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Der Pfeil der Rache

Der Pfeil der Rache

Titel: Der Pfeil der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Sansom
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zerstört habt.«
    Rich warf mir einen wölfischen Blick zu. »Ich weiß nicht, was dieser Mann Euch erzählt hat, Euer Majestät, aber er ist mein Feind. Er wird vermutlich –«
    »Ich glaube ihm, Sir Richard. Was er gesagt hat, ergibt einen Sinn, zumal ich weiß, wozu Ihr imstande seid. Der Mord an dem Beamten Mylling –«
    »Er hat sich in jener Kammer eingeschlossen –«
    Sie fiel ihm kalt ins Wort. »Eure Verschwörung mit West, der Plan, Master Shardlake zu töten, die Tatsache, dass Ihr Emma Curteys auf die
Mary Rose
geschickt habt, obwohl Ihr wusstet, wer sie war, ich bin über alles im Bilde, von dem Tage an, da Ihr den Brief des Königs an Anne Boleyn gestohlen habt, um ihn Katharina von Aragon zu bringen –«
    Rich leckte sich über die dünnen Lippen. Er deutete auf mich. »Nichts davon könnt Ihr beweisen. West ist tot –«
    »Seine Mutter ist am Leben. Sie könnte bezeugen, dass jener Brief gestohlen wurde. Es sind nicht mehr viele Menschen übrig, die vor neunzehn Jahren bei Hofe waren, aber einige werden sich noch erinnern, dass Ihr damals West begleitet habt. Ich könnte eine Untersuchung einleiten lassen. Und der König wird sich gewiss an den Brief erinnern –«
    Sir Richards Augenlid fing an zu zucken. »Bringt mir eine Bibel, Euer Majestät. Ich will einen heiligen Eid leisten –«
    »Wann habt Ihr Eure Seele dem Teufel verkauft?«, fragte die Königin mit ruhiger Stimme.
    Rich errötete, öffnete den Mund, schloss ihn wieder, reckte das spitze Kinn, während sein Augenlid erneut zu zucken begann. Die Königin sagte: »Hört gut zu, Richard Rich. Jene Ellen Fettiplace und Master Wests Mutter stehen nunmehr unter meinem persönlichen Schutz. Da West tot ist, werde ich Ellens Gebühren am Bedlam selbst begleichen, solange sie dort zu bleiben gedenkt. Sollte ihr oder Matthew etwas zustoßen, so gelobe ich Euch – und
mein
Gelübde ist nicht leichtfertig dahingesagt –, dass ich dem König berichten werde, was Ihr verbrochen habt. Und anfangen werde ich mit dem Diebstahl jenes Briefes, welcher Katharina von Aragon seine Absicht verriet, sich von ihr scheiden zu lassen.«
    Rich sagte nichts. Das Gesicht der Königin flammte auf vor Zorn.
    »Versteht Ihr mich? Antwortet gefälligst, Schurke!«
    Er sagte, sehr leise: »Ich habe verstanden, Euer Majestät.«
    »Eines noch«, fügte ich hinzu. Der Hass, den ich für Rich empfand, verzerrte meine Stimme. »Es gibt ein Testament, welches er mir abnötigte. Er besitzt eine Abschrift davon. Sie muss zerstört werden.«
    Die Königin wandte sich an Warner. »Robert, Master Rich wird Euch diese Abschrift binnen einer Stunde hierherbringen. Ihr werdet sie persönlich vernichten.«
    Rich sah die Königin aus gehetzten, flackernden Augen an. Sie starrte ihn nieder. »Einverstanden«, sagte er schließlich.
    »Gut. Dann geht mir aus den Augen. Und haltet Euch gefälligst von mir fern.«
    Rich verneigte sich und verließ rückwärts den Saal. Von der Tür aus warf er mir einen Blick zu, der mir einen langsamen, schmerzvollen Tod versprach, sollte ich ihm je wieder in die Hände fallen.
    Als die Tür hinter ihm ins Schloss fiel, holte ich tief Luft. Auch Warner entspannte sich sichtlich. Nur die Königin starrte noch eine Weile zornig auf die geschlossene Tür.
    * * *
    Warner geleitete Barak und mich zum Tor von Portchester Castle. Er hatte beharrlich geschwiegen, doch als wir Abschied nahmen, sagte er mit ruhiger Stimme: »Was Sir Quintin Priddis und seinen Sohn anbelangt, so wird die Königin gegen sie Klage erheben wollen, aber ich werde ihr davon abraten. Es würde diese Angelegenheit an die Öffentlichkeit ziehen und dem Ruf des Vormundschaftsgerichts schaden. Der König schätzt die Einkünfte, die es bringt, und ich möchte nicht, dass die Königin sich mit ihm überwirft.«
    »Ich verstehe«, sagte ich.
    Er holte tief Luft. »Und nach alledem wäre es wohl besser, wenn die Königin Euch künftig keine Fälle mehr zukommen ließe.«
    Ich nickte. »Wegen der Wendung, die dieser hier genommen hat?«
    Er sprach leise. »Wenn Ihr sie ebenso liebt wie ich, dann lasst Ihr sie fortan in Frieden.«
    »Ich bin ganz Eurer Meinung, Master Warner. Und ich bedaure zutiefst, dass ich Euch verdächtigt habe.«
    Er nickte und reichte mir die Hand. »Lebt wohl, Matthew«, sagte er.
    »Lebt wohl, Robert, ich danke Euch.« Ich zögerte: »Nehmt Euch in Acht vor Richard Rich. Ich habe aus ihm einen Feind der Königin gemacht, fürchte

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