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Der Pfeil der Rache

Der Pfeil der Rache

Titel: Der Pfeil der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Sansom
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Übungszeit gebraucht, sind seit einer Woche hier. Die Männer langweilen sich schon und sind reizbar, so ganz ohne Beschäftigung, deshalb desertieren sie. Für tüchtige Bogenschützen findet sich nicht so leicht Ersatz. Die Seeleute treiben ihren Spott mit ihnen, weil sie so ungeschickt einherstolpern. Sie selbst gehen barfuß, krallen sich wie die Katzen an die Planken.«
    »Soldaten und Seeleute müssen dieselbe Schlacht ausfechten. Wenn es dazu kommt.«
    »Angeblich in zwei oder drei Tagen.« Der gehetzte Ausdruck war wieder in seinen Augen. »Wir werden auf der
Great Harry
postiert. Als Flaggschiff wird sie die Flotte anführen. Die Männer sind niedergeschlagen, und Snodin ist auch keine Hilfe, er knurrt sie an, sobald sie nur ein wenig aufmucken. Er war ebenfalls auf dem Schiff, den ganzen Tag ohne einen Tropfen Schnaps, was seine Laune nicht besser machte.« Er seufzte. »Nun, Matthew, wie kann ich Euch helfen?«
    »Ich würde Euch nicht behelligen, George, doch die Sache ist wichtig. Möglicherweise steht das Schicksal einer Frau auf dem Spiel. Ich muss noch einmal mit Philip West sprechen, den ich im Godshouse getroffen habe.« Ich holte tief Luft. »Er befindet sich an Bord der
Mary Rose
. Würdet Ihr mich heute Abend auf das Schiff bringen, so dass ich mit ihm sprechen kann?«
    Leacon zögerte. »Matthew, sie lassen nur Personen mit offiziellem Auftrag an Bord.« Er blickte hinaus aufs Meer. Die großen Ruderboote hatten die Laternen entfacht, kleine Lichtpunkte, die auf dem Wasser tanzten.
    »Bitte«, sagte ich. »Es ist wichtig.«
    Er überlegte. »Einen Fährmann zu finden, der uns zur
Mary Rose
übersetzt, dürfte einfach sein; schwieriger wird es, an Bord zu kommen, selbst mit meiner Unterstützung. Ohne mich kommt Ihr auf keinen Fall weiter. Nun gut. Aber ich kann nicht lange fortbleiben, die Männer brauchen mich; sie sind niedergeschlagen, müssen sich auf die morgige Truppenschau vorbereiten.« Er fegte eine Mücke fort; nun, da die Dunkelheit hereinbrach, umsurrten sie unsere Ohren.
    »George, ich kann Euch nicht sagen, wie dankbar ich Euch bin.«
    »Zunächst muss ich warten, bis die übrigen Männer mit Sir Franklin eintreffen. Er kann sie zum Lager führen, dann –«
    Er unterbrach sich. Snodin, außer Sicht, brüllte wütend: »Auf mit euch! Auf, ihr faulen Hunde!«
    »Himmel nochmal«, murmelte Leacon. »Er geht zu weit –« Er schritt eilig um das Lagerhaus herum, Barak und ich folgten. Viele der Männer lagen auf dem Boden und streckten alle viere von sich. Snodin schrie wütend auf sie ein: »Faule Hunde! Steht auf! Ihr seid hier nicht daheim!«
    Keiner regte sich. Carswell sagte: »Wir sind müde! Warum sollen wir uns nicht ausruhen?«
    »Euer Hauptmann gab Euch den Befehl, hier zu warten, nicht wie fette Kröten auf dem Boden herumzufläzen!« Der Feldwebel war außer sich, die blauroten Backen bebten vor Wut.
    Alle drehten sich um, als Leacon zurückkam. »Was fällt dir ein, Carswell!«, schalt er den Jungen.
    Pygeon erhob sich und zeigte mit zitterndem Finger auf den Feldwebel. »Sir, er bewirft uns schon den ganzen Tag mit Unflat, dabei wollten wir nur die Beine ausruhen nach dem heutigen Tag auf dem Schiff!«
    »Hast wohl Schiss, Schlappohr?«, rief Sulyard verächtlich.
    Da meldete eine neue Stimme sich zu Wort. »Wenn es eine solche Ehre ist, an Bord dieses Flaggschiffs zu gehen, dann soll’s der König doch selber tun!« Snodin drehte sich herum und starrte auf Tom Llewellyn. Der Junge, normalerweise ganz still, war aufgesprungen und bot ihm die Stirn. »Lasst ihn doch holen, den König Heinrich, damit er für sechs Pence, die jetzt nicht einmal mehr fünfe wert sind, die Drecksarbeit tut!«
    »Und wir gehen nach Hause und helfen bei der Ernte!«, rief ein zweiter. Snodin drehte sich von einem zum anderen, so schnell, dass manch einer lachen musste. Leacon trat hinzu und packte den Feldwebel bei den Schultern. »Nur gemach, Master Snodin«, sagte er leise. »Gemach.«
    Snodin stand schwer atmend da. »Sie müssen doch kampfbereit sein, Sir.«
    »Und das werden sie auch!« Leacon hob die Stimme: »Kommt, Männer, es war ein schwerer Tag, aber euer Gleichgewicht kehrt bald zurück, ich weiß, wovon ich rede. Und ich habe einen Ochsen für euch schlachten lassen, damit ihr etwas Ordentliches zu beißen bekommt. Steht jetzt auf. Dort drüben kommt Sir Franklin mit dem Rest der Truppe!«
    Einen Moment lang tat sich nichts. Dann, langsam, rappelten sich alle hoch. Leacon nahm

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