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Der Planet des Todes

Der Planet des Todes

Titel: Der Planet des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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vorhin den kleinen Kreis bemerkt, den ich im Mittelpunkt der Rakete eingezeichnet habe?“ Der Ingenieur zog den Notizblock aus der Tasche und zeigte den Jungen die Querschnittskizze der Rakete.
    „Das ist ein langes Rohr, das durch das ganze Raumschiff von der Zündkammer bis zur Spitze führt. Durch dieses Rohr wird ein Teil der Atomgase geschleudert Der Rückstoß, der dadurch ausgelöst wird, bremst die Vorwärtsbewegung des Schiffes ab.“
    „Was nun, wenn der Prädiktor einmal versagt?“ fragte der Knirps, der seine Verwirrung bereits überwunden hatte.
    „Der Prädiktor ist gesichert“, entgegnete der Ingenieur. Aber der Junge gab sich noch nicht zufrieden.
    „Und wenn die Sicherungen versagen?“
    „Das ist ganz und gar unwahrscheinlich.“
    „Aber möglich! Und was geschieht dann?“ Der Kleine bestand hartnäckig auf eine Antwort. Soltyk runzelte zuerst die Stirn, als wollte er sagen: Langweile mich doch nicht mit deiner Fragerei, doch er mußte schließlich lächeln. „Willst du es unbedingt wissen?“ fragte er. „Nun, dann kommt mit.“
    Sie betraten wieder den dreieckigen Gang und gelangten zu der Station für die Schleusenbedienung. Anstatt aber nach rechts einzubiegen, wo der Korridor nach außen führt, öffnete der Ingenieur eine Metalltür in der Wand. Über eine kleine Leiter stiegen sie zum Oberdeck hinauf. Der Schacht, durch den sie gekommen waren, öffnete sich inmitten eines engen Laufsteges zwischen zwei langen, senkrechten Wänden. Diese Metallgasse zog sich hin, so weit der Blick reichte. Sie war in gleichmäßigen Abständen von profilierten Trägern überbrückt und ähnelte dem Magazin eines großen Industrieunternehmens.
    „Wir befinden uns in den Laderäumen“, sagte der Ingenieur und wandte seine Schritte dem Heck der Rakete zu. Einer der Jungen blickte nach oben und stieß einen Ruf des Erstaunens aus. Über ihren Köpfen, in einer Höhe von fünf Metern, verlief ein anderer Steg, dessen Geländer jedoch abwärts gerichtet war und so den Eindruck einer Spiegelung erweckte.
    Der Ingenieur blieb stehen. „Während des Fluges, wenn sich der ,Kosmokrator‘ um seine Achse dreht, benutzen wir diesen Gang dort. Ihr erinnert euch doch noch an meine Skizze?“
    „Da geht man also mit den Beinen nach oben? Dreht sich denn da nicht alles im Kopfe?“
    „Keineswegs! Diese Umdrehungsbewegung empfindet man überhaupt nicht. Man spürt wie gewöhnlich den Boden unter den Füßen, weiter nichts.“
    „Und wenn beim Start jemand wäre, wo wir jetzt sind, was dann?“ „In dem Augenblick, da sich die Rakete dreitausend Kilometer von der Erde entfernt hat, beginnt sie zu rotieren. Wenn jemand hier stünde, würde er kopfüber auf den oberen Steg fallen. Da aber die Umdrehungen anfangs sehr langsam sind, würde ihm nichts weiter geschehen. Es wäre eher ein langsames Schweben als ein Fall.“
    „Das bedeutet also, daß oben unten wird und unten oben?“ „Natürlich.“
    Sie gingen weiter. Einige Laderäume waren bereits bis an den Rand vollgepackt, in anderen waren einige Leute damit beschäftigt, alle Gegenstände mit Spezialgurten an Griffen und Schnallen festzuzurren. Ohne den Schritt zu verlangsamen, warf der Ingenieur den Jungen einige erklärende Worte zu.
    Sie kamen an den Lebensmittelspeichern vorbei. Im Halbdunkel zeichneten sich ganze Stapel von Fässern, Säcken und Kisten ab. Der nächste Raum enthielt Medikamente, Chemikalien und Apparate. In den Kühlräumen lagen Gefrierfleisch, tiefgekühltes Gemüse und Obst. Man konnte glauben, daß sämtliche Erdteile in der Rakete wie in einer Arche Noah ihre Erzeugnisse angehäuft hätten. Alles war vorhanden: Zelte und Schlafsäcke, Spektroskope, Fernrohre und Seismographen, Ballen verschiedener Stoffe, ganze chemische Laboratorien, Barographen und Kinetheodoliten, ballistische Kameras, Vitamine, Samen der verschiedenartigsten Gewächse, Ampullen mit Fett und synthetischem Eiweiß, Bohrmaschinen, Kompressoren, Drehbänke, Sprengstoffe, Flaschen mit komprimierten Gasen, Ersatzgeneratoren, Metallvorräte, Bleche, Drähte, Kabel, Werkzeug, leichte Legierungen, Glas- und Porzellangefäße, Stahltrossen und Leinen, Motorenteile, Radioröhren, Radarantennen und tragbare meteorologische Stationen.
    Die Jungen gingen schon fast gleichgültig an diesen vollgestopften Räumen vorüber und reagierten selbst auf die unerwartetsten Erläuterungen kaum noch. Verblüfft waren sie aber, als der Ingenieur auf die halboffene Tür eines

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