Der Pilot
vor sich sah – der sich im nächsten Augenblick als Handwerkerin entpuppte. Han war erstaunt, daß diese Pilger etwas bewerkstelligten, das so große Fingerfertigkeit erforderte. Nachdem er sie am Abend des vergangenen Tages während der »Erhöhungszeremonie« beobachtet hatte, war er mehr oder minder davon ausgegangen, es mit schwerfälligen Kretins zu tun zu haben. Und zweifellos sahen sie auch so aus.
Die Glitzerstimarbeiterin griff nach einem Satz winziger Zangen, um einen besonders hartnäckigen Knoten zu lösen. Sie grub eine feingliedrige Zange vorsichtig in das verwickelte Material und sah genau hin, um die Stelle zu entdecken, wo die scharfen kleinen Kristalle ineinandergriffen. Das faserige Glitzerstim schlängelte sich um ihre Finger wie kleine Tentakeln; die winzigen, scharfen Kristalle glitzerten. Die Arbeiterin ließ die Hände in einer ruckartigen Bewegung zurückschnellen, und mit einemmal glättete sich der Strang, bis jede einzelne Faser perfekt ausgerichtet war.
Bis auf eine.
Han beobachtete besorgt, wie sich ein mit scharfen Kristallen gespickter Glitzerstimfaden zwischen Daumen und Zeigefinger in das Fleisch der Frau grub. Ein dünnes Blutrinnsal drang aus der tiefen Schnittwunde. Han hielt den Atem an. Nur ein kleines Stück tiefer, und die Daumensehne wäre durchtrennt gewesen. Die Frau stöhnte vor Schmerz, murmelte etwas in Basic und befreite ihre Hand, um die Blutung zu stoppen. Han erstarrte, als er ihren Akzent vernahm. Diese Pilgerin kam von Corellia.
Er hatte die Frau zuvor gar nicht richtig angesehen; ihre Gestalt war von der hellbraunen Kutte verhüllt, die Kapuze hatte sie tief in die durch das Sichtgerät verdeckte Stirn gezogen. Jetzt aber sah er, daß sie jung und keineswegs eine alte Frau war. Sie verzog ein wenig das Gesicht, als sie den Schnitt untersuchte. Sie kehrte die Hand mit der Innenfläche nach oben, drehte ihren Stuhl um und hielt die Hand über den Boden ausgestreckt, damit das Blut nicht auf die Werkbank tropfte.
Han wußte, daß er nicht mit den Arbeitern sprechen durfte, doch die Frau arbeitete im Augenblick ja gar nicht, und er machte sich Sorgen um ihr Wohl. Sie blutete stark. »Du bist verletzt«, begann er. »Laß mich die Aufseherin rufen, damit man dich verarztet.«
Das Mädchen – sie war so alt wie er, vielleicht jünger – fuhr ein wenig zusammen und hob dann den Blick zu ihm. Ihr Gesicht war ein grünweißer verschwommener Fleck unter dem Sichtgerät und der Kapuze und wirkte im Infrarotlicht entsetzlich blaß. Kein Wunder, dachte Han. Sie ist den ganzen Tag hier unten eingesperrt, ohne mal an die Sonne zu kommen.
»Nein, bitte nicht«, entgegnete sie. Sie sprach Basic mit jenem weichen Akzent, der verriet, daß sie von Corellias südlichem Kontinent stammte. »Wenn sie mich auf die Krankenstation schickt, verpasse ich die Erhöhung.« Der Gedanke, vielleicht aber auch die Kälte, ließ sie erschauern. Han begann selbst langsam zu frösteln, und er war noch nicht seit Stunden hier unten. Wie hielten die Pilger es bloß aus, den ganzen Tag in diesem kalten, finsteren Loch zu schuften?
»Aber der Schnitt sieht böse aus«, widersprach er.
Sie zuckte die Achseln. »Es hat aufgehört zu bluten.«
Han sah, daß sie recht hatte. »Aber was ist mit.?«
Sie schüttelte den Kopf und fiel ihm ins Wort. »Ich weiß deine Besorgnis zu schätzen, aber es ist nichts. Das passiert dauernd.« Sie streckte ihm mit einem bitteren Lächeln die Hände hin. Han hielt den Atem an. Ihre Finger, Handgelenke und Unterarme waren von kleinen Schnittwunden übersät. Einige waren alt, weiß und völlig verheilt, viele andere aber noch frisch und sicher schmerzhaft. Han erblickte außerdem kleine phosphoreszierende Flecken zwischen ihren Fingern und dachte, daß es sich dabei um den gleichen Pilzbefall handeln mußte, den er an diesem Morgen an sich selbst entdeckt hatte. Während er noch schaute, wuchs plötzlich ein phosphoreszierender Ableger der Substanz und wucherte auf den neuen Schnitt zwischen Daumen und Zeigefinger zu. Die Frau ließ einen unterdrückten Ausruf hören und kratzte die Wunde frei.
»Der Pilz liebt frisches Blut«, erklärte sie, als sie seinen Abscheu bemerkte. »Er kann eine Wunde infizieren und einen sehr leicht krank machen.«
»Ekelhaftes Zeug«, meinte Han. »Bist du sicher, daß du das da nicht behandeln lassen solltest?«
Sie schüttelte abermals den Kopf. »Wie du siehst, kommt das andauernd vor. Entschuldige, aber. du bist
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