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Der Planet des Todes

Der Planet des Todes

Titel: Der Planet des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Streichhölzern bewegten sich Turmkräne um das Geschoß. Dicht unter dem Dach hoben sich die dunklen Umrisse eines Brückenkranes ab, der mit einem gigantischen Bogen die Halle überspannte.
    Der Ingenieur wußte genau, welchen Eindruck die Werft auf Fremde machte. Deshalb wartete er eine Weile, bevor er sich dem Geschoß näherte. Erst wenn man die Halle durchschritt, konnte man ihre Riesenausmaße richtig einschätzen. Sie waren nun schon eine ganze Strecke gegangen, und noch immer funkelte die ein wenig nach oben gerichtete silberne Spitze des Geschosses weit entfernt. Sie kamen an einigen tiefen Schächten vorbei, die mit Schutzgittern umgeben waren. Blickte man hinab, so sah man unten die Schienen einer elektrischen Eisenbahn. Alle paar Sekunden huschte in der Tiefe eine Wagenschlange mit einer kleinen Lokomotive vorüber. Die Jungen aber hatten nur Augen für das Raumschiff. Über die polierten, glänzenden Granittafeln gelangten sie endlich zur ersten Plattform, auf der der Rumpf ruhte. Erst in der Nähe sah man, daß es eine riesige gebogene Aluminiumspindel war. Ihr Fuß lief in zwei Tatzen aus, von denen jede auf vier breiten Raupenbändern ruhte.
    Der Ingenieur blieb stehen. Seit dem Verlassen des Waggons hatte er geschwiegen. Er musterte die Jungen mit einem abgespannten, leicht spöttischen Lächeln, als ob er damit sagen wollte: Na, warum fragt ihr denn nicht? –
    Der Rumpf des Raumschiffes dehnte sich silbern, gewaltig und unbeweglich über ihren Köpfen nach beiden Seiten und warf seinen kalten Schatten auf den Boden der Halle. Im Weitergehen kamen sie zu den anderen Plattformen, die den Rumpf stützten. Einige zwanzig Meter vom Bug entfernt, sah man auf der glänzenden Hülle große, schwarze Buchstaben, die das Wort „KOSMOKRATOR“ bildeten. Sonst war die Oberfläche des Geschosses lückenlos glatt. Plötzlich blieben die vorwärtsdrängenden Jungen stehen: Aus einer Höhe von drei Stockwerken senkte sich ein langer Arm herab, der in einer Birne aus weißem Metall endete. Darauf saß rittlings ein Mann mit einer Steuerleine in der Hand. Wenn er daran zog, richtete sich die stumpfe Öffnung der Birne auf den weißglänzenden Rücken des Geschosses. Der ungewöhnliche Reiter hatte einen langen, schwarzen Mantel an, trug dunkle Augengläser und zeichnete sich trotz der beträchtlichen Entfernung deutlich gegen die milchigen Scheiben des Daches ab.
    „Wir durchleuchten den Panzer mit Röntgenstrahlen, um innere Beschädigungen festzustellen“, erklärte der Ingenieur. Die Jungen gingen, manche mit halboffenem Mund, an der Rakete entlang und starrten sie so überwältigt an, daß einer von ihnen mit einem vorübereilenden Arbeiter zusammenstieß und ein anderer beinahe unter die Räder eines Elektrokarrens geraten wäre.
    Der „Kosmokrator“ lag etwas schräg geneigt. Inmitten des Gitterwerkes von Trägern, Aluminiumgerüsten, herabhängenden Leinen, vom Lärm der Fahrzeuge und der Menschenmenge umgeben, wirkte er wie ein seltsamer Gast aus einer anderen Welt. Sein Rumpf ging hinten in vier scharfgeschnittene Flossen über. Die unterste war so groß wie die Wand eines mehrstöckigen Hauses und berührte fast den Boden der Halle. Die Jungen reckten die Hälse und betrachteten neugierig die Düsen der Motoren, die zwischen den vier mattsilbernen Steuerflächen mündeten. Es schien, als könnte jeden Augenblick aus diesen dunklen Öffnungen die furchtbare Flamme glühender Atome hervorschießen und die Rakete mit einem Ruck durch das dünne Glasdach schleudern.
    Einige der Jungen wichen zurück, andere stellten sich auf die Zehenspitzen und versuchten, in das Innere der jetzt so ohnmächtigen Schlünde zu sehen. Diese waren von dicken Wülsten fleckenlosen, glatten Metalls umgeben, die nur an einigen Stellen Spuren der furchtbaren Hitzeeinwirkung in Form von feinen, parallel verlaufenden Streifen trugen.
    Der Ingenieur stand da, die Hände in den Taschen der Kombination vergraben, und schwieg noch immer. Hier an dieser Stelle arbeiteten besonders viele Menschen. Ein junger Bursche saß in einer fahrbaren Kabine, von der aus dicke Kabel nach verschiedenen Seiten liefen. Er lenkte die Bewegungen des Montagegerüstes hoch oben, an der obersten Flosse.
    Die Jungen vermochten sich nicht loszureißen. Immer wieder betrachteten sie von einer anderen Seite die riesigen Steuerflächen, die wie die Schwanzflossen eines vorsintflutlichen Ungeheuers aussahen. Einer von ihnen, der kleinste, schien nicht übel

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