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Der Pfeil der Rache

Der Pfeil der Rache

Titel: Der Pfeil der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Sansom
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seit neunzehn Jahren um diese Frau«, sagte er. »Rich hätte sie umbringen lassen.«
    »Ich weiß.«
    »Ich habe sie beschützt.« Er sprach mit jäher Heftigkeit, und seine Stimme zitterte.
    »Ihr habt sie geschändet.«
    »Sie forderte mich heraus.«
    Mein Gesicht zuckte vor Verachtung. Ich sagte: »Ich habe die Vereinbarung unterschrieben. Euer Geheimnis ist sicher.«
    »Ja.« Er nickte. »In der Tat.« Er starrte mich noch einen Moment lang an, griff dann hinter sich und schob die Tür auf. Draußen stand Peel. Doch irgendwie war es ein anderer Peel, der dumpfe, knechtische Gesichtsausdruck war ersetzt durch ein breites, anzügliches Grinsen. Er trat zu uns herein, während West mich gegen die Wand drückte. Es gab kaum genügend Platz für uns drei, aber es gelang ihnen, mich herumzudrehen und mir die Arme auf den Rücken zu zwingen. West schob die Tür mit dem Fuße zu, während Peel ein Schnupftuch aus dem Wams holte, es mir in den Mund stopfte und mich dabei fast erstickte. Dann zückte West den Dolch und hielt ihn mir an die Kehle. »Einen Mucks, und wir töten Euch auf der Stelle«, sagte er leise. »Jetzt bindet ihn fest!«
    Peel griff in seine Tasche und zog einen langen Strick heraus. Man band mir die Arme zusammen. Jetzt dämmerte es mir, warum Rich darauf bestanden hatte, dass der Brief nur an West persönlich ausgehändigt werde. Ich hatte mir fälschlicherweise eingebildet, ich könne mit ihm einen Handel eingehen. Er hatte das Ganze fein säuberlich geplant, und Peel hatte den tumben Knecht gemimt.
    Die Beine wurden mir fortgeschlagen, und ich krachte schwer zu Boden. Keuchend blickte ich um mich. Peel starrte auf mich herab, ein wölfisches Grinsen im Gesicht. Ich entsann mich des jungen Carswell, der von den Fähigkeiten der Schauspieler gesprochen hatte, von Peel hätte er noch etwas lernen können. Zweifellos ein Talent, das Rich für sich zu nutzen wusste. Peel beugte sich über mich, um mir mit einem weiteren Strick die Beine zu fesseln, den er auch dazu benutzte, um mir den Knebel fest um den Kopf zu binden. Dann setzte er mich mit dem Rücken gegen das Fass und führte den Strick darum und zweimal um meine Mitte. Ich war bewegungsunfähig, stumm und hilflos.
    West stand über mir, die Hände in die Hüften gestemmt. Er sah zornig drein, ganz so, als wäre ihm ein Unrecht geschehen. »Wie gesagt«, erklärte er mit leiser, bebender Stimme, »ich habe diese Frau neunzehn Jahre lang beschützt. Und mich unentwegt geschämt, wenn Euch das ein Trost ist. Doch ich habe meine Ehre im Dienste des Königs wiedererlangt, und ich werde nicht zulassen, dass ein nichtsnutziger Pfennigfuchser wie Ihr mir das alles wegnimmt, noch dazu am Vorabend der Schlacht, das kommt gar nicht in Frage. Ich sterbe vielleicht, was täte dann die Wahrheit meiner armen Mutter an? Euch ist das natürlich gleich. Nun, Rich hatte den Einfall, wie Euch beizukommen ist, und ich werde Euch mit Freuden töten.«
    »Sollen wir ihn jetzt gleich umbringen?«, fragte Peel. »Ich habe den Dolch hier –«
    West schüttelte unwirsch den Kopf. »Nein. Er steht unter dem Schutz der Königin. Wir müssen vorsichtig sein. Es muss nach einem Unfall aussehen, wenn sein Leichnam ans Ufer gespült wird. Ich schlage ihn besinnungslos, sobald es dunkel ist, beschwere seinen Leib und werfe ihn irgendwie über Bord. Ich habe als Einziger den Schlüssel zu diesem Schloss.«
    Peel lächelte mir zu. »Auf Schiffen ereignen sich nun einmal Unfälle, Master Shardlake. Zivilisten, die beim Einbruch der Dunkelheit an Bord kommen, können ins Wasser fallen.«
    West kaute nervös auf den Lippen. »Ich muss gehen und den Proviant an Bord holen, wir haben nicht genug zu essen heute Abend –« Seine Augen weiteten sich, als Schritte sich näherten. Er trat geschwind vor die Tür, schob sie zu und ließ mich mit Peel allein. Ich erkannte die Stimme des Proviantmeisters. »Was hattet Ihr dort drin zu schaffen?«, fragte er West. Seine Stimme klang eher verwirrt als argwöhnisch.
    »Ich habe das letzte Fass Schweinefleisch überprüft, Sir. Es ist verdorben.«
    »Die Vorräte sind noch immer nicht hier. Der Koch sagt, es sei kaum noch genug Stockfisch übrig für all die Soldaten, die heute auf dem Schiff nächtigen. Der Schiffsmeister meinte, Ihr müsstet nun selbst hinüber zu den Lagerhäusern und Nachschub herbeischaffen. Sonst haben wir nichts mehr zu essen, und das erzeugt Unmut unter den Männern. Nehmt Euch eines der Ruderboote, die an Land

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