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Der Planet des Todes

Der Planet des Todes

Titel: Der Planet des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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spitze Seite zu, aus deren Ende sich das Drähtchen hervorschob, und dann vernahm ich in den Kopfhörern jene abgerissenen Töne. Das wiederholte sich jedesmal. Was sollte es bedeuten? Wollte mir das kleine Geschöpf etwas mitteilen? Und die anderen, die in der glasigen Masse erstarrten, waren sie tot? Ich stand völlig ratlos da. Wenn ich in diesem Augenblick wenigstens einen meiner Gefährten zur Seite gehabt hätte! Es brachte mich zur Verzweiflung, daß ich so gar nichts von alledem begriff. Ich nahm mein Taschenmesser heraus und legte es dicht neben das silbrige Tröpfchen. Es schien ihm keinerlei Beachtung zu schenken. Ich wandte den Kopf ab und schielte nur aus den Augenwinkeln hinüber. Es erstarrte. Ich entfernte mich einige Schritte. Es rührte sich nicht. Dann trat ich wieder näher und ließ es dabei nicht aus den Augen. Wieder schob es sein blinkendes Drähtchen vor, die Spirale bewegte sich, und in den Hörern klang das abgerissene Pfeifen. Hol es der Teufel!
    Ich streckte die Hand aus – der Pfeifton verstärkte sich. Trotzdem nahm ich es zwischen die Fingerspitzen. Nichts geschah. Ich hielt es dicht an die Scheibe des Helmes – der Pfeifton wurde höher. Ob das kleine Geschöpf vielleicht auf diese Weise seine Unzufriedenheit äußerte?
    Ich zog eine flache Metallschachtel aus der Tasche, warf es hinein und klappte den Deckel zu. Im Nu hörte das Pfeifen in den Hörern auf. Die Metallwände der Schachtel schirmten die elektromagnetischen Wellen ab; soviel begriff ich. Mit einem Gefühl, als trüge ich eine auf unbekannte Stunde eingestellte Höllenmaschine bei mir, machte ich mich auf den Rückweg. Nach zwanzig Minuten war ich beim Flugzeug. Sofort setzte ich mich an den Radioempfänger. Aber der Äther war leer – nur aus der Nähe kam dichtes Knattern. Seit der Landung waren vier Stunden vergangen; ich verspürte Hunger. Als ich schon die Kabine schließen wollte, kam mir der Gedanke, den Venusbewohner noch einmal zu betrachten. Ich öffnete die Schachtel und blickte hinein. Genau wie vorher erzitterte das kleine Wesen, schob das Drähtchen vor, und in den Hörern erklangen abgerissene Signale. Ich weiß selbst nicht recht warum – es ist eine geradezu schamhafte Stelle in meinen Erinnerungen –, ich hatte keine Lust, die Stärkung sozusagen unter den Augen des fremden Geschöpfes zu mir zu nehmen. Ich legte also die Schachtel auf die Tragfläche, schloß die Kabine, reinigte sie mittels verdichteten Sauerstoffs von der vergiftenden Atmosphäre und machte mich dann über meine Vorräte her. Meine Mahlzeit wurde gestört, als aus der Ferne ein langgezogener Ton herüberdrang, der zeitweise heller wurde und dann wieder schwand. Natürlich, ja, das war der „Kosmokrator“! Ich warf das offene Päckchen beiseite, spähte in die Höhe und schaltete auch schon den Starter ein. Der Motor sprang an. Noch war nichts zu sehen; aber das feine Singen wurde zum gleichmäßigen Brausen und verstärkte sich von Sekunde zu Sekunde. Plötzlich zerteilte sich die blendendweiße Wolkendecke, und aus dem Hintergrund tauchte die Rakete auf. Ich schrie in das Mikrophon und gab gleichzeitig Vollgas. Eine unendlich lange Zeit schien zu verstreichen, bevor sich das Flugzeug vom Boden löste. Endlich! Ich riß es empor, so steil ich nur konnte; um ein Haar wäre ich abgeschmiert. Aber ehe ich richtig zu steigen begann, war der „Kosmokrator“ seitlich vorbeigeflogen und entfernte sich bereits wieder. Mit weit aufgerissenen Augen starrte ich auf die Rakete. Gleich mußte sie wieder in den Wolken verschwunden sein. Sie flog in gerader Richtung weiter. Die Wolken ballten sich zusammen und wirbelten durcheinander, wenn die Auspuffgase sie trafen. In den Hörern war noch immer nichts als Knattern zu vernehmen. Krampfhaft umspannten meine Hände den Steuerknüppel. Der Motor tat sein möglichstes – umsonst –, der „Kosmokrator“ wurde kleiner und kleiner und verschwand schließlich in dem milchigen Dunst.
    Fast im selben Augenblick erklang in den Hörern ein Ton wie von einer zurückschnellenden Feder, und eine Flut von Worten und die kurzen Rufsignale der Rakete, dazu das Knistern des Stromes drangen an mein Ohr. Und dann die Stimme Soltyks – so klar und deutlich, als ob er aus einer Entfernung von zwei Schritt zu mir spräche.
    „Auf welcher Seite ist die geringere Strahlung?“
    „Auf der linken“, antwortete ihm Arsenjew, „bei ungefähr acht Kilometern.“
    „Ingenieur Soltyk!“ rief ich so laut, daß

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