Der Pfeil der Rache
er eindringlich. »Und schon gar nicht allein.«
»Du hast recht. Ich spreche mit der Königin. Gestern Abend habe ich Warner eine Nachricht geschickt. Ihre Majestät wird mir schon jemanden an die Seite stellen, wenn sie der Ansicht ist, ich sollte reisen.«
»Ihr seid also fest entschlossen.«
»Ich lasse mich ungern von einer Meute Blaukittel einschüchtern.«
»Mistress Calfhill wird gleich hier sein. Werdet Ihr erzählen, was Euch widerfahren ist?«
»Nein. Es würde sie nur grundlos ängstigen. Ich werde mit ihr sprechen und anschließend Bruder Dyrick aufsuchen. Ich habe ihm gestern Abend eine Nachricht geschickt.«
Barak klopfte auf seinen Ranzen. »Ich habe Broughtons Zeugenaussage hier.«
»Gut.« Ich sah ihn an. »Allerdings wäre da noch etwas. Ich sage es dir lieber gleich. Ratsherr Carver war gestern Abend noch bei mir. Leider mit schlechten Nachrichten.« Ich wiederholte, was Carver mir erzählt hatte.
»Verflucht!«, stieß er aus. »Tammy hatte recht, ich hätte Goodryke mehr Respekt zollen müssen.«
»Soll ich später zu euch kommen, damit wir drei uns unterhalten können?«
»Ich will nicht, dass Tammy London verlässt und auf staubigen Straßen reist«, sagte er fest entschlossen. »Als ihr neulich schwindelig wurde, hätte mich fast der Schlag getroffen!«
»Ich weiß. Aber wir finden schon einen Ausweg, versprochen. So, nun zeige mir die Aussage von Reverend Broughton.«
Barak öffnete den Ranzen und reichte mir das Schriftstück, welches er hingekritzelt und Broughton dann mit sicherer Hand unterzeichnet hatte. Er saß stirnrunzelnd da, während ich las. Broughton hatte wiederholt, was er uns bereits erzählt hatte von der glücklichen Familie Curteys, dem Tod der Eltern und von Nicholas Hobbeys allzu forsches Eingreifen; von seinen und Michaels Bemühungen für Hugh und Emma und von Hobbeys Feindseligkeit gegen ihn. Ich blickte Barak an. »Nichts Neues, also?«
»Nein. An mehr konnte er sich nicht erinnern. Ich fragte, ob ein früherer Nachbar der Familie Curteys eventuell noch etwas beitragen könne, aber Broughton war sicher, dass dem nicht so war. Die Familie scheint tatsächlich sehr zurückgezogen gelebt zu haben, wie alle Gottesfürchtigen.«
Ein Schatten vor dem Fenster ließ mich aufmerken. Mistress Calfhill ging vorbei, ihr Gesicht in der Sonne bleich wie Pergament, bleicher noch als ihre weiße Haube. Sie trug wieder ein schwarzes Kleid, obschon die Trauerzeit längst vorüber war. »Geh und begrüße sie«, sagte ich zu Barak, »sage ihr, ich hätte bei einem versuchten Raubüberfall ein wenig Schaden genommen, damit sie nicht erschrickt. Würgemale am Hals sind gewiss das Letzte, was sie jetzt sehen will.«
Er ging hinaus, und ich schnürte mir den Kragen wieder fest zu, ehe ich den Entwurf der Zeugenaussage, den ich für Bess vorbereitet hatte, vom Schreibtisch nahm. Barak führte sie herein, und sie nahm mir gegenüber Platz. Sie sah meinen Hals, erzitterte leicht und senkte den Blick, die Hände fest ineinander verkrallt. Schließlich fasste sie sich wieder und blickte auf.
»Habt Dank, dass Ihr gekommen seid, Mistress Calfhill«, sagte ich, wobei ich mich um eine kräftige Stimme bemühte.
»Es ist für Michael, Sir.«
»Ich habe eine Zeugenaussage aufgesetzt, basierend auf dem, was Ihr mir in Hampton Court erzählt habt. Ich werde sie Euch vorlesen, wenn ich darf. Wir können sie, falls nötig, berichtigen oder noch etwas hinzufügen.«
»Ich bin bereit«, sagte sie leise.
Wir gingen ihre Geschichte noch einmal durch. Bess nickte eifrig, als ich ihr vorlas, wie gut Michael sich mit den beiden Kindern verstanden hatte, stieß ein leidenschaftliches »Ja« hervor, als ich schilderte, wie Michael sich gegen Hobbeys Vorhaben, die Vormundschaft für die Geschwister an sich zu bringen, zur Wehr gesetzt hatte. Am Ende nickte sie mit Nachdruck. »Das ist es, Sir, genauso ist es gewesen. Ich danke Euch. Ich hätte niemals so treffliche Worte gefunden.«
Ich lächelte. »Ich habe Übung darin, Mistress Calfhill. Doch vergesst nicht, dass Michaels Geschichte, wie Ihr sie erfahren habt, letztlich nur auf Hörensagen beruht. Dergleichen ist zwar erlaubt, wenn eine der beteiligten Parteien verstorben ist, doch hat aus diesem Grunde Euer Zeugnis nicht den Status eines Berichts aus erster Hand. Und Master Hobbeys Barrister wird Euch wahrscheinlich ins Verhör nehmen.«
»Ich verstehe«, sagte sie entschlossen. »Wird Nicholas Hobbey auch anwesend sein?«
»Ich weiß es
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