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Der Pfeil der Rache

Der Pfeil der Rache

Titel: Der Pfeil der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Sansom
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bereut. Während unseres Aufenthaltes hier hatte ich ausreichend Gelegenheit, mich von seinem – nein, ihrem – Wesen zu überzeugen.«
    »Er – sie – verflucht noch eins!«, rief Barak aus. »Wollt Ihr sie etwa mit nach Hause nehmen? Soll sie Beinkleider tragen oder Weiberröcke?«
    »Ich will ihr helfen, in London eine Bleibe zu finden. Was sie dann aus ihrem Leben macht, ist ihre Sache. Nur so kann ich mein Versprechen erfüllen, das ich der Königin und Mistress Calfhill gab. Michael musste sterben, weil er sich bemüßigt fühlte, ihr zu helfen. Wir sind es auch ihm schuldig.«
    Dyrick wandte sich an Hobbey. »Ich kann Euch ein besseres Geschäft aushandeln.«
    »Seid kein Narr, Vincent«, sagte Hobbey geringschätzig. Er streckte mir die Hand entgegen. »Wieder bin ich mit allem einverstanden. Mit allem. Habt Dank, Master Shardlake, habt Dank.«
    Ich konnte seine Hand nicht nehmen. »Ich tue das nicht für Euch, Master Hobbey«, sagte ich und blickte ihm dabei in die Augen, »sondern für Emma, und auch für David, damit die beiden aus all der Zerstörung noch ein Quäntchen Zukunft schöpfen können.«
    * * *
    Eine Stunde später verließen Barak und ich das Haus. Es war mittlerweile früher Nachmittag, die Sonne stand hoch, und es war heiß. Draußen vor dem Tor zügelten wir die Pferde.
    »Ihr seid nicht mehr bei Trost«, sagte Barak.
    »Schon möglich. Aber wie dem auch sei, für dich ist es an der Zeit, nach Hause zu reiten. Keine Widerrede. Wenn du scharf genug reitest, schaffst du es vielleicht noch bis Petersfield. Ich suche derweil nach Emma und komme dann nach. Wenn ich dich heute nicht mehr einhole, dann reite morgen weiter, und ich hole dich unterwegs ein.«
    »Wie könnt Ihr Hobbey und Dyrick vertrauen?«
    »Hobbey ist ein gebrochener Mann, du hast es selbst gesehen. Er hat nur noch David. Und Dyrick weiß, was gut für ihn ist.«
    »So viel zu Dyricks Überzeugung, seine Mandanten seien auf der Seite des Rechts. Er war ebenso unlauter wie Hobbey.«
    »Ich glaube nach wie vor, dass er Hobbey im Recht wähnte, zumindest, bis er Emmas Identität entdeckte. Aber du hast recht, danach galt seine einzige Sorge der eigenen Position. Und was sein Vorhaben mit den Dorfleuten angeht –«
    Barak sah sich noch einmal um, betrachtete die verwahrlosten Blumenbeete. »Arme alte Abigail. Ihr Tod bleibt ungesühnt, das ist Euch hoffentlich bewusst.«
    »Tief im Herzen hätte sie David und Emma doch gewiss gern in Sicherheit gewusst. Ich glaube, dass auch an ihr der Gewissenswurm nagte.«
    »Und was ist mit Rich? Und Mylling? Mit den Schlägern? Habt Ihr geglaubt, was sie sagten?«
    »Ich meine zu wissen, wie es sich damit verhält, und es hat nichts mit Hobbey oder Dyrick zu tun. Ich kümmere mich in London um die Angelegenheit. Mehr sage ich nicht – sollte ich richtigliegen, ist ein jeder in Gefahr, der davon weiß. Aber die Königin soll es erfahren. Dieses Mal könnte Sir Richard zu weit gegangen sein.«
    »Ihr wollt es mir nicht verraten? Seid Ihr sicher?«
    »Ziemlich sicher. Tamasin würde es nicht wollen.«
    »Emmas größter Wunsch war es doch, zu den Soldaten zu gehen, warum lasst Ihr sie also nicht ziehen?«
    Ich entgegenete mit fester Stimme: »Sie musste sich seit Jahren so sehr beschränken, dass sie kaum in der Verfassung sein dürfte, eine solche Entscheidung zu treffen.«
    Er schüttelte den Kopf. »Ihr seid fest entschlossen, sie zu retten, ob sie es nun will oder nicht. Die Konsequenzen bedenkt Ihr nicht. Genau wie bei Ellen.«
    »So ist es.«
    »Und wenn sie doch nicht in Portsmouth ist?«
    »Dann kann ich nichts mehr für sie tun und kehre allein zurück. Und nun leb wohl, Jack.« Ich streckte ihm die Hand hin. »Auf bald, heute Abend oder morgen.«
    »Wahnsinnig«, sagte er. »Vollkommen wahnsinnig. Gebt auf Euch acht, in Gottes Namen.«
    Er wendete sein Pferd, gab ihm die Sporen, ritt geschwind auf die Straße nach London zu und verschwand um eine Wegbiegung. Ich tätschelte Oddleg den Hals. »Dann auf nach Portsmouth«, sagte ich.
    * * *
    Auf der Straße gen Süden war es merkwürdig still. Weil Sonntag ist, dachte ich. Ach nein, das war morgen. Von den tiefliegenden Wegen stieg mir zuweilen Rauch in die Nase, und ich überlegte, ob die Kohlenbrenner denn auch so weit im Süden tätig waren? Auch Rufe hörte ich.
    Ich ritt langsam den Portsdown Hill hinauf. Und unweit des Hügelkamms wurde die Luft dick von Rauch, und ich sah ein Leuchtfeuer lodern, an dem etliche Männer sich

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