemlich viele Korrekturen machen. Es ist ein ganz schönes Durcheinander im Moment.«
»Also, wann kann ich es lesen?«
»Ich würde vorschlagen, wenn es fertig ist.« Larry versuchte zu lächeln.
»Hey, komm schon.«
»Nein, wirklich. Ich glaube, es ist besser, wenn du nichts davon
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