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Der Pfeil der Rache

Der Pfeil der Rache

Titel: Der Pfeil der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Sansom
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ich.«
    »Versprochen.«
    Barak und ich ritten über die Brücke des Burggrabens. Ich wagte einen kurzen Blick auf die See und holte tief Luft.
    »Auf nach Hoyland«, sagte ich. »Dann nach Hause.«
    Wir wendeten die Pferde und ließen Portchester Castle und die See hinter uns.

kapitel fünfzig
    Z wei Stunden später ritten wir erneut den schmalen Pfad entlang zum Kloster Hoyland. Wir passierten das Tor und ritten auf das Haus zu. Die Blumen der bedauernswerten Abigail waren inzwischen fast eingegangen, und das Gras auf den einstmals so gepflegten Grünflächen wucherte ungehindert in die Höhe. Die Fensterläden waren geschlossen. Der Zielhügel am Nonnenfriedhof war verschwunden.
    Ich hatte erleichtert dem Meer den Rücken gekehrt, doch jetzt, als wir auf das Eingangsportal zuhielten, kam mir die sanft schaukelnde Bewegung des Pferdes vor wie ein schwankendes Deck. Ich zog fest an den Zügeln, brachte Oddleg zum Stehen und schloss schwer atmend die Augen.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Barak ängstlich.
    »Ja. Lass mir nur einen Augenblick Zeit.«
    »Da ist Dyrick.«
    Ich schlug die Augen auf. Dyrick stand in seiner schwarzen Robe auf den Stufen und blickte uns mit finsterer Miene entgegen. Sein Anblick stellte mich wieder her; ich würde dem Mann keine Schwäche zeigen. Dyrick rief über die Schulter in die Halle, und ein Stallbursche kam aus dem Haus gelaufen, um die Pferde zu übernehmen.
    »Da seid Ihr ja endlich«, sagte Dyrick mit seiner rauen Stimme, als wir näher kamen. »Ihr seid vier Tage fort gewesen. Master Hobbey ist krank vor Sorge. Wo ist Emma? Habt Ihr sie gefunden?«
    Ich musste lächeln, weil er selbst in dieser Situation noch zum Streiten aufgelegt war. Und dennoch war ihm anzusehen, dass er sich Sorgen gemacht hatte. Vermutlich hatte er Angst, dass Hobbeys Geheimnis entdeckt worden war.
    »Ich habe sie gefunden, Dyrick. Aber sie wollte nicht hierher zurückkommen. Sie lief wieder fort, ich weiß nicht, wo sie ist.«
    »Wir hörten, die
Mary Rose
sei gesunken und die Isle of Wight eingenommen.«
    »Die Franzosen haben zwar versucht, die Insel einzunehmen, sind aber gescheitert. Allerdings sind sie noch immer im Solent.« Ich hatte mit Barak vereinbart, über den Aufenthalt auf der
Mary Rose
zu schweigen. Es wäre besser so. »Der Garten sieht ziemlich verwahrlost aus«, stellte ich fest.
    Dyrick knurrte unwillig. »Die Hälfte der Dienstboten hat uns verlassen. Sogar die Alte, diese Ursula, hat sich davongemacht. Das Haus sei verflucht, behauptete sie. Sie sind alle ins Dorf gerannt, um sich mit Ettis auszusöhnen. Er ist übrigens auf freiem Fuß. Master Hobbey hat Wort gehalten.«
    »Wo ist Hobbey?«
    »In seinem Studierzimmer. Er verlässt es niemals in letzter Zeit, nur, um seinen Sohn zu besuchen.«
    »Wie geht es David?«
    »Auf dem Wege der Genesung, aber er wird wohl nie mehr richtig laufen können. Und Gott allein weiß, was in seinem Kopf vor sich geht. Ich fürchte, er wird die ganze Geschichte einmal ausplaudern«, fügte Dyrick in mürrischem Tonfall hinzu. »Er muss an einem Ort gehalten werden, wo man ein Auge auf ihn hat.«
    Ich starrte ihn an. Seine Worte erinnerten mich an die Art und Weise, wie West und Rich sich nach Ellens Vergewaltigung abgesichert hatten. Nichts dergleichen sollte David geschehen. Dafür würde ich sorgen.
    * * *
    Nicholas Hobbey saß an seinem Schreibtisch. Als wir eintraten, wich die Trostlosigkeit, die seit Abigails Tod auf seinem Gesicht eingekehrt war, einem Anflug von Hoffnung. Er hatte abgenommen, wie ich sah.
    »Emma! Habt Ihr sie gefunden? Wir haben gewartet.« Eine Altmännerverdrossenheit schwang in seiner Stimme.
    »Wir sind in Portsmouth aufgehalten worden. Es kam zum Gefecht –«
    »Ja. Man hat uns mitgeteilt, dass die
Mary Rose
gesunken ist. Aber Sir, Emma –«
    Ich holte tief Luft. »Ich habe sie gefunden, aber sie rannte wieder fort. Sie hat Portsmouth verlassen. Ich weiß nicht, wo sie jetzt ist.«
    Sein Gesicht wurde lang. »Ist sie noch – gibt sie noch vor, ihr Bruder zu sein?«
    »Das wird sie vermutlich auch weiterhin tun. Es ist seit Jahren die einzige Identität, die sie kennt.«
    Dyrick sagte: »Sie wird nicht lange durchhalten. Ganz ohne Geld.«
    »Möglicherweise lässt sie sich anwerben.«
    Hobbey stöhnte. »Hinter Hecken schlafen, aus fremden Gärten Früchte stehlen –«
    Dyrick fügte zornig hinzu: »Und dabei kann sie jederzeit entlarvt werden!«
    »Emma ist klug«, sagte ich. »Sie wird einsehen, dass sie sich

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