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Der Pilot von der Donau

Der Pilot von der Donau

Titel: Der Pilot von der Donau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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ließ er sich keuchend in sein Gefängnis zurückgleiten.
    Wäre er also verurteilt, daraus nicht zu entkommen? Längere Zeit starrte er auf das dunkle Viereck des unerbittlichen Fensters, dann entledigte er sich, zu einem neuen Versuche entschlossen, seiner Kleidung und zwängte sich in die gähnende Öffnung, durch die er sich, koste es was es wolle, hindurchdrängen wollte.
    Bald blutig verletzt und mit knackenden Knochen brachte er doch erst eine Schulter, dann einen Arm hindurch, blieb aber mit der linken Hüfte an der Fensterbekleidung eingeklemmt, und ebenso mit dem rechten Arm, so daß jede weitere Anstrengung nutzlos erschien.
    Ladko, von dem ein Teil des Körpers frei hinaus und über dem Wasser hing, während seine Seiten durch die Reibung abgeschürft waren, fand diese Lage bald unerträglich. Da eine Flucht auf diese Weise unmöglich erschien, mußte er auf andre Mittel sinnen. Vielleicht gelang es ihm, die eine Fensterwange herauszureißen und damit die unpassierbare Öffnung zu erweitern.
    Dann mußte er aber erst in sein Gefängnis zurückgleiten; Ladko sah jedoch bald ein, daß das unmöglich wäre. Er konnte jetzt weder vorwärts noch rückwärts, und, ohne um Hilfe zu rufen, schien er unabänderlich verurteilt, in dieser grausamen Lage auszuharren.
    Vergeblich wand er sich hin und her… alles vergeblich. Durch sein ungestümes Vorwärtsdringen hatte er sich in der eignen Falle gefangen.
    Ladko schöpfte eben etwas Atem, als ein ungewohntes Geräusch ihn erzittern machte. Hier nahte gewiß eine neue und drohende Gefahr. Was während seiner Gefangenschaft zu dieser Stunde noch niemals geschehen war: es kam jemand an seine Tür. Tastend suchte eine Hand das Schlüsselloch und fand dieses endlich.
    Durch die Verzweiflung angespornt, spannte der Pilot alle Muskeln zu einer übermenschlichen Anstrengung an.
    Draußen drehte sich der Schlüssel im Schlosse, womit der Riegel zurückschnappte… dann erfolgte eine zweite Umdrehung…

Zwölftes Kapitel.
Im Namen des Gesetzes.
    Auf der Schwelle der offnen Tür blieb Striga zögernd stehen. In der Kabine war es pechfinster. Er konnte nichts unterscheiden als ein weniger dunkles Viereck, die Fensteröffnung in der Seitenwand. Irgendwo in einer Ecke lag jedenfalls der Gefangne; zu sehen war er nicht.
    »Licht, Titscha, Licht!« rief Striga voller Ungeduld.
    Titscha beeilte sich, eine Laterne herbeizubringen, deren flackernder Schein das Innre des Raumes erhellte. Als die beiden Männer sich darin flüchtig umgesehen hatten, wechselten sie einen erstaunten Blick. Die Kabine war leer. Auf dem Boden lagen die zerrissenen Stricke und nachlässig hingeworfene Kleidungsstücke… von dem Gefangnen aber keine Spur.
    »Kannst du mir das erklären?« begann Striga.
    Ehe er antwortete, ging Titscha an das Fenster und strich mit dem Finger über dessen Bekleidung.
    »Entflohen, sagte er dann, seinen geröteten Finger zeigend.
    – Entflohen? wiederholte Striga, der dazu einen lästerlichen Fluch ausstieß.
    – Doch erst seit kurzer Zeit, fuhr Titscha fort. Das Blut ist noch ganz frisch. Übrigens hab’ ich ihm kaum vor zwei Stunden sein Essen gebracht.
    – Und dabei hast du nichts Auffallendes bemerkt?
    – Nicht das Geringste. Er war noch eingeschnürt wie bisher.
    – Schwachkopf!« knurrte Striga.
    Die Arme halb ausbreitend, deutete Titscha durch diese Geste an, daß er nicht begreife, wie hier ein Entweichen möglich gewesen sei, und daß er die Verantwortlichkeit dafür entschieden ablehnen müsse. Striga ließ diese bequeme Ausflucht nicht gelten.
    »Ja, ein Schwachkopf bist du! wiederholte er wütend und entriß dem andern die Laterne, womit er in der Kabine umherleuchtete. Du hättest deinen Gefangnen streng untersuchen müssen, statt dich auf dessen äußeres Aussehen zu verlassen. Da, sieh einmal das Eisen hier, das an einer Stelle vom Reiben wie poliert aussieht. Daran hat er den Strick, der seine Hände fesselte, durchgescheuert. Das hat natürlich mehrere Tage gedauert, und du, du hast gar nichts bemerkt! Nein, so dumm darf einer wahrlich nicht sein!
    – Donnerwetter! stieß Titscha hervor, dem nun auch die Galle überzulaufen anfing. Hältst du mich etwa für deinen Hund? Wenn dir so sehr viel daran lag, dich des Dragoch zu versichern, hättest du seine Bewachung selbst übernehmen sollen.
    – Die hätte ich besser durchgeführt, erklärte Striga. Und doch: war es denn wirklich Dragoch, den wir hier festhielten?
    – Wer meinst du denn, sollte es

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