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Der Pfeil der Rache

Der Pfeil der Rache

Titel: Der Pfeil der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Sansom
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Stadt.«
    »Sie werden Euch nicht einlassen, schon den ganzen Morgen treiben sie die Zivilisten aus der Stadt.Ihr müsstet Euch zum Quartiermeister der Armee bemühen, bei den Königlichen Zelten.«
    »Ist der König dort?«
    »Angeblich verfolgt er vom South Sea Castle aus die Schlacht. Ich sah ihn, als er an Land kam – bei Gott, es waren acht Männer vonnöten, um ihn die Stufen hinaufzuwuchten. Hört zu, könnt Ihr mich herausholen? Fort von der Insel?«
    »Nein, Sulyard, das kann ich nicht. Wie gesagt, ich reite nach Portsmouth.«
    Er maulte ein wenig, doch dann zwinkerte er mir anzüglich zu. »Der Bursche gefällt Euch, was?«
    Ich seufzte. »Kann ich sonst noch etwas für Euch tun?«
    »Nein. Ihr habt uns schon genug Mühe gemacht.«
    * * *
    Mir blieb nichts anderes übrig, als den Quartiermeister aufzusuchen. Wie mit Hobbey besprochen, wollte ich behaupten, dass Emma eine Jungfer sei, deren patriotisches Feuer sie dazu getrieben habe, sich in Männerkleidung den Soldaten anzuschließen – im Wirtshaus hörte man zuweilen solche Geschichten. Jedoch hegte ich die Befürchtung, sie könne bereits an Bord der
Great Harry
sein.
    Ich ritt an der Stadtmauer entlang bis zu der Stelle, wo hinter dem Great Morass, einem langen, seichten Tümpel, die königlichen Zelte standen. Es waren mehr als vierzig, ein jedes so groß wie ein kleines Haus, das schwere Tuch in den schillernden Farben gewoben, die ich noch aus York kannte. Das größte, augenfälligste Zelt, streng bewacht und mit Gold und Silber durchwirkt, war gewiss das Zelt des Königs. Soldaten und Hofbeamte hasteten einher. Von allen Zelten hingen lustlos die Flaggen von England und dem Hause Tudor. Bald wird es dämmerig, dachte ich, die Schiffe liefern sich im Dunkeln keine Gefechte. In dieser Zeit könnte ich Emma von der
Great Harry
holen.
    Auf der dem Meer zugewandten Seite des Tümpels tummelten sich auf dem sandigen, gestrüppreichen Untergrund viele hundert Soldaten. Kompanien waren zu Verbünden von einigen hundert Mann zusammengelegt worden, vor welchen zu Pferde die Offiziere patrouillierten. Ganz in der Nähe hatte eine Armee von etwa dreihundert Pikenieren Haltung angenommen, und ihre Spieße ragten fünfzehn Fuß weit in die Höhe. Falls die Franzosen den Versuch unternahmen, an Land zu gehen, würden sie sie am Strand angreifen. Von irgendwoher ertönte dumpf regelmäßiger Trommelschlag. Die gesamte Küste war gesäumt von Pikenieren und Hellebardieren in Habtachtstellung. Ich bemerkte nur wenige Bogenschützen in den vordersten Reihen; die meisten befanden sich wohl bereits an Bord der Schiffe.
    Am Ufer bildete der Untergrund einen kleinen Wall, der mir den Blick auf die See versperrte. Kanonen waren darauf in Stellung gebracht, und Männer hoben Löcher aus, um hölzerne Pflöcke darin zu versenken, deren Spitzen sich meerwärts richteten. Weitere Kanonen wurden herübergeschafft. Vor mir erhoben sich die Mauern des neuerrichteten South Sea Castle, ein massiges Viereck mit ausladenden Bastionen. Das Bauwerk war mit Kanonen gespickt, genau wie eine kleinere Festung in einiger Entfernung. Auf der Spitze des Wehrturms erblickte ich eine Gruppe buntgewandeter Gestalten, die größte davon stand in der Mitte. Der König, der das Geschehen draußen auf See beobachtete.
    Nach einem ohrenbetäubenden Donnerschlag stieg Rauch aus dem Gebäude. Eine Batterie Kanonen war auf die französischen Galeeren abgefeuert worden. Jubelrufe ertönten von den Soldaten, die auf dem Wall postiert waren; man hatte wohl einen Treffer gelandet. Da fiel mir wieder ein, was Leacon gesagt hatte: Die größte Kanone traf ihr Ziel in mehr als einer Meile Entfernung.
    Ich wandte mich ab, da mir ein Zittern in die Knie fuhr. Wieder bezwang ich das schier übergroße Verlangen, kehrtzumachen. Ich dachte an Barak, der bereits gen Norden ritt, und dankte Gott, dass ich ihn nach Hause geschickt hatte. Dann fasste ich mir ein Herz und ritt langsam auf die königlichen Zelte zu. Die Sonne neigte sich allmählich gen Horizont.
    Ich befand mich etwa hundert Schritt vom Lager entfernt, als sich mir ein Soldat in den Weg stellte, die Hellebarde gegen mich gerichtet. Ich blieb stehen. »Was wollt Ihr, Sir?«, fragte der Mann barsch.
    »Ich muss den Quartiermeister sprechen. Die Angelegenheit ist dringend. Mein Name lautet Matthew Shardlake, Sergeant am Lincoln’s Inn.«
    »Wartet hier.« Wie in Portchester – lag meine Unterhaltung mit der Königin wirklich nur Stunden

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