Der Piratenlord
seine Kochkünste anzweifelte. „Das Mädchen kann Schweinefleisch wirklich gut zubereiten.“ Er warf ihr einen lüsternen Blick zu. „Und das ist nicht das Einzige, was sie gut kann. Nehmt mich beim Wort, Männer.“
Die Männer stießen sich gegenseitig an und grinsten, dann sahen sie zu Louisa hinüber, um ihre Reaktion zu sehen. Normalerweise wurde sie bei solchen Bemerkungen dunkelrot und gab eine scharfe Antwort. Da sich die Männer über ihre spitze Zunge amüsierten, freuten sie sich immer über ihre Erwiderungen auf ihre derben Späße.
„Das reicht, Silas“, erwiderte sie ruhig.
Vergeblich warteten alle auf mehr. Schließlich fragte Silas: „Ist das alles, was du dazu zu sagen hast, Mädchen?“ Er klammerte sich Halt suchend an Gideons Schulter. „Was meint ihr, Jungs? Habe ich die Frau nun doch noch gezähmt?“
„Silas, bitte hör auf“, bat Louisa.
Etwas an ihrem drängenden Tonfall und ihrer ungewohnt sanften Art erregte Gideons Aufmerksamkeit. Als Silas wieder etwas von sich geben wollte, befahl Gideon ihm zu schweigen. Dann sah er Louisa an. „Was ist los?“
Ihr angstvoller Blick glitt zu den Männern hinter ihm. „Vielleicht sollten wir lieber unter vier Augen . ..“
„Das ist nicht nötig.“ Heftige Ängste erfassten ihn plötzlich, von denen eine ihn so bedrängte, dass er sie kaum aussprechen konnte. „Hat es mit Sara zu tun? Ist ihr etwas geschehen?“
Louisa blickte starr vor sich auf den Sand. „Ihr ist nichts geschehen. Das heißt. . . nun ja . . .“
„Wo ist sie?“ Mit klopfendem Herzen sah er zum Haus hinüber. Wenn ihr etwas geschehen war ... Er wollte schon loslaufen, als eine vertraute Stimme ihn aufhielt.
„Sie ist weggegangen, Cap'n.“
Als er sich langsam umdrehte, sah er Peter Hargraves im tanzenden Schein des Feuers stehen.
„Was, zur Hölle, machst du hier?“ grollte Gideon, als er die Bedeutung von Hargraves Worten erfasste. „Was soll das heißen ,sie ist weggegangen? Wohin gegangen?“
Ann Morris trat neben Petey und schob die Hand in seine Armbeuge, während er seinen Hut in den Händen herumdrehte. „Nun, Cap'n . . . wissen Sie . . . das heißt, ich .. ."
„Sie ist mit ihrem Bruder zurück nach England gefahren“, sagte Queenie, die näher getreten war. „Und Petey ist mit diesem Kerl hierher gekommen, um sie abzuholen.“ Ein blasierter, zufriedener Ausdruck glitt über ihr verlebtes Gesicht. „Ich habe Ihnen ja schon gesagt, Sir, dass Sie Ihre Zeit verschwenden, wenn Sie sich mit dieser eingebildeten, prüden Frau abgeben.“
„Queenie, halt den Mund“, zischte Louisa, als Gideon blass wurde.
Gideon bedachte Petey mit wütendem Blick und knurrte: „Worüber redet sie eigentlich?“
Louisa erklärte mitfühlend: „Offenbar hat Petey für Miss Willis' Bruder gearbeitet, den Earl of Blackmore. Und Petey hat den Earl und seine Männer mit der Defiant heute Morgen hierher gebracht. Nachdem sie Miss Willis an Bord hatten, haben sie die Segel in Richtung England gesetzt.“
Gideon erstarrte. Sara war fort? Der Earl hatte sie geholt? Er musste sie dazu gezwungen haben, denn Sara hätte ihn nie verlassen. Nicht nach all dem, was sie miteinander besprochen, wie sie sich geliebt und Pläne für die Zukunft geschmiedet hatten und . . .
Er stöhnte innerlich, als er sich daran erinnerte, dass sie sich über ihren Bruder unterhalten hatten und auch darüber, wie sehr sie ihn vermisste. Sie hatte gesagt, dass sie Atlantis nicht verlassen würde. Doch sie hatte auch gesagt, dass sie für einen Besuch gern nach London zurückkehren wolle.
Gideon ballte die Hände zu Fäusten, während er an ihre Sorge dachte, was geschehen würde, wenn ihr Bruder käme. Dann hatte sie wohl Hargraves erwartet? Wenn Hargraves wirklich für den Earl gearbeitet hatte, musste Sara die ganze Zeit über gewusst haben, dass ihr Bruder sie holen würde.
Während sie ihn, Gideon, liebte, hatte sie schon die Tage bis zur Ankunft ihrer Retter gezählt.
Nein, das konnte er nicht glauben. Nicht seine Sara. „Wusste sie, dass du für ihren Bruder gearbeitet hast?“ fragte er Hargraves und klammerte sich noch an das winzige Fünkchen Hoffnung, dass sie vielleicht keine Ahnung gehabt hatte, warum sich Hargraves an Bord der Chastity befand. Hargraves war bestürzt über diese Frage. „Ja, Cap’n.“ Dieser Verrat verletzte ihn noch mehr als der seiner Mutter. Er hatte von Anfang an Recht gehabt. Englische Adelsfrauen heirateten ungern seinesgleichen. Doch sie taten
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