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Der Pilot von der Donau

Der Pilot von der Donau

Titel: Der Pilot von der Donau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Kerkermeister die Wahl zwischen verschiedenen Erklärungen seines Abenteuers. Ihm erschien dieses Geheimnis immer so unenträtselbar wie bisher, und er hatte darauf verzichtet, den Gründen nachzuforschen, warum man ihn hier eingesperrt hielt.
    Als er aus fieberhaftem Traume auf dem Fußboden seines Käfigs erwachte, war seine erste Empfindung die des Hungers. Schon waren vierundzwanzig Stunden seit seiner letzten Mahlzeit verflossen, und die Natur fordert allemal ihre Rechte, was uns auch zugestoßen sein oder erregt haben mag.
    Erst faßte er sich in Geduld, bald wurde der Hunger aber quälender und er verlor die schöne Ruhe, die er sich bisher bewahrt hatte. Wollte man ihn hier an Nahrungsmangel zugrundegehen lassen? Da rief er laut; niemand antwortete,… noch lauter, derselbe Erfolg, endlich hatte er sich ganz heiser geschrien, ohne damit etwas zu erreichen.
    Vor Verzweiflung außer sich, versuchte er seine Fesseln zu sprengen. Die waren aber fest, und vergeblich wälzte er sich auf dem Boden umher, um unter Anspannung aller Muskeln seine Stricke zu zerreißen.
    Bei einer dieser krampfhaften Bewegungen stieß er mit dem Gesicht an etwas, das neben ihm lag. Not schärft die Sinne. Serge Ladko erkannte in dem Funde sogleich ein Stück Brot und Speck, die man ihm jedenfalls während seines Schlafes gebracht hatte.
    In seiner Lage war es freilich nicht leicht, sich diese Aufmerksamkeit seiner Häscher zunutze zu machen. Die Not macht aber auch erfinderisch, und nach mehreren vergeblichen Versuchen gelang es ihm, ohne Hilfe der Hände etwas zu essen.
    Nach Stillung seines Hungers verliefen die Stunden langsam und eintönig weiter. Bei der herrschenden Stille schlug etwas wie Murmeln oder Rascheln vom Winde bewegter Blätter ihm ans Ohr. Das Fahrzeug, das ihn trug, bewegte sich offenbar und durchschnitt wie ein Keil die Wellen des Flusses.
    Er wußte nicht, wie viele Stunden verstrichen waren, als ein Deckel über ihm aufgeschlagen und eine Ration Nahrungsmittel, gleich der, die er nach seinem ersten Schlafe vorgefunden hatte, an einer Schnur durch die Öffnung herabgelassen wurde, durch die gleichzeitig ein schwacher Lichtschein bis zu ihm herunterdrang.
    Wiederum vergingen zwei Stunden, dann öffnete sich der Deckel von neuem. Ein Mann stieg herunter, näherte sich dem regungslosen Körper, und Serge Ladko fühlte zum zweitenmal, daß man ihm den Mund mit einer breiten Binde fest verschloß. Fürchteten die andern etwa sein Geschrei und daß ihm dadurch Hilfe kommen könnte? Jedenfalls, denn der Mann war kaum wieder hinaufgestiegen, als er über sich hin-und hergehen hörte.
    Er wollte rufen… kein Laut kam über seine Lippen. Das Geräusch der Schritte hörte auf.
    Die erhoffte Hilfe mußte schon weit sein, denn kurz darauf kam wieder einer zu ihm, der ihm ohne weitere Erklärung die seinen Mund verschließende Binde wieder abnahm. Wenn man ihm jetzt gestattete, zu rufen, konnte das jedenfalls keine Gefahr mehr bringen; doch wozu hätte es genützt?
    Nach der dritten den frühern ganz gleichen Mahlzeit, mußte er länger warten Gewiß war es schon Nacht. Serge Ladko berechnete, daß seine Gefangenschaft jetzt etwa achtundvierzig Stunden währte, als der Deckel sich wiederum öffnete und eine eiserne Leiter heruntergelassen wurde, über die vier Männer in seinen Käfig hinabstiegen.
    Serge Ladko hatte keine Zeit, die Züge dieser Männer zu erkennen. Schnell wurde ihm wieder ein Knebel auf den Mund und eine Binde über die Augen gelegt, und so, zum blinden und stummen Pakete verwandelt, wurde er wie das erste Mal von Hand zu Hand weitergegeben.
    An den Stößen, die er empfing, erkannte er die enge Öffnung, durch die er, nur in umgekehrter Richtung, schon einmal geschafft worden war. Die Leiter, die ihm so viele Schmerzen verursacht hatte, war dieselbe, und er litt davon ebenso, als man ihn jetzt hinaufhißte. Dann folgte eine kurze wagerechte Strecke, und endlich fühlte er, wie ein Ballen auf den Boden geworfen, daß er wie vorher von Knebel und Binde befreit wurde. Kaum hatte er aber die Augen geöffnet, als eine Tür krachend zuschlug.
    Serge Ladko blickte umher. Wenn er auch nur sein Gefängnis vertauschen sollte, war das jetzige doch weit erträglicher als das frühere. Durch ein kleines Fenster strömte Licht herein, wobei er sehen konnte, daß seine Ration neben ihm lag, die er früher nur tastend suchen mußte. Das Licht der Sonne machte ihm neuen Mut, so daß ihm seine Lage weniger trostlos erschien.

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