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Der Pfeil der Rache

Der Pfeil der Rache

Titel: Der Pfeil der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Sansom
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schwellte Carvers beleibte Brust.
    »Wie ich höre, steht der Stadtrat mit dem König in Verhandlung, das Bedlam zu übernehmen.«
    »Schon seit geraumer Zeit. Wir versuchen den König dazu zu bewegen, Spitäler unter städtischer Kontrolle mit Geldern zu fördern; das Bedlam zu übernehmen ist Teil des Plans.«
    »Das Amt des Aufsehers wird seit vielen Jahren vom König verliehen. Ich weiß, dass George Metwys es derzeit innehat. Davor war es George Boleyn, bis zu seiner Hinrichtung. Könntet Ihr für mich herausfinden, wer es vor ihm innehatte, im Jahre 1526?«
    Carver überlegte. »Ich glaube, das war Sir John Howard. Jetzt weiß ich es wieder, er starb im Amt.«
    Diese Verbindung zu Ellen erübrigte sich. Doch irgendeine geheime Übereinkunft musste an die nachfolgenden Aufseher weitergegeben worden sein. »Noch eines, Sir. Erinnert Ihr Euch an einen Kaufmann, der bis vor einigen Jahren der Tuchmachergilde angehörte? Nicholas Hobbey.«
    Er nickte bedächtig. »O ja, ich erinnere mich. Er hatte zunächst das Handwerk erlernt, sich dann nach oben gearbeitet und schließlich ein bescheidenes Unternehmen gegründet. Er kümmerte sich nicht viel um die Angelegenheiten der Gilde, war vor allem am Geld interessiert. Er importierte Färbemittel, wenn ich mich recht entsinne, und geriet finanziell ins Schlingern, als der König mit Rom brach und Importe vom Kontinent untersagte. Hobbey musste sein Geschäft schließen und zog sich aufs Land zurück.«
    »Man sagt, dass er London hochverschuldet verließ.«
    »Dergleichen wurde gemunkelt.« Carver sah mich forschend an. »Sir, über Mitglieder der Gilde dürfte ich Euch eigentlich keine Auskunft geben –«
    »Es tut mir leid, ich hätte nicht fragen sollen. Allerdings vertrete ich den Sohn eines verstorbenen Gildemitglieds, der jetzt Master Hobbeys Mündel ist. John Curteys.«
    Carver nickte traurig. »Ich erinnere mich an Master Curteys. Ein angenehmer Mensch, wenn auch ein wenig steif in Glaubensdingen. Ich kannte ihn nicht näher.«
    »Nun, Sir, habt Dank für Eure Hilfe.« Ich lächelte. »Ich werde mich mit einer Spende an die Gilde erkenntlich zeigen, versprochen.« Hustend erhob ich mich. »Verzeiht, aber ich sollte wieder zu Bett gehen.«
    Carver stand auf und verneigte sich. »Gebt auf Euch acht, Sir.« Er schüttelte den Kopf. »Was für Zeiten –«
    * * *
    Am Morgen darauf begab ich mich langsam und unter Schmerzen zur Arbeit, da Hals und Kehle noch immer wund waren. Im Innenhof von Lincoln’s Inn nickte ich einigen Bekannten zu, die zum Glück zu weit entfernt waren, um an meinem Hals die Würgemale zu bemerken.
    Ich trat in die Kanzlei und setzte mich an den Schreibtisch. Laut Turmuhr war es erst kurz nach neun. Barak würde in Kürze eintreffen und Mistress Calfhill in einer halben Stunde. Ich lockerte meinen Hemdkragen, weil er schmerzhaft an meinen Wunden rieb.
    Vom Fenster aus sah ich, wie Barak über den Hof schritt. Wieder einmal fiel mir auf, dass er tüchtig zugelegt hatte. Er klopfte an meine Tür und kam herein. Sogleich starrte er auf meinen Hals. »Beim Blute Gottes! Was ist Euch widerfahren?«
    Ich erzählte es ihm mit krächzender Stimme. »Es ist noch schlimmer, als es aussieht«, schloss ich.
    »Herrjesus! Wer waren die Burschen? Doch nicht jene, die vor Michaels Haus herumlungerten?«
    »Ich habe sie nicht gesehen. Sie überfielen mich von hinten.«
    »Hatte Hobbey die Hand im Spiel?«
    »Ich weiß es nicht. Jemand muss sie gut bezahlt haben. Obwohl sie leichtes Spiel hatten, auf den Straßen herrscht ohnehin die Willkür.«
    Barak überlegte. »Ob Hobbey in London ist?«
    »Falls nicht, hatte er keine Zeit, den Angriff zu organisieren. Ich bin erst seit zwei Tagen als Anwalt der Gegenseite eingetragen.«
    »Und Dyrick? Er dürfte inzwischen wissen, dass Ihr gegen ihn antretet.«
    »Ich bezweifle, dass ein Barrister mit solchen Sperenzchen seine Karriere aufs Spiel setzen würde. Obschon es nicht auszuschließen ist.«
    »Wann hätte er die Nachricht erhalten?«
    Ich überlegte. »Gestern früh, nehme ich an. Wer auch immer hinter der Sache steckt, er handelte schnell.«
    Barak sah mich forschend an. »Was meint Ihr, wollten die kleinen Hosenscheißer Euch ans Leben?«
    »So klein waren sie nicht. Aber nein, wohl kaum. Sie wollten mir nur Angst einjagen.«
    »Ich glaube noch immer, dass Michael Calfhill einem Mord zum Opfer fiel.« Barak sah mich mit seinen braunen Augen unverwandt an. »Ihr solltet nicht nach Portsmouth reiten«, sagte

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