Der Pilot
Finsternis nach unten glitt. Die Veränderung fühlte sich nach der feuchten Hitze des ylesianischen Urwalds wundervoll an.
Im nächsten Stockwerk wurde es stockdunkel. Han tastete nach seinem Sichtgerät und zog es sich über die Augen. Nun konnte er wieder sehen, wenngleich sich ihm alles ringsum bloß in schwarzen und weißen Schattierungen darbot. Die Beleuchtung rührte von kleinen, in die Wände eingelassenen Lichtbalken her. Der Turbolift fiel weiter in die Tiefe, und Han sah Arbeiter, die über ihre Werkbänke gebeugt standen; Garben unbearbeiteter, mit winzigen Kristallen gespickter ausgefranster Fasern lagen aufgeschichtet vor ihnen.
Schließlich berührte der Turbolift nach sechs Etagen den Boden. Han und Muuurgh stiegen aus. »Bist du schon mal hier unten gewesen?« fragte Han den Leibwächter leise. Muuurghs Nackenfell war gesträubt, und die weißen Schnurrhaare unter den von Brillengläsern verdeckten Augen hatten sich aufgerichtet.
»Nein.« gab der Togorianer halblaut zurück. »Meine Leute Steppenbewohner, mögen keine Höhlen, mögen keine Dunkelheit. Muuurgh glücklich, wenn Pilot diesen Ort wieder verlassen will. Nur Ehrenwort hält Muuurgh in erbärmlicher Dunkelheit.«
»Immer mit der Ruhe«, gebot Han ihm. »Wie bleiben nicht lange hier. Ich will mich nur mal umschauen.«
Er führte sie tiefer in die Fabrik hinein. Die höhlenartige Anlage war von leisem Rascheln erfüllt, abgesehen davon war es still. An den Wänden und in den Gängen waren lange Tische aufgestellt, jeder Tisch war ein Arbeitsplatz, und vor jedem saß oder kauerte, je nach individueller anatomischer Beschaffenheit, ein Arbeiter. Han entdeckte unter ihnen zahlreiche Menschen, die auf hohen Stühlen über ihre Arbeit gebeugt saßen.
Ein paar blickten auf, als Han und Muuurgh auf die Aufseherin dieser Ebene, eine pelzige Devaronianerin, zugingen und sich identifizierten. Die Aufseherin wies mit einer rötlichen, mit scharfen Fingernägeln ausgestatteten Hand auf ihr Stockwerk. »Meine Arbeiter sind die geschicktesten«, verkündete sie stolz. »Man muß schon sehr geschickt sein, um die Garben so abzumessen und zuzuschneiden, daß jede Ration die richtige Menge Gewürz enthält. Es kommt darauf an, die Fasern so genau in einer Reihe auszulegen, daß sie alle im selben Augenblick fotoaktiv werden, sobald man sie sichtbarem Licht aussetzt, was sehr schwierig ist.«
»Ist die Substanz ein Mineral?« wollte Han wissen. »Ich weiß, daß sie in Minen abgebaut wird.«
»Sie kommt in der Natur vor, aber wir wissen nicht, auf welche Weise sie gebildet wird, Pilot. Wir glauben an einen biologischen Ursprung, doch genau weiß das niemand. Man findet das Gewürz tief unten in den Gewölben von Kessel, und es muß, wie Sie hier sehen, in vollkommener Dunkelheit abgebaut werden.«
»Und die Fasern müssen dann in diese Hülsen verpackt werden.«
»Richtig. Eine unangemessene Ausrichtung der Fasern kann dazu führen, daß die kleinen Kristalle splittern. Wenn das geschieht, werden sie zu einem weit weniger wirksamen – und weniger wertvollen – Pulver zermahlen. Ein tüchtiger Arbeiter benötigt mitunter eine Stunde, um ein oder zwei Hülsen Glitzerstim richtig auszulegen.«
»Verstehe«, sagte Han fasziniert. »Haben Sie etwas dagegen, wenn wir uns hier umschauen? Ich verspreche, wir werden nichts anfassen.«
»Meinetwegen. Aber vermeiden Sie es bitte, die Arbeiter abzulenken, die damit beschäftigt sind, die Gewürzfasern auszulegen.«
»Ich verstehe«, nickte Han.
Die unbearbeiteten Glitzerstimgarben waren ohne Ausnahme schwarz, doch Han wußte vom Hörensagen, daß sie zu einer leuchtendblauen Farbe entflammten, sobald sie dem Licht ausgesetzt wurden. Han blieb hinter einem der menschlichen Arbeiter stehen und sah fasziniert zu, wie dieser ebenholzfarbene Gewürzfasern aussortierte und mit äußerster Vorsicht vor sich ausbreitete. Die Fasern rollten sich um die Finger des Arbeiters; manche waren dünn wie feingesponnene Seide, doch die winzigen Kristalle machten sie zu einem unerhört scharfkantigen Werkstoff.
Der Arbeiter schob eine Garbe außerordentlich verhedderter Fasern zwischen die Klemmbacken eines kleinen Schraubstocks, dann machte er sich daran, die einzelnen Fäden gewissenhaft voneinander zu trennen, bis die kristallinen Gebilde Linien bildeten. Die Finger des Arbeiters bewegten sich fast zu geschwind, als daß man ihnen hätte folgen können, und Han erkannte, daß er einen äußerst geschickten Handwerker
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