Der Pilot von der Donau
nicht unterließ, die Firma des Ladens zu lesen, worin sein Reisegefährte verschwunden war, wieder heraus und schlug den Weg erst nach der Rembrandtgasse ein, ging hierauf an der linken Seite des Kanals hin und erreichte die Praterstraße, der er bis zum Praterstern folgte. Offenbar begab er sich nach der Jolle zurück, so daß es Karl Dragoch für nutzlos hielt, ihm noch länger an den Fersen zu bleiben.
Dieser kehrte nun nach dem kleinen Café zurück, wo Friedrich Uhlmann ihn getreulich erwartet hatte.
»Kennst du einen Juden namens Simon Klein? fragte er, an ihn herantretend.
– Gewiß, antwortete Uhlmann.
– Was ist’s mit diesem Juden?
– An dem ist nicht viel Gutes. Ein Trödler, Wucherer und gelegentlich Hehler; ich glaube, mit diesen drei Worten ist er vom Kopf bis zu den Füßen charakterisiert.
– Das dachte ich mir doch gleich«, murmelte Dragoch, der in tiefes Nachdenken versunken zu sein schien.
Nach kurzer Zeit fuhr er fort mit den Worten:
»Wie viele Leute haben wir hier?
– Gegen vierzig, antwortete Uhlmann.
– Das genügt…. Nun passe wohl auf. Von dem, was wir diesen Morgen besprochen haben, ist abzusehen. Ich ändre meinen Plan, denn je weiter ich gehe, desto mehr habe ich die Empfindung, daß sich die Geschichte an dem Orte – sei es wo es ist – entwickeln wird, wo ich selbst mich befinde.
– Und wo werden Sie da sein?… Ich verstehe das nicht.
– Das ist auch nicht nötig. Du wirst unsre Leute, je zwei und zwei Mann am rechten Donauufer staffelförmig von fünf zu fünf Kilometer aufstellen, und zwar von zwanzig Kilometer jenseits Preßburgs an. Ihre einzige Aufgabe wird darin bestehen, mich zu bewachen. Sobald der nächste Posten mich bemerkt hat, hat er sich bis fünf Kilometer vor den äußersten zu begeben, und in gleicher Weise weiter. Verstanden?… Daß sie mir jedenfalls nicht fehlen!
– Und ich? fragte Uhlmann.
– Du wirst es so einrichten, daß du mich nie aus dem Auge verlierst. Da ich mich mitten auf dem Flusse in einer Jolle befinde, wird das nicht schwierig sein. Deine Leute haben, wenn sie ihren Posten antreten, alle möglichen Nachrichten einzuziehen. Im Notfalle wird der Posten, bei dem sich ein ernster Vorgang ereignet, die andern davon benachrichtigen, die dann bei diesem zusammenzukommen haben.
– Verstanden und zu Befehl, Herr Dragoch.
– Sie sollen auch unverzüglich aufbrechen, und ich erwarte, sie morgen auf ihrem Posten zu finden.
– Sie werden an ihrer Stelle sein«, versicherte Uhlmann.
Noch zwei-oder dreimal erläuterte Karl Dragoch seinen Plan, ohne zu ermüden und bis zu dem Augenblick, wo er sich, überzeugt, von seinem Untergebenen völlig verstanden zu sein, anschickte, wegen der vorgeschrittenen Stunde zur Jolle zurückzukehren.
In dem kleinen Café an der andern Seite des Platzes hatten die beiden Spaziergänger aus dem Prater ihre Spionage nicht unterbrochen. Sie hatten, ohne den Grund zu vermuten, Dragoch fortgehen sehen, da Ilia Brusch ihre Aufmerksamkeit nicht mehr erregt hatte, als jeder andre, der hier vorüberkam. Ihr erster Gedanke war der gewesen, ihm nachzuschleichen; das Zurückbleiben Uhlmanns hielt sie aber davon ab. Durch dessen Anwesenheit beruhigt, hatten sie auch selbst gewartet, überzeugt, daß Karl Dragoch jedenfalls bald zurückkehren würde.
Das Wiedererscheinen des Detektivs hatte die Richtigkeit dieses Gedankenganges bestätigt, und als dieser mit Uhlmann im Innern des Cafés verschwunden war, hielten sie sich weiter verborgen, bis sich der Chef der Polizei von seinem Untergebenen trennte.
Während sie den einen ruhig davongehen ließen, folgten die beiden Kumpane Karl Dragoch nach und gingen hinter ihm die Hauptallee, aber in entgegengesetzter Richtung als heute morgen, hinaus. Nach dreiviertelstündigem Marsche blieben sie stehen, da jetzt die Baumreihe am Donauufer sichtbar wurde und es nicht mehr zweifelhaft war, daß Dragoch nach seinem Fahrzeuge zurückkehrte.
»Es ist nutzlos, noch weiter zu gehen, sagte der Jüngere. Wir sind jetzt überzeugt, daß Ilia Brusch und Karl Dragoch einunddieselbe Person sind. Der Beweis dafür liegt vor, und wenn wir ihm noch weiter folgen, laufen wir Gefahr, von ihm bemerkt zu werden.
– Was werden wir nun tun? fragte sein Genosse mit dem Körperbau eines Preisringers.
– Das wollen wir besprechen, erwiderte der andre. Ich habe schon einen Gedanken.«
Und während die beiden Männer sich so lebhaft mit seiner Person beschäftigten und, indem sie sich
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