Der Planet des Todes
Minute, und die Wolke über mir verdunkelte sich. Ich brauchte nicht mehr auf den Radarschirm zu starren. Aus der weißen Tiefe des Raumes tauchte der Rumpf des Geschosses auf.
„Ich sehe euch!“ rief ich und kontrollierte dabei die Angaben der Meßinstrumente. „Eins Strich acht!“
„Eins Strich acht ist“, antwortete Soltyk. „Achtung! Wir schalten auf HT um!“
HT bedeutet „Hilfstreibstoff“. Während des Übernahmemanövers wurde die Rakete nicht durch die Atommotoren angetrieben, da das Flugzeug in den Strom ihrer Rückstoßgase kommen konnte, und das wäre gleichbedeutend mit einer Katastrophe gewesen. Deshalb benutzte man den Hilfstreibstoff, ein Gemisch von Wasserstoff und Sauerstoff.
Das rhythmische Getöse der Raketenmotoren ging in einen hohen, klagenden Ton über. Die Kompressoren der Reaktionsturbinen heulten auf. Vorsichtig zog ich den Steuerknüppel hoch. Der riesige, gewölbte Bauch des „Kosmokrator“ warf bereits seinen kühlen Schatten auf mich. „Sechs Zehntel.“
„Sechs Zehntel ist.“
Nun mußten Kurs und Geschwindigkeit des Flugzeuges und der Rakete haargenau übereinstimmen. Mit äußerster Spannung verfolgte ich den Zeiger der Meßinstrumente und verstellte den Gashebel Millimeter um Millimeter. „Null! Achtung! Null!“
„Null ist.“
Der „Kosmokrator“ hing dicht über mir. Ich vermeinte nur die Hand ausstrecken zu müssen, um die mattsilbernen Platten des Panzers zu berühren. Ein dumpfes Poltern … zu beiden Seiten fielen die Klappen herunter, die Ladeluke stand offen, und das Flugzeug wurde von dem magnetischen Feld emporgezogen.
In dem Augenblick, wo es dunkel um mich wurde, stellte ich den Motor ab. Die Verschlußklappen rasselten. Noch ein Anschlagen von Metall an Metall, und die Dorne der elastischen Gurte hatten die Last der Maschine aufgefangen. Ich hörte das durchdringende Zischen der komprimierten Luft, die die Atmosphäre des Planeten aus der Schleuse blies. Dann verstummte alles, und die Lampen leuchteten auf.
Die Korkenzieherregel
Eine knappe Stunde später befand sich die Rakete über dem See. Wir gingen tiefer, die Berge wuchsen an, die dunkle Oberfläche des Sees wurde immer größer. Plötzlich zischte und brodelte das Wasser, von den Atomgasen erhitzt, auf. Der „Kosmokrator“, der eine weiße, schaumartige Spur hinter sich gelassen hatte, schwamm noch einige Hundert Meter weiter, bis er still lag, von den Wellen kaum merklich gewiegt.
Als die Motoren verstummt waren, forderte mich Arsenjew auf, in die Gemeinschaftskabine zu kommen, um über den Erkundungsflug Bericht zu erstatten. Ich war überzeugt, daß meine Entdeckung entscheidend für den weiteren Verlauf der Forschungen sei und daß wir uns unverzüglich zum Toten Wald begeben würden, um nach den metallenen Ameisen zu suchen. Den kleinen Gefangenen hatte ich leider durch meine Unachtsamkeit verloren. Beim Start war er samt der Blechschachtel von der Tragfläche heruntergeweht worden.
Als ich mit meinem Bericht zu Ende war, entstand ein kurzes Stillschweigen; dann sagte Arsenjew: „Sie haben mich enttäuscht. Urteilen Sie bitte nicht danach, daß dieses Abenteuer glücklich ausgegangen ist. Man kann nur hoffen, daß es tatsächlich der Fall sei; denn bis jetzt wissen wir noch nicht, wie groß die Dosis an Strahlung ist, die Ihr Organismus in sich aufgenommen hat. Diese Eskapade in die Tiefe des Toten Waldes war mehr als Leichtsinn, sie war ein Verbrechen. Sie haben kein Recht, Ihr eigenmächtiges Vorgehen mit Ihrem möglichen Tod zu entschuldigen. Sie wollten Ihre Wißbegierde befriedigen, ohne auf die Gefahr zu achten. Sie handelten so, als ob durch einige Stunden Verlassenheit Ihr Verderben bereits zur unabwendbaren Tatsache geworden wäre. Das, was Sie taten, war wohl ein Beweis von Mut; aber Mut, der nicht von Vernunft und Verstand unterstützt wird, taugt nicht viel. Wenn ein jeder von uns auf eigene Faust herumstöbern wollte, so würde unsere Expedition bald ein schlimmes Ende nehmen. Haben Sie etwas darauf zu erwidern?“
„Nein.“
„Ich sage das alles in Gegenwart der Gefährten“, fuhr Arsenjew in milderem Ton fort, „damit wir in Zukunft nicht ähnliche Fehler begehen. Ein Risiko ist uns nur im Falle einer unbedingten Notwendigkeit gestattet. Sollte diese eintreten, so könnt ihr sicher sein, daß ich von euch und von mir das Letzte fordern werde. So, und nun wollen wir nicht mehr darüber reden. Ich möchte eure Vorschläge hören, was wir beginnen
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