Der Piratenlord
nichts tun. Nicht, solange sich Ihr Mann auf der Insel anständig beträgt.“
„Halt dich da raus, Silas“, warnte Gideon. Er blickte Hargraves noch einen Moment lang an, während er flüchtig darüber nachdachte, was für ein Vergnügen es ihm machen würde, den Mann dafür auspeitschen zu lassen, dass er an Saras Weggang mitschuldig war.
Aber er hatte von diesen Strafen nie etwas gehalten, und er konnte das auch nicht tun, solange die süße kleine Ann vor ihm stand und um Gnade bettelte. Außerdem hatte Hargraves nur das getan, was er für seine Pflicht gehalten hatte. Sara hatte sie alle getäuscht, Sara hatte ihn im Stich gelassen.
Fluchend stieß er Hargraves von sich. „Gut. Sie und Ann können machen, was Sie wollen. Aber ich kann Ihnen, Hargraves, nur raten, mir nicht mehr unter die Augen zu treten.“
Daraufhin drehte Gideon sich um und wollte zu seinem trostlos leeren Haus hinübergehen, als ihn eine andere Stimme aufhielt.
„Was ist denn nun mit den Hochzeiten?“ fragte Queenie. „Müssen wir noch immer in zwei Tagen unsere Ehemänner auswählen?“
Er wandte sich Queenie zu und musterte sie kalt. Er hätte ihr zu gern befohlen, sich einen Ehemann in zwei Tagen auszusuchen. Das wäre dieser unverschämten Hure recht geschehen, wenn man sie unter das Ehejoch gezwungen hätte.
Doch noch ehe Sara fortging, hatte er den Unsinn eingesehen vorzuschreiben, wer wen zu heiraten habe, vor allem, da er wollte, dass die Männer und Frauen echte Zuneigung zueinander empfanden. Das war eines der Dinge, die Sara ihn gelehrt hatte. Die Lust konnte den Respekt und die Zuneigung in einer Ehe nicht ersetzen, und beides konnte nicht entstehen, wenn man Menschen in eine Verbindung zwang. Er hatte Sara dazu gezwungen, bei ihm zu sein, und nun bezahlte er teuer dafür.
„Es wird nur für die Hochzeiten geben, die heiraten wollen.“ Als die Frauen darüber staunten, trat Louisa vor. „Danke, Captain. Das ist sehr nett von Ihnen. Und im Namen der Frauen möchte ich Ihnen sagen, dass wir Ihre Freundlichkeit sehr schätzen.“
„Freundlichkeit? Ich tue das nicht aus Freundlichkeit! Ich tue nur das, was Atlantis nützt. Um mehr ist es mir nie gegangen. Und das wird sich auch nicht ändern, weil Sara fort ist. Sie hat uns zwar alle verlassen, doch diese Insel wird weiterhin bestehen . . . und wir werden weiterarbeiten. “
Sie würden Atlantis zu einem beneidenswerten Ort machen, so wahr ihm Gott helfe. Mit oder ohne Sara. Und dann würde er sie eines Tages finden, ihr seine Meinung über sie ins Gesicht schleudern und ihr zeigen, was sie aufgegeben hatte. Denn diesmal war er kein kleiner Junge mehr, der nichts zu sagen hatte, nachdem eine Frau ihn verlassen hatte. Diesmal hatte er alle Macht der Welt.
24. KAPITEL
Nach einem Monat auf See waren Jordan und Sara nach England zurückgekehrt. Eine Woche war seitdem vergangen. Es war Abend, Jordan ging am Fuß der Treppe in seinem Londoner Stadthaus auf und ab und sah immer wieder auf die Uhr in der Halle. Sara war spät dran. Sie hatte zugestimmt, ihn an diesem Abend zu dem Ball der Merringtons zu begleiten, und nun hatte sie sich schon um mindestens eine halbe Stunde verspätet.
Er wusste gar nicht, wie er sie hatte überreden können mitzugehen. Noch am Morgen hatte sie entsetzt Nein gesagt und sich benommen, als hätte er von ihr verlangt, dass sie nackt durch die Straßen laufen solle. Doch als er am Nachmittag vom Parlament nach Hause zurückgekehrt war, hatte sie ihre Meinung geändert.
Glücklicherweise. Es wurde Zeit, dass sie sich in Gesellschaft begab und sich diesen vermaledeiten Piraten aus dem Kopf schlug. Nach ein paar Tänzen mit Männern ihres Standes würde ihr klar werden, wie dumm sie gewesen war, sich in einen Piratenkapitän zu verlieben. Außerdem mussten die Leute sie sehen, damit auch noch die letzten Spuren des möglichen Skandals beseitigt wurden. Gott allein wusste, wie viel er auf sich genommen hatte, um ihren Ruf zu schützen.
Er hatte ihre Erlebnisse mit den Piraten vertuscht, indem er dem Eigner der Chastity eine riesige Geldsumme bezahlte, damit dieser behauptete, sie sei nach dem Piratenangriff unangetastet mit der Schiffsbesatzung zurückgekehrt. Er hatte überall erzählt, dass sie die zurückliegenden Wochen gebraucht habe, sich von dem Trauma dieses Erlebnisses zu erholen. Bisher hatten alle diese Geschichte geglaubt.
Thomas Hargraves tauchte auf und räusperte sich vernehmlich, als Jordan gerade zum fünfzehnten Mal die
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