Der Pilot
darüber hinwegkommen…
Han schüttelte den Kopf, als könnte er Brias Bild ebenso leicht abschütteln, wie er Dewlannas heraufbeschworen hatte. Doch er nahm Bria mit an Bord der Imperator, als wäre sie wirklich anwesend und würde neben ihm stehen. Wie sehr er sich auch anstrengte, er konnte sie nicht vergessen.
Ein anderes von Dewlannas alten Wookiee-Sprichwörtern wurde an die Oberfläche seiner Gedanken gespült: »Eine deutliche Erinnerung ist wie ein Fluch und ein Segen zugleich.«
Wie recht du hast, Dewlanna, dachte Han.
Er verlagerte sein Gewicht, und der stechende Schmerz im rechten Bein erinnerte ihn an die Kämpfe der vorvergangenen Nacht. Han stieß den Atem aus. Er ist tot, Dewlanna, fuhr er in Gedanken fort. Dein Mörder ist tot. Ich wette, du kannst jetzt, da du das weißt, ruhiger schlafen.
Ein imperialer Offizier bahnte sich jetzt einen Weg durch die Menge. Als der Lieutenant an Han vorbeikam, blieb er stehen und blickte ihn scharf an. »Ihr Name, Kadett?«
Han nahm Haltung an. »Kadett Han Solo, Sir!«
»Sie haben wohl vergessen, wie man grüßt, Kadett Solo?«
»Nein, Sir!« antwortete Han und entbot dem Mann seinen gekonntesten militärischen Gruß.
Der Offizier sah Han ins Gesicht. »Kadett Solo, was ist mit Ihrem Gesicht passiert?«
Han war einen Moment lang versucht, ihm zu sagen, er wäre gegen eine Tür gelaufen, doch dann entschied er, daß die Wahrheit wahrscheinlich die beste Antwort war. »Sir, ich bin in eine Prügelei geraten.«
»Wirklich? Darauf wäre ich nie gekommen«, versetzte der Lieutenant mit einer Spur Sarkasmus in der Stimme. »Und worum ging es bei dieser Prügelei, Kadett Solo?«
Han überlegte rasch. »Mein Gegner hatte die imperialen Raumstreitkräfte beleidigt, Sir.«
Irgendwie stimmte das ja auch.
Der Lieutenant hob eine Augenbraue. »Tatsächlich, Kadett? Das war aber äußerst. unklug. von ihm. Haben Sie ihm für diese Respektlosigkeit eine ordentliche Abreibung verpaßt, Kadett Solo?«
Han erinnerte sich rechtzeitig daran, jetzt besser nicht zu nicken. »Das habe ich, Sir. Ich versichere dem Herrn Lieutenant, daß dieser Mann nie wieder etwas Beleidigendes über die imperialen Truppen sagen wird, Sir.«
»Sehr gut, Kadett Solo.« Der Lieutenant lächelte dünn und ging weiter zur Spitze der Versammlung.
Han gab einen langen, gedehnten Seufzer der Erleichterung von sich. Das wäre überstanden!
Eine Stimme aus einem Verstärker dröhnte über den Landeplatz. Ein Unteroffizier hatte neben dem Lieutenant Stellung bezogen und brüllte Befehle. »Imperiale Kadetten. In Reih und Glied aufstellen!«
Eine Sekunde lang herrschte ein allgemeines Durcheinander, dann nahmen die Kadetten Aufstellung. »Wir gehen Reihe um Reihe an Bord des Transporters! Keine Unterhaltungen! Und heben Sie Ihre Füße!«
Es wurde schlagartig still. Han stand so aufrecht wie irgend möglich in der vierten Reihe, er sah nicht nach rechts und nicht nach links und erwartete seinen Marschbefehl. Irgendwo aus dem Hintergrund ertönte plötzlich die martialische Hymne der imperialen Raumstreitkräfte.
»Reihe eins! Marsch!«
»Reihe zwei! Marsch!«
»Reihe drei! Marsch!«
Aufregung erfaßte Han und vibrierte in seinem Blut. Das ist es. Darauf habe ich mein ganzes Leben gewartet. »Reihe vier! Marsch!« bellte der Unteroffizier.
Han schwenkte geschickt rechtsum und folgte seinem Vordermann in Richtung der Imperator. Während er marschierte, gestattete er sich ein schwaches Lächeln.
Heute geht es los, dachte er. Mein richtiges Leben beginnt.
Er stellte sich noch einmal Dewlannas und Brias Gesichter vor. Auch sie lächelten.
Seine Füße berührten die Einstiegsrampe. Han holte tief Luft, so wie ein Neugeborenes Luft holen mochte, um seinen ersten Schrei auszustoßen, sein erstes Hier bin ich! Hört mir zu, ich LEBE!
Und Han Solo fühlte sich wie neugeboren. Die dunkle Vergangenheit fiel von ihm ab, und er sah nur mehr eine glänzende Zukunft vor sich.
Er marschierte voll gespannter Ungeduld in diese Zukunft und blickte sich nicht mehr um.
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