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Der Pfeil der Rache

Der Pfeil der Rache

Titel: Der Pfeil der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Sansom
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direkter Blick, nicht mehr wie üblich halb abgewandt. »Ist er fort, Sir?«, fragte sie zitternd.
    Ich holte tief Luft. Jetzt schmerzten meine Schultern. »O ja, das ist er.«
    Guy fragte sanft: »Erinnerst du dich an deinen Nachnamen, Josephine, als du noch klein warst?«
    »Nein.« Sie blickte zu Boden. »Aber ich erinnere mich an das Dorf, das brennende Haus.« Sie sah zu mir auf. »Ich weiß noch, dass einige der Soldaten im Lager freundlich waren. Doch dann nahm er mich mit sich fort.« Sie seufzte tief. »Wie komme ich nun ohne ihn zurecht?«
    Guy sagte: »Möchtest du das? Du könntest ihm noch immer folgen.«
    »Aber ich bin niemand, nichts.«
    »Wir sind nicht dieser Meinung, sonst hätten wir dich nicht gebeten zu bleiben.«
    Josephine erschrak heftig, als es laut gegen die Haustür klopfte. Sie ergriff Guys Hand. »Er ist zurückgekommen! Er wird wütend sein, Sir, bitte helft mir –«
    Ich ging hinaus und öffnete die Tür. Simon und Timothy standen noch immer mit hämischen Gesichtern im Flur. Auf der Schwelle stand Coldiron. Er zitterte angesichts meiner Miene, und sagte dann: »Meine Sachen, Sir. Das Geld in meiner Truhe, meine Kleider, die kleinen Erinnerungen – Ihr könnt sie nicht behalten!« Seine Stimme wurde laut. »Es wäre nicht rechtens! Außerdem schuldet Ihr mir den Lohn! Behaltet Jojo, behaltet sie, aber ich will meinen Lohn!«
    Ich wandte mich an die Jungen. »Geht in Coldirons Kammer, werft alles in seine Truhe, schafft sie herunter und stellt sie ihm vor die Tür. Seid nicht zu sorgfältig beim Packen.« Coldiron war vorgetreten, versuchte, wieder ins Haus zu kommen, aber ich schlug ihm erneut die Tür vor der Nase zu.
    »Jawohl, Sir!« Timothy rannte geschwind die Treppe hinauf. Ich gebe den Jungen ein schlechtes Beispiel, dachte ich. Als Simon es ihm gleichtun wollte, legte ich ihm die Hand auf die Schulter. »Warte«, sagte ich.
    »Ja, Sir?«
    Ich blickte in das magere Gesicht unter dem wirren Blondhaar. Er war jetzt ebenso groß wie ich. Ich fragte leise: »Willst du noch immer zu den Soldaten?«
    Er zögerte und sagte dann: »Nachdem Ihr fort wart, Sir, da wurde mir klar – Master Coldiron hat uns angelogen, nicht?«
    »O ja. Aber Simon, wenn du noch immer daran denkst, Soldat zu werden, dann komm zuerst zu mir, und ich will sehen, ob ich nicht ein paar Männer finde, die tatsächlich gekämpft haben, damit du mit ihnen sprechen kannst. Und wenn du es dann immer noch willst, werde ich dir nicht im Wege stehen.«
    »Ich habe nachgedacht, Sir. Bevor Ihr fortgeritten seid, wolltet Ihr mir helfen, einen Lehrherrn zu finden –«
    Ich lächelte. »O ja, wenn es das ist, was du willst.«
    Er blickte umher. Guy und Josephine standen in der Tür zur Stube. Josephine zitterte, und ihr Gesicht war tränenüberströmt. Sie hatte Coldiron sagen hören, wir könnten sie behalten. Simon sah sie an, dann mich und wurde rot. »Bleibt Josephine hier?«, fragte er.
    »Nun, Josephine?«, fragte ich leise.
    Sie antwortete mit zitternder Stimme: »Ja, Simon. Ich bleibe.«
    Kurz darauf bugsierten die Jungen Coldirons kleine Truhe mit einigem Getöse die Stiege herunter. Ich sah zu, wie Coldiron die Kiste zum Tor hinaus und die Chancery Lane entlangzerrte. Schließlich drehte er sich um und schüttelte die knochige Faust gegen mich. Es war das Letzte, das ich von ihm sah.
    * * *
    Der Abend verstrich. Ich stand in der Stube und blickte hinaus in den Garten. Guy war mit Josephine in der Küche gewesen, um ihr die Rückkehr in ihr Leben zu erleichtern und sie zu ermuntern, gemeinsam mit den Jungen das Essen zu bereiten. Er sah nachdenklich aus, als er zurückkam. Ich lächelte. »Ich brauche einen neuen Steward. Wie gefiele dir die Aufgabe?«
    Er hob die Augenbrauen. »Die Rückkehr zur Medizin ist vermutlich der leichtere Weg.« Er zögerte, dann sagte er, unerwartet scheu: »Ich dachte daran, nächste Woche wieder in mein Haus zu ziehen.«
    »Die Jungen sollen es zuerst gründlich putzen. Sie und Josephine.« Ich blickte ihn ernsthaft an. »Ob sie ohne Coldiron zurechtkommt?«
    »Einfach wird es nicht. Wenn du einen anständigen alten Burschen finden würdest als Ersatz für Coldiron, dann wäre es eine Hilfe, gäbe ihr ein Gefühl der Orientierung. Sie wird es brauchen, eine Zeitlang zumindest. Und du brauchst jemanden, der dir das Hauswesen führt, sonst fangen die Leute noch an, über euch zu reden.«
    Ich nickte, lächelnd. »Ich glaube, der junge Simon ist an ihr interessiert.«
    »Das ist

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