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Der Pfeil der Rache

Der Pfeil der Rache

Titel: Der Pfeil der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Sansom
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sonnenverbrannte Stirn hingen, unmittelbar hinter mir gestanden hatte.
    Drei Tage Verdruss über Dyricks Sticheleien und Feaveryears sauertöpfische Miene kochten über. »Beim Blute Gottes, Mann!«, rief ich aus. »Habt Ihr etwa gelauscht?«
    Feaveryear klappte der Kiefer nach unten. »Nein, Sir, ich stand nur hinter Euch in der Schlange, ich wollte mir ein – Bier holen.«
    Ich sah mich um. »Wo ist Dyrick? Ihr seid sein Spitzel, Schreiber!«
    »Das ist nicht wahr, Master Shardlake«, ereiferte sich Feaveryear, dass sein großer Adamsapfel auf und ab hüpfte. »Master Dyrick wollte sich niederlegen. Er schickte mich aus dem Zimmer, also kam ich hierher. Bei meiner Ehre als Christenmensch, ich hörte nur, wie Ihr etwas von einer Eisenhütte sagtet, die abgebrannt ist, das ist alles.«
    Er schien aufrichtig entrüstet zu sein, sah müde aus, und ich bemerkte seine dunklen Augenringe. »Es tut mir leid«, sagte ich leise. »Ich hätte Euch nicht anbrüllen sollen. Kommt und setzt Euch.«
    Feaveryear folgte mir widerstrebend zu einer Bank, auf der noch Platz war. »Verzeiht, wenn ich mich getäuscht haben sollte«, sagte ich. »Ich habe noch etwas in Sussex zu erledigen, für einen anderen Mandanten.«
    »Ihr bittet mich um Verzeihung, Sir?« Er schien überrascht. »Dann danke ich Euch.«
    Einen Moment lang herrschte Schweigen, dann sagte ich: »Die Reise ist beschwerlicher, als ich dachte. Die Soldaten marschieren schnell.«
    Seine Miene verschloss sich wieder, wurde säuerlich und missbilligend. »Mein Herr sagt, dies sei alles unnötig.«
    Ich fragte mich plötzlich, ob Dyrick Feaveryear dazu benutzt hatte, vor der Anhörung unsere Pläne auszuspionieren. Vielleicht war er sogar im Court of Wards gewesen und hatte Mylling bestochen. Ich entsann mich der Raufbolde, des Sackes über meinem Kopf. »Nun«, antwortete ich neutral, »ich bin gespannt, was wir finden.« Ich blickte ihn neugierig an. »Arbeitet Ihr schon lange für Master Dyrick?«
    »Drei Jahre. Mein Vater war in der Küche der Anwaltskammer Inner Temple beschäftigt, er schickte mich zur Schule und verschaffte mir anschließend eine Stellung als Kanzleischreiber. Master Dyrick stellte mich ein. Er hat mir vieles beigebracht. Er ist ein ganz hervorragender Dienstherr.« Wieder jener selbstgerechte Blick.
    »Ihr arbeitet auch für den Court of Wards, das Vormundschaftsgericht?«
    »Ja, Sir.« Nach einigem Zögern fügte er hinzu: »Ihr seid gewiss der Meinung, es sei ein übler Ort.«
    Ich nickte.
    »Das mag schon sein, aber mein Herr trachtet auch dort nur danach, dem Recht Genüge zu tun, wie überall.«
    »Ach erzählt mir doch nichts, Feaveryear! Er nimmt jeden Fall an, den man ihm zuteilt, sei er nun gerecht oder nicht.« Ich entsann mich des Gesprächs mit Lady Elizabeth.
    Feaveryear schüttelte nachdrücklich den Kopf. »Mein Herr übernimmt nur die gerechten Fälle. Wie den jetzigen. Ich bin ein guter Christ, Sir, ich könnte niemals für einen Anwalt arbeiten, der Gesindel vertritt.« Er errötete. »Ich will damit nicht sagen, dass Ihr das tut, Sir, nur, dass Ihr Euch irrt.«
    Ich starrte ihn an. Wie konnte er bloß glauben, dass ausgerechnet Vincent Dyrick nur die Gerechten vertrat? Und doch tat er es. Ich holte tief Luft. »Nun, Master Feaveryear, ich muss eine Kleinigkeit zu mir nehmen.«
    »Mein Dienstherr hat mir aufgetragen, ihm einen Barbier zu finden.«
    Wir traten hinaus auf die Straße. Die Dämmerung brach herein, und die Leute entzündeten Kerzen in den Fenstern. Einige der Fuhrknechte legten sich in ihren Karren zum Schlafen nieder.
    »Wahrscheinlich sind sie allesamt nach Portsmouth unterwegs«, sagte ich. »Wie unsere Bogenschützen.«
    »Die Ärmsten«, sagte Feaveryear betrübt. »Ich habe schon bemerkt, wie die Soldaten mich ansehen; sie bedauern mich, das weiß ich wohl, halten mich für einen Schwächling. Dennoch muss ich immerzu daran denken, welch ein Grauen ihrer harrt, und schließe sie in meine Gebete ein. Es ist schändlich, dass die Kompanie keinen Priester bei sich hat. Die meisten dieser Männer sind uneins mit Gott. Sie ahnen nicht, dass dem Tod in der Schlacht eine geschwinde Fahrt in die Hölle folgen kann.«
    »Vielleicht kommt es gar nicht erst zum Kampf. Und die Franzosen fallen nicht in England ein.«
    »Ich bete darum.«
    Ich spürte einen Regentropfen auf der Hand. »Und schon ist es so weit.«
    »Sie werden nass in ihren Zelten.«
    »O ja. Und ich muss in die Herberge zurück. Gute Nacht,

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