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Der Pilot von der Donau

Der Pilot von der Donau

Titel: Der Pilot von der Donau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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fortgebracht hat.
    – Mit Vogel?
    – Ja freilich, mit Vogel!«
    Titscha sann einen Augenblick nach.
    »Das kann nicht zutreffen, wandte er gegen diese Angabe ein. Damals ist Kaiserlick mit Vogel zusammen weggefahren.
    – Nein, ich, wiederholte Dragoch, ohne sich beirren zu lassen. Kaiserlick war mit euch andern zurückgeblieben.
    – Das wißt ihr sicher?
    – Gewiß sicher«, erklärte Dragoch.
    Titscha wußte nicht recht, woran er war; durch Intelligenz zeichnete sich der Bandit überhaupt nicht aus. Ohne zu merken, daß er dem angeblichen Max Raynold die beiden Genossen Kaiserlick und Vogel selbst verriet, betrachtete er es als einen Beweis, daß dieser deren Namen kannte.
    »Ein Gläschen Genever? schlug Dragoch vor.
    – Das wäre nicht zu verachten«, meinte Titscha.
    Er leerte das kleine Glas auf einen Zug aus.
    »Hm, merkwürdig, murmelte er halb bekehrt. Das ist doch zum ersten Male, daß wir bei unsern Geschäften einen Fremden zu Hilfe gezogen haben.
    – Ja, das ist wohl möglich. Alles muß doch auch einen Anfang haben. Nun werd’ ich, da ich in die Bande aufgenommen worden bin, schon kein Fremder mehr sein.
    – In welche Bande denn?
    – Na, na, Kamerad, Finten sind hier überflüssig. Ich sage euch, die Sache ist abgemacht.
    – Was ist abgemacht?
    – Daß ich mich euch anschließe.
    – Und abgemacht mit wem?
    – Nun, doch mit Ladko.
    – Den Mund halten! unterbrach ihn Titscha streng. Ich hab’ euch doch gesagt, daß ihr diesen Namen nicht nennen sollt.
    – Nicht auf der Straße, wendete Dragoch ein. Doch hier?
    – Hier wie anderswo! Natürlich in der ganzen Stadt nicht.
    – Warum denn?« fragte Dragoch, begierig, noch mehr zu erfahren.
    Titscha hegte jedoch noch immer etwas Mißtrauen.
    »Wenn man euch nach diesem Namen fragt, antwortete er, so sagt ihr einfach, ihr kenntet ihn nicht. Ihr wißt ja schon so manches, doch lange noch nicht alles, das merke ich, und einen alten Fuchs wie mich werdet ihr nicht an der Nase herumführen können!«
    Titscha täuschte sich; er war nicht der Mann dazu, mit einem Gegner wie Dragoch zu streiten. Der alte Fuchs hatte seinen Meister gefunden. Nüchternheit war nicht Titschas Haupteigenschaft, und sobald der Detektiv das bemerkt hatte, sagte er sich, daß er aus diesem Fehler am Panzer seines Gegners Nutzen ziehen müsse… Seine wiederholten Angebote von Getränken begegneten bei dem Banditen nur einer schwächlichen Ablehnung. Auf Gläser mit Genever folgten solche mit Raki, und umgekehrt. Schon machte sich die Wirkung des Alkohols bemerkbar.
    Titschas Augen wurden gläsern, seine Zunge schwer, sein bißchen Klugheit noch vermindert. Jedermann weiß aber, daß man in der Trunkenheit auf schiefer Ebene wandelt: je mehr man seinen Durst stillt, desto mehr muß man trinken.
    »Ihr sagtet doch, fuhr Titscha mit etwas lallender Stimme fort, daß die Sache mit dem Chef abgemacht wäre?
    – Natürlich… abgemacht, erklärte Dragoch.
    – Das hat er gut gemacht, der Chef, versicherte Titscha, der sein Gegenüber in der Trunkenheit zu dutzen anfing. Wahrlich, du siehst wie ein richtiger guter Kamerad aus!
    – Das wirst du schon noch sehen, antwortete Dragoch, auf das vertrauliche Du eingehend.
    – Ja, ja… doch eines: sehen wirst du ihn nicht… den Chef.
    – Nicht sehen! Warum denn nicht?«
    Statt zu antworten griff Titscha nach der Rakiflasche und schenkte sich gleich nacheinander zweimal ein. Als er ausgetrunken hatte, stammelte er dann mit heiserer Stimme:
    »Fortgereist… der… Chef.
    – Er ist nicht in Rustschuk? fragte Dragoch etwas enttäuscht weiter.
    – Nein… nicht mehr.
    – Nicht mehr?… Er war also hierhergekommen?
    – Ja wohl… glaube… vor vier Tagen.
    – Und jetzt?
    – Jetzt schwimmt er… auf… der Schule… ja… hinunter… nach dem Meere.
    – Wann könnte er wohl wieder hier sein?
    – So… in vierzehn Tagen.
    – Vierzehn Tage warten! Nun ja, das ist eben mein Glück! rief Dragoch.
    – Du… du hast wohl… so große Eile… in die Gesellschaft… ein… zutreten? fragte Titscha mit rohem Lachen.
    – Donnerwetter! stieß Dragoch hervor. Ich bin Bauer, und bei der Geschichte bei Gran hab ich in einer Nacht mehr eingeheimst, als wenn ich mich ein ganzes Jahr mit Feldarbeiten abquäle.
    – Aha… das hat… dir geschmeckt!« meinte Titscha, laut auflachend.
    Dragoch tat, als ob er erst jetzt bemerkte, daß das Glas des andern leer war, und beeilte sich, es wieder zu füllen.
    »Du trinkst ja aber gar nicht, Kamerad,

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