Der Pfeil der Rache
Tonfall sagte er: »Für gewöhnlich steht der Steward dem Hauswesen vor, solange sein Herr verreist ist –«
»Wenn ein Gentleman wie Dr. Malton im Hause weilt, dann gebührt ihm diese Pflicht.« Coldiron bedachte mich mit einem seiner schnellen bösartigen Blicke. »Jetzt bin ich hungrig«, sagte ich leichthin. »Seht nach, ob das Essen fertig ist.«
Ich trat in die Stube, wollte sehen, was Coldiron so eifrig belauscht hatte. Guy saß mit Josephine am Tisch. Sie hatte den rechten Arm entblößt und zeigte ihm eine Blasen ziehende rote Wunde, die sich von der Handfläche bis zum Handgelenk zog und die Guy in Lavendelöl badete. Der Duft erfüllte den Raum.
»Josephine hat sich die Hand verbrannt«, sagte Guy.
Sie starrte mich ängstlich an. »Es tut mir leid, Sir, der Doktor erbot sich, mir zu helfen –«
»Ich bin froh darüber. Diese Brandwunde sieht übel aus.«
»Das ist sie auch«, sagte Guy. »Josephine sollte die Hand eine Weile nicht gebrauchen. Und die Verletzung viermal am Tag mit Öl bestreichen.«
»Sehr gut.« Ich lächelte. »Beschränke dich auf leichte Arbeiten, bis Dr. Malton dir etwas anderes sagt.«
Sie sah furchtsam drein. »Aber mein Vater –«
»Ich werde mit ihm sprechen. Sei unbesorgt.«
Josephine blickte zwischen mir und Guy hin und her. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Ihr seid sehr freundlich, alle beide.« Sie stand auf und stieß dabei einen zugepfropften Behälter mit Salbe vom Tisch. Guy fing ihn geschickt auf und gab ihn ihr. »Gib gut darauf acht«, sagte er.
»Ich danke Euch, Sir. Ich bin so ungeschickt, bitte verzeiht –« Sie knickste und trippelte hastig aus dem Raum. Guy maß mich mit ernster Miene.
»Diese Verbrennung ist schon drei oder vier Tage alt. Sie sagt, ihr Vater habe sie weiterarbeiten lassen. Sie muss entsetzliche Schmerzen ertragen haben.«
»Er ist ein Vieh. Guy, wirst du auch sicher mit ihm fertig, während ich fort bin?«
»O ja.« Er lächelte. »Ich glaube schon.«
»Behandle ihn nach deinem Gutdünken. Sobald ich wieder hier bin, bemühe ich mich um einen neuen Steward, bis dahin mag er bleiben.« Ich zögerte. »Allerdings macht Josephine mir Sorgen.«
»Sie ist ihm ganz und gar ausgeliefert.« Er blickte mich an. »Ich bin nicht sicher, ob sie tatsächlich so ungeschickt ist, wie es den Anschein hat. Nur ist sie von ständiger Angst geplagt.«
»Ob es wohl eine Möglichkeit gibt, sie von Coldiron zu trennen?«, sagte ich nachdenklich.
»Vielleicht.«
»Du hast dir schon genug Verantwortung mit Ellen aufgeladen.« Er sah mich eindringlich an und fragte dann leise: »Was soll ich ihr sagen, Matthew, wenn sie mir gesteht, dass sie verliebt ist in dich?«
Ich errötete tief. »Kannst du ihr sagen, du wüsstest nichts von meinen Gefühlen?«, fragte ich.
»Das wäre gelogen.«
»Dann sage ihr, sie soll mit mir darüber sprechen.«
Er sah mich mit seinen forschenden braunen Augen an. »Möglicherweise tut sie es. Was dann?«
»Warten wir ab, was ich in Sussex herausfinde.«
»Nichts Gutes, befürchte ich.«
Ich war erleichtert, als ein lautes Klopfen gegen die Haustür unser Gespräch unterbrach. »Entschuldige mich«, sagte ich.
Im Flur stand ein junger Bote, das Wappen der Königin gut sichtbar auf dem Wams. Coldiron hatte ihn eingelassen und starrte mit großen Augen auf das Abzeichen.
»Eine Nachricht von Master Warner, Sir«, sagte der junge Mann.
Ich wandte mich an Coldiron. »Das Nachtmahl«, sagte ich. Widerwillig trollte er sich in die Küche. Der Bote reichte mir den Brief. Ich las ihn. »Verflucht«, stieß ich aus.
Warner teilte mir mit, dass er mir den versprochenen Mann nun doch nicht senden könne; jener sei, wie viele der kräftigen Leibdiener in Hampton Court, just an diesem Tag zu den Waffen gerufen worden.
»Habt Ihr eine Antwort, Sir?«, fragte der Bote.
»Keine Antwort«, sagte ich. Ich schloss die Tür. Es passte nicht zu Warner, mich im Stich zu lassen, doch der Druck auf jene, die ein Hofamt innehatten, war derzeit noch größer als auf Personen außerhalb dieser Kreise. Wir brechen morgen früh auf, dachte ich, zu spät, um noch jemanden zu finden. Ich war dankbarer denn je, dass ich Barak nicht verraten hatte, was Ellen mir von brennenden Männern ins Gesicht geschleudert hatte. Nun würde ich mich allein um diese Angelegenheit kümmern müssen.
teil zwei
die reise
kapitel zwölf
A m Mittwoch, dem ersten Juli, erhob ich mich kurz nach Sonnenaufgang. Ich legte ein Hemd an, dazu ein
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