Der Pilot von der Donau
beschieden war, aus dem Schlafe aufgestört zu werden.
– Im Namen des Gesetzes? wiederholte der Wirt, der nicht wenig erschrak, sein Haus von einem zahlreichen Trupp umzingelt zu sehen. Was hab’ ich denn verbrochen?
– Komm’ nur herunter, so wirst du es erfahren. Mach’ aber etwas schnell«, erwiderte Dragoch mit ungeduldiger Stimme.
Als der nur notdürftig bekleidete Gastwirt seine Tür geöffnet hatte, begann der Detektiv sofort, ihn auszufragen. War heute Morgen ein Wagen hierhergekommen? Wie viele Leute hatten den begleitet? Hatte er hier Halt gemacht? War er wieder abgefahren? Und in welcher Richtung?
Die Antworten ließen nicht auf sich warten.
Ja, ein von zwei Männern geführter Planwagen war heute sehr frühzeitig angelangt und bis zum Abend hier geblieben. Weitergefahren war er erst nach dem Erscheinen eines dritten Mannes, den die beiden Fuhrleute erwartet hatten. Es hatte schon halb zehn Uhr geschlagen, als der Wagen in der Richtung nach Sankt Andrä weitergefahren war.
»Nach Sankt Andrä? fragte Karl Dragoch. Weißt du das genau?
– Ganz genau, versicherte der Gastwirt.
– Hat dir’s einer gesagt oder hast du es gesehen?
– Ich habe es selbst gesehen.
– Hm!… murmelte Karl Dragoch. Es ist gut, setzte er hinzu, du kannst dich wieder schlafen legen, braver Mann, doch hüte deine Zunge!«
Der Gastwirt ließ sich das nicht zweimal sagen. Die Tür ging zu, und der Polizistentrupp stand wieder allein auf der Straße.
»Einen Augenblick stillgestanden!« kommandierte Karl Dragoch, dann ergriff er eine Fackel und untersuchte sorgfältig den Erdboden.
Zunächst bemerkte er da nichts Auffallendes, das wurde aber anders, als er nach dem niedriger gelegenen Fußwege kam. Hier, wo die Erde weniger durch Wagen aufgewühlt und auch nicht gepflastert war, hatte sie mehr Plastizität bewahrt. Auf den ersten Blick erkannte Karl Dragoch hier den Abdruck eines Hufeisens, dem ein Nagel fehlte, und gleichzeitig, daß das Pferd mit dem mangelhaften Beschlag nicht auf dem Wege nach Sankt Andrä, auch nicht auf dem nach Gran, sondern nordwärts auf dem Wege nach dem Strome gewesen war. Den schlug nun auch Karl Dragoch an der Spitze seiner Leute ein.
So waren durch eine ganz öde Gegend ohne Zwischenfall etwa drei Kilometer zurückgelegt worden, als links von der Straße das Wiehern eines Pferdes hörbar wurde. Seine Leute mit einer Handbewegung zurückhaltend, trat Karl Dragoch an den Rand eines kleinen Gehölzes heran, das in der Dunkelheit gerade noch schwach zu erkennen war.
»Wer da?« rief er laut.
Da auf seine Frage keine Antwort folgte, zündete einer seiner Leute auf seinen Befehl eine Pechfackel an. Die rußende Flamme leuchtete stark in der mondeslosen Nacht, aber doch nur über eine kleine Strecke, da sie die durch das Blätterwerk der Bäume noch vermehrte Dunkelheit nicht weit durchdringen konnte.
»Vorwärts!« kommandierte Karl Dragoch, während er an der Spitze der Rotte schon in das Dickicht eindrang.
Das Dickicht hatte jedoch seine Verteidiger. Kaum war dessen Saum überschritten, da rief schon eine befehlerische Stimme:
»Noch einen Schritt, und wir geben Feuer!«
Eine solche Drohung war indes nicht geeignet, Karl Dragoch zurückzuhalten, und um so weniger, als er beim Lichte der Fackel eine unbewegte Masse, ohne Zweifel einen Wagen, stehen zu sehen glaubte, um den herum sich eine Gruppe Männer aufhielt, deren Zahl er nicht beurteilen konnte.
»Vorwärts!« kommandierte er von neuem.
Dem Befehle gehorchend, setzten die Polizisten ihren unsichern Weg durch das unbekannte Gehölz fort. Die Schwierigkeit dabei wuchs immer mehr an. Plötzlich wurde die Fackel dem Polizisten, der sie trug, entrissen. Jetzt war es wieder ganz finster. »Franz!… Licht!«
»Tölpel! schimpfte Karl Dragoch. Licht!«
Sein Unmut wurde noch größer, als er vor dem Erlöschen der Fackel bei deren letzten Scheine gesehen zu haben glaubte, daß der Wagen sich zu bewegen und unter den Bäumen zu verschwinden begann. Leider konnte nicht davon die Rede sein, ihn zu verfolgen. Die Polizeitruppe stieß vor ihm auf eine lebende Mauer. Jedem Polizisten standen zwei bis drei Gegner gegenüber, und Dragoch sah erst etwas spät ein, daß er über unzureichende Kräfte verfügte, hier den Sieg davonzutragen. Bisher war, weder von der einen noch von der andern Seite, noch kein Schuß gefallen.
»Titscha! rief da eine Stimme durch die Nacht.
– Hier! antwortete eine andre Stimme.
– Wie ist’s mit dem
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