Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Pfeil der Rache

Der Pfeil der Rache

Titel: Der Pfeil der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Sansom
Vom Netzwerk:
komme, sei so gut.«
    »Jawohl, Sir.«
    »Geh mit ihm, Jack«, sagte ich zu Barak. »Hol die Pferde und warte im Lager auf mich. Ich halte es für das Beste, wenn ich allein mit Master West spreche.«
    »Also gut«, meinte er widerstrebend und ging mit Llewellyn zurück zur Schenke. Leacon und ich schritten weiter die Oyster Street hinunter. »Saddler war im vorigen Jahr im Feldzug gegen die Schotten«, sagte Leacon ruhig. »Er erzählte mir, wie viel Geschirr und Stoff er in Edinburgh hat mitgehen lassen. Aber er hat recht, Soldaten haben ihre Beute schon immer als legitime Frucht des Krieges angesehen und voller Ungeduld auf den Aufruf zum Plündern gewartet. Doch Männer wie Saddler – sie sind durch nichts zu erschüttern, haben Herzen aus Stein. Gott sei Dank habe ich nur einen oder zwei von der Sorte in meiner Truppe, wie Sulyard, der Euch beleidigt hat. Als Saddler von jenen Frauen sprach, die über die Felder davonliefen –« Er verstummte.
    »Da kam Euch die Frau am Straßenrand in den Sinn, mit dem toten Kind im Arm?«
    Seine blauen Augen hatten wieder diesen starren Ausdruck. »Seltsam, zunächst dachte ich nicht viel über sie nach. Ich hatte schon so viel gesehen. Doch später wollte sie mir nicht mehr aus dem Sinn. Aber genug davon«, sagte er müde. »Es tut nicht gut, davon zu sprechen.«
    »Was wisst Ihr von Master West? Danke übrigens, dass Ihr ihn so schnell gefunden habt.«
    »Wir Armeesoldaten betrachten es als unsere Pflicht, Erkundigungen einzuziehen über die Schiffsoffiziere; womöglich dienen wir unter ihnen.« Er sah mich ernsthaft an. »Worum geht es hier, Matthew?«
    Ich zögerte. »Eine private Angelegenheit, juristischer Natur.«
    »Nun ja, West gilt als ein erfahrener Offizier, streng, aber gerecht zu seinen Untergebenen. Wenn die Franzosen kommen, hat er die härteste Prüfung seines Lebens zu bestehen.« Leacon blickte mich an. »Ist seine Tüchtigkeit als Offizier gefragt? Wenn dem so ist, sollte ich es wissen.«
    »Nein, George, keineswegs.«
    Leacon nickte erleichtert.
    * * *
    Wir waren auf dem großen Platz vor dem Eckigen Turm angelangt, begaben uns zu einem Pförtnerhaus und erhielten Einlass in das von einer Mauer umschlossene Godshouse. Ein Karren, auf dem sich Kisten mit gackernden Gänsen stapelten, rumpelte unter den Augen von Soldaten durch das Tor, die mit Hellebarden bewehrt Wache standen. Leacon trat zu ihnen.
    »Ist das Treffen der Schiffsoffiziere noch im Gange?«, fragte er den einen.
    »Jawohl, Sir. Sie sind schon eine Weile beisammen.«
    »Dieser Gentleman hier hat eine Nachricht für einen der Offiziere.«
    Der Soldat maß meine Anwaltstracht. »Ist es dringend, Sir?«
    »Wir warten, bis sie fertig sind.«
    Der Mann nickte. »Sie treffen sich im großen Saal.«
    Wir betraten einen weitläufigen Hof, den eine mächtige normannische Kirche beherrschte, inmitten einer Vielzahl hoher Gebäude. Auf der Rückseite befand sich der einstige Garten; hier hatte man Pferche errichtet, in denen sich das Vieh tummelte – Schweine, Kühe und Schafe.
    »Ich gehe hinüber zum großen Saal«, sagte Leacon, »und lasse Master West bestellen, dass jemand ihn sprechen möchte nach dem Treffen. Seht, dort im Garten stehen einige Bänke, ich sage dem Schreiber, dass Ihr dort wartet.«
    Er hielt auf das größte Gebäude zu, während ich mich zu den steinernen Bänken begab, die im Schatten der Mauer standen. Vermutlich waren sie für die Kranken und ihre Besucher gedacht, die darauf Rast machen und den Garten betrachten konnten. Es war nun kein friedvoller Ort mehr. Die Gänse wurden vom Karren geladen und zischend und keckernd in einen abgesteckten Bereich getragen. In der Nähe waren einige größere Weidenkörbe aufeinandergestapelt. Die leuchtend bunten Köpfe von Kampfhähnen, zur Belustigung der Soldaten herbeigeschafft, starrten zornig daraus hervor.
    Einige Minuten später kam Leacon zurück. Er ließ sich neben mir nieder, nahm erleichtert den Helm ab und fuhr sich mit der Hand durch die blonden Locken. »Ich habe mir diese verfluchten Läuse eingefangen«, sagte er. »Die Haare kommen noch heute vom Kopf. Nun, ich habe Master West eine Nachricht hinterlassen. Haltet Ausschau nach ihm, wenn sie herauskommen. Er soll ein großer graubärtiger Mann sein.«
    »Graubärtig? Schon? Er kann nicht weit über vierzig sein.«
    »Er ist vielleicht noch grauer, wenn dies hier vorüber ist.«
    »Was wird Eurer Meinung nach geschehen?«, fragte ich leise.
    »Es könnte übel

Weitere Kostenlose Bücher