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Der Piratenfuerst

Der Piratenfuerst

Titel: Der Piratenfuerst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Maurin ließ ihn alles in Ruhe betrachten, auch die vielen Gestalten, die den Pier und den ansteigenden Weg zum Festungstor bevölkerten. Bolitho überlegte, daß man ihn bestimmt mit voller Absicht durch die Hauptzufahrt hereingebracht hatte. Und es war wirklich eindrucksvoll. Der Gedanke, daß sich ein Seeräuber, noch dazu ein in Indien Fremder, so eine Macht schaffen konnte, mußte jeden beeindrucken, selbst einen aufgeblasenen Narren wie Major Jardine.
    Als die Bootsmannschaft begann, die Segel einzuholen, wandte er sich um und sah dicht vor dem Bug die Fregatte liegen. Aus der Nähe und auf so engem Raum wirkte sie noch viel größer. Viel größer als die Undine. Selbst für die Phalarope, die er zuletzt kommandiert hatte, wäre es ein kühnes Unterfangen gewesen, sich mit den tödlichen Breitseiten dieses Achtzehnpfünders einzulassen.
    »Ein feines Schiff«, bemerkte er.
    Maurin nickte. »Das beste. Wir sind so lange zusammen, daß wir sogar dasselbe denken.«
    Bolitho sah die Geschäftigkeit an Bord, das Blinken der aufgepflanzten Bajonette der Wache an der Fallreepspforte. Sorgfältige Regie, dachte er. An den Decksgängen sah er zusammengerollte Enternetze, die in kürzester Zeit aufgeriggt werden konnten. Hatten sie Angst vor einem Überfall? Wahrscheinlicher war, daß Le Chaumareys seinem neuen Bundesgenossen nicht recht traute. Das war das einzig Positive, was Bolitho bisher gesehen hatte.
    Ein kleines Fischerdory trieb vorüber; ein paar Eingeborene standen darin, die ihm mit den Fäusten drohten und wie wilde Tiere die Zähne bleckten. Maurin sagte: »Wahrscheinlich halten sie Sie für einen Gefangenen, hein ?« Es schien ihn irgendwie zu deprimieren.
    Bolitho hatte an anderes zu denken, denn nun umfuhr das Boot den Bug der Fregatte. Oben erwartete ihn capitaine Paul Le Chaumareys, über den viele Geschichten in Umlauf waren: über gewonnene Seeschlachten, Jagden auf Geleitzüge, zerstörte Stützpunkte. Sein Kriegsruhm war, wie Conway es zutreffend beschrieben hatte, beträchtlich. Aber als Individuum war er ein Geheimnis, hauptsächlich deswegen, weil er einen erheblichen Teil seines Lebens außerhalb Frankreichs zugebracht hatte.
    Bolitho ließ seine Blicke über die ganze Länge des Schiffes schweifen: Argus, der hundertäugige Bote der Göttermutter Hera. Sehr passend für einen so schwer faßbaren Mann wie Le Chaumareys, dachte er. Die Argus war ein stark gebautes Schiff und wies die Narben und Male eines harten Dienstes auf – ein Schiff, das zu befehligen er stolz gewesen wäre. Ihr fehlte zwar die Eleganz der Undine, doch war sie zäher und kraftvoller.
    Das Boot hatte unter dem Bugspriet festgemacht, und Bolitho kletterte zum Schanzkleid empor, wo die Mannschaft sich um den Mast gruppiert hatte. Keiner machte Miene, ihm zu helfen. Schließlich sprang doch ein junger Matrose herzu und hielt ihm die Hand hin. »M'sieur«, grinste er breit, »a votre Service!« Bolitho ergriff die Hand und schwang sich an Deck. Dieser Franzose hätte auch ein Mann von der Undine sein können.
    Er lüftete grüßend den Hut zu dem breiten Achterdeck hinüber und wartete ab, bis die Pfeifen schrillten und eine Abteilung Soldaten die Musketen präsentierte. Nicht so zackig wie Bellairs' Marineinfanteristen, aber mit routiniertem Schmiß, der von langer Übung zeugte. So wie diese Abteilung war auch das ganze Oberdeck; nicht direkt schmutzig, aber auch nicht glattgeleckt, und nicht eben in musterhafter Ordnung. Etwas abgewetzt, aber jederzeit für alles bereit.
    »Ah, capitaine!« Le Chaumareys trat zur Begrüßung vor und blickte ihm fest in die Augen. Er sah ganz anders aus, als Bolitho ihn sich vorgestellt hatte: älter. Viel älter sogar. Vielleicht Mitte Vierzig. Einer der größten Männer, mit denen er jemals zu tun gehabt hatte. Über sechs Fuß hoch, und in den Schultern so breit, daß sein unbedeckter Kopf beinahe klein wirkte, besonders da er sein Haar so kurz trug wie ein Sträfling.
    »Ich heiße Sie auf meinem Schiff willkommen!« Er machte eine Handbewegung über das Deck hin. »In meiner Welt, die es schon seit langem ist.« Eine Sekunde lang erhellte ein Lächeln sein Gesicht. »Kommen Sie also hinunter in meine Kajüte.« Er nickte Maurin zu: »Ich rufe Sie, wenn es soweit ist.«
    Bolitho schritt hinter ihm her zum Kajütniedergang; er merkte, daß die Männer jeder seiner Bewegungen aufmerksam folgten, als wollten sie etwas entdecken.
    »Ich hoffe«, sagte Le Chaumareys beiläufig, »Maurin hat

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