Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Pfeil der Rache

Der Pfeil der Rache

Titel: Der Pfeil der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Sansom
Vom Netzwerk:
Täuschung entdeckt haben, von welcher er seit langem profitiert hat.«
    »Ich weiß.«
    »Wann seid Ihr dahintergekommen?«
    »Heute. Nachdem ich Emma Curteys entlarvt hatte, floh sie nach Portsmouth. Sie hatte sich schon die ganze Zeit den Soldaten anschließen wollen. Jetzt hat sie nichts mehr zu verlieren.«
    Rich neigte den Kopf schräg, wie ein Raubvogel. »Erst heute, Master Shardlake? Ich hätte erwartet, dass Ihr das amüsante Spiel schon viel früher durchschauen würdet. Ich habe Euch scheint’s überschätzt.« Er überlegte kurz. »Die junge Curteys gehört doch gewiss auch zu denen, für deren Wohl Ihr Euch starkmacht, wie? Wie Elizabeth Wentworth, als wir uns das erste Mal begegnet sind, oder der alte Master Wrenne damals in York?«
    »Wenn Ihr wisst, dass Hugh in Wahrheit Emma ist, warum habt Ihr dann zugelassen, dass sie an Bord der
Mary Rose
geht?«
    Er lächelte. »Es war eine günstige Gelegenheit, Bruder Shardlake. Ich halte stets nach Gelegenheiten Ausschau. Aus diesem Grunde bin ich ja auch Mitglied im Kronrat. Seit ich für die Verpflegung zuständig bin, sehe ich die täglichen Berichte über die Stärke der Truppen; ich weiß, wie viele fahnenflüchtig oder krank geworden und wie viele neu hinzugekommen sind. Vor zwei Stunden hat man mir dies hier gebracht.« Er blätterte mit einem Finger durch die Dokumente auf seinem Schreibtisch, zog eine Liste heraus und reichte sie mir. Ein Name sprang mir ins Auge:
Hugh Curteys, 18 Jahre, Hoyland. Kompanie von Sir Franklin Giffard
.
    »Ihr könnt Euch denken«, sagte Rich, »dass der Name auch mich stutzen ließ. Und da ich von Priddis wusste, dass der Junge – oder vielmehr die Jungfer – zu Euren Schützlingen gehörte, fragte ich mich, ob Ihr sie vielleicht suchen würdet. Wärt Ihr nicht gekommen, hätte ich nicht gewusst, was ich mit Euch tun soll. Denn meine erste Warnung, durch die Straßenjungen, hattet Ihr ja in den Wind geschlagen.« Seine Stimme hatte einen bösartigen Klang. »Hättet Ihr einen tödlichen Unfall, wäre Euer Freund Barak uns auf der Spur und würde gewiss Eure Gönnerin, die Königin, informieren. Man muss Catherine Parr ernst nehmen, sie ist nicht dumm.« Sein Lid begann wieder zu zucken. »Doch jetzt, meine ich, können wir eine Einigung finden. Aus diesem Grunde habe ich es zugelassen, dass Emma Curteys sich anwerben ließ, obwohl ich ihre Identität kannte.«
    »Ihr wollt sie benutzen, um mir einen Handel vorzuschlagen?«
    Rich beugte sich vor. »Nachdem ich ihren Namen gelesen hatte, ritt ich sogleich in die Stadt. Die französische Flotte war aufgetaucht, der König hatte die
Great Harry
verlassen, und in den Straßen wimmelte es von Soldaten, die darauf warteten, an Bord der Schiffe zu gehen. Einige der ranghöheren Offiziere waren an Land gekommen, um sicherzustellen, dass jedes Schiff die korrekte Besatzung erhielte, unter ihnen auch Philip West.« Er blickte mich an.
    »Ja«, sagte ich leise. »West.«
    »Hauptmann Leacons Bogenschützen sollten auf der
Great Harry
stationiert werden, aber ich kam mit West überein, sie stattdessen ihm zuzuteilen, auf der
Mary Rose
. So konnte er Emma Curteys für mich im Auge behalten. Dann kehrte ich hierher zurück, weil ich ahnte, dass Ihr sie suchen würdet. Sie selbst ist mir freilich ganz einerlei. Die Raufbolde, die ich gedungen hatte, Euch zu überfallen, haben es versäumt, Euch etwas klarzumachen. Und wurden dafür bestraft.« Seine eisigen Augen bohrten sich in die meinen. »Der Fall, den Ihr niederlegen solltet, hatte nichts mit Hugh Curteys zu tun. Es war die andere Sache, zu der Ihr Erkundigungen eingezogen hattet, wie Master Mylling, mein Spitzel im Vormundschaftsgericht, mir mitteilen ließ.«
    »Ellen Fettiplace!«, keuchte ich. »
Sie
ist Eure Verbindung mit West. Ihr seid jener Freund gewesen, der ihn vor neunzehn Jahren nach Rolfswood begleitet hatte.«
    Rich lehnte sich wieder zurück. Sein Gesicht war jetzt ausdruckslos. »Dann wisst Ihr es also.«
    »Als mir dämmerte, dass Ihr keinerlei Verbindung hattet zum Fall Curteys, da wusste ich Bescheid.«
    »Wer weiß es noch?«, fragte er unvermittelt.
    »Barak«, log ich. »Und ich habe ihn zurück nach London geschickt.«
    Rich saß da und überlegte. »Sir?«, rief jemand von draußen.
    Ärger verzerrte Sir Richards Gesicht. »Herein mit Euch, Colin«, sagte er mit schwerer Stimme.
    Der Vorhang wurde beiseitegeschoben, und ein hochaufgeschossener junger Mann mit groben Zügen trat mit einer Wachskerze

Weitere Kostenlose Bücher