Der Pilot von der Donau
hatten einen großen Erfolg, und die Versteigerung war bald lebhaft im Gange. Eine Viertelstunde später hatte der Fischer eine hübsche runde Summe eingeheimst, wozu der berühmte Hecht nicht weniger als fünfunddreißig Gulden beigetragen hatte.
Nach Beendigung des Verkaufs setzte sich das Gespräch zwischen dem Preisträger und der Gruppe seiner Bewunderer, die am Ufer standen, noch eine Zeitlang fort. Über das Vorhergegangene unterrichtet, wollten diese auch noch etwas über seine Zukunftspläne erfahren. Ilia Brusch antwortete da ganz zuvorkommend und erklärte, ohne daraus ein Geheimnis zu machen, daß er morgen noch in Wien bleiben und dann am Abend des nächsten Tages in Preßburg zu schlafen gedenke.
Mit der fortschreitenden Stunde verminderte sich allmählich die Zahl der Neugierigen, die sich zum Abendessen zurückzogen. Da nun Ilia Brusch meinte, daß er Ursache habe, auch an das seinige zu denken, zog er sich zurück und überließ seinen Passagier der öffentlichen Bewunderung. So kam es, daß zwei Umherschlendernde, die durch die noch immer gegen hundert Köpfe zählende Ansammlung herangelockt worden waren, jetzt nur Karl Dragoch sahen, der allein unter dem leinenen Schilde saß, das
urbi et orbi
den Namen und die Eigenschaft des Preisträgers vom Donaubunde verkündete.
Der eine der neuen Ankömmlinge war ein großer Bursche etwa von dreißig Jahren mit breiten Schultern und blondem Haar und Bart, von dem slawischen Blond, das ein Erbteil dieser Rasse zu sein scheint, der andre, ebenfalls eine kraftvolle Erscheinung, der sich durch ungewöhnlich viereckige Schultern auszeichnete, war älter und seine leicht ergrauten Haare ließen darauf schließen, daß er schon die Vierzig überschritten habe.
Beim ersten Blick, den der Jüngere auf die Jolle warf, erzitterte er ein wenig und machte eine Bewegung zurückzuweichen, wobei er seinen Begleiter mit sich zog.
»Das ist er, sagte er mit verhaltener Stimme, als beide aus der Menge heraus waren.
– Glaubst du?…
– Ganz sicher! Hast du ihn denn nicht erkannt?
– Wie sollte ich ihn erkannt haben, ich habe ihn doch noch nie gesehen?«
Jetzt folgte ein kurzes Schweigen. Die beiden Sprecher dachten nach.
»Und er ist allein in der Jolle? fragte der Ältere.
– Ganz allein.
– Ist das auch wirklich die Jolle Ilia Bruschs?
– Da ist kein Zweifel möglich. Der Name stand ja auf dem Leinenstreifen.
– Das ist nicht zu begreifen.«
Ein erneutes Schweigen, worauf der Jüngere wieder das Wort nahm.
»Er wäre es also, der unter lautem Tamtam diese Reise unter dem Namen Ilia Brusch macht?
– Jedenfalls, doch zu welchem Zwecke?«
Der Mann mit dem blonden Barte zuckte die Achseln.
»Nun, in der Absicht, unerkannt die Donau hinunterzufahren. Das ist doch klar.
Wien, Eingang in den Prater.
– Zum Teufel! stieß sein halbergrauter Genosse hervor.
– Das nimmt mich nicht besonders wunder, meinte der andre. Er ist ein Schlaukopf, dieser Dragoch, und sein Streich würde gewiß gelungen sein, wenn wir nicht zufällig hier vorübergekommen wären.«
Der ältere der beiden schien noch nicht völlig überzeugt zu sein.
»Ach, das ist ein Roman, murmelte er zwischen den Zähnen.
– Gewiß, Titscha, ganz richtig, stimmte sein Begleiter ihm bei, doch Dragosch liebt einmal die romanhaften Mittel. Über die Sache müssen wir uns noch mehr klar werden. Man sagt um uns herum, daß die Jolle noch morgen den ganzen Tag in Wien bleiben werde. Wir brauchen also nur hierher zurückzukehren. Ist Dragoch dann noch immer da, so ist er es, der sich in die Haut Ilia Bruschs gesteckt hat.
– Und was werden wir in diesem Falle tun?«
Der andre gab nicht sogleich Antwort.
»Das werden wir zu überlegen haben«, meinte er dann.
Beide schritten nun der Stadt zu und ließen die Jolle umgeben von einer mehr und mehr dünn werdenden Gaffermenge.
Friedlich verlief die Nacht für Ilia Brusch und dessen Passagier. Als dieser aus der Koje trat, fand er den ersten dabei, seine Angelgeräte einer gründlichen Besichtigung zu unterziehen.
»Schönes Wetter heute, Herr Brusch, sagte Karl Dragoch an Stelle eines ›Guten Morgen‹.
– Ja, sehr schönes, Herr Jäger, stimmte ihm Ilia Brusch bei.
– Wollen Sie, Herr Brusch, das nicht zu einem Besuche der Stadt benützen?
– O nein, Herr Jäger. Ich bin von Natur gar nicht neugierig, und habe auch hier den ganzen Tag vollauf zu tun. Nach einer Fahrt von zwei Wochen ist es kein Luxus, alles ein bißchen
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