Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Poliziotto tappt im Dunkeln (German Edition)

Der Poliziotto tappt im Dunkeln (German Edition)

Titel: Der Poliziotto tappt im Dunkeln (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uli T. Swidler
Vom Netzwerk:
er. «Wir müssen ihn fassen. Je früher, desto besser.»
    Antonia ging eine Weile schweigend neben ihm her. Plötzlich fasste sie Roberto am Arm und lächelte ihn an. «Du hast mich überzeugt, Roberto, lass mich noch schnell eine Sache erledigen, dann können wir mit den Vorbereitungen beginnen.»
    Ohne seine Reaktion abzuwarten, eilte sie mit flinken Schritten los, verschwand im Aufzug und ließ einen zutiefst erstaunten Roberto zurück. Er konnte sich nicht erinnern, je in seinem Leben von Antonia körperlich berührt worden zu sein. Noch irritierender war ihr zweimaliger Meinungsumschwung innerhalb einer Minute. Und wieso hatte sie plötzlich so eine prächtige Laune?
    Roberto ließ ihr nur einen kleinen Vorsprung, bevor er in seinen Topolino stieg und ihr folgte. Es war nicht nötig, einen besonders großen Abstand zu halten. Antonia war eine derart unsichere Fahrerin, dass sie voll und ganz damit beschäftigt war, die Straße vor sich im Blick zu halten, sie würde garantiert kein einziges Mal in den Rückspiegel sehen. Sie rollte auf der Viale Giuseppe di Vittorio in Richtung Süden, bog hinter dem zweiten Kreisverkehr in die Via Urbinate ein, um gleich nach ein paar Metern die kleine Stichstraße rechts hochzufahren.
    «Na bitte, wusste ich’s doch», flüsterte Roberto.
    Dort oben gab es nur ein einziges Haus: das von Stefano Papalardo, dem Notar, der für die Firma Toggi s.r.l. die Pachtverträge einsammelte, die nötig waren, um dreißig Windräder auf dem Monte Cesane zu installieren.

    Stefano Papalardo lehnte es kategorisch ab, Roberto irgendwelche Informationen über Dokumente seiner Klienten zu geben. Doch nachdem Roberto die Hintergründe der Geschichte geschildert hatte, eine langwierige Sache, weil Papalardo akribisch nachfragte, verschwand der Notar nach einer kurzen Denkpause aus seinem Büro, um, wie er sagte, einige kleine Besorgungen von leicht einer halben Stunde Dauer zu machen. Rein zufällig ließ er die Mappe mit der Aufschrift «Toggi/Windpark» in sehr exponierter Lage mitten auf dem Schreibtisch liegen.
    Sehr umfangreich war sie nicht. Roberto fand darin alle Pachtverträge, die Toggi s.r.l. brauchte, um mit dem Bau des Windparks zu beginnen. Zuoberst der eben erst von Antonia unterschriebene. Sein Gefühl hatte ihn also nicht getrogen. Jetzt erklärte sich auch, wieso Antonia sich plötzlich doch bereit erklärte, den Lockvogel zu machen: Es würde weder ihr noch ihrer Oma irgendetwas passieren, denn Sergio hatte ja sein Ziel erreicht. Die letzten drei Gegner des Windparks, Ruggero Grilli, Ernesto Quatriglio und Antonia Del Vecchio, hatten ihren Widerstand aufgegeben, Sergio konnte sich zurücklehnen und jedes Jahr dreißigtausend Euro einstreichen, ohne einen Finger krümmen zu müssen. Es gab keine Zeugen, die ihn identifizieren konnten, und der einzige Mensch, der ihn ohne Verkleidung erlebt hatte, war Franco, der jedoch unter dem Einfluss der halluzinogenen Indianerdroge einen Golem gesehen zu haben meinte. Was Sergio klug genutzt hatte, um eine regelrechte Hysterie in Urbino zu erzeugen, ein perfektes Ablenkungsmanöver.
    Roberto blätterte weiter in der Mappe. Sehr interessant waren auch die Briefe, die die Firma Toggi an die Grundbesitzer verschickt hatte, in denen sie ihnen entweder eine erstaunlich großzügige Pacht angeboten oder mit einem Enteignungsverfahren gedroht hatte. Roberto konnte sich sehr gut vorstellen, wie die meisten sofort unterschrieben hatten, einerseits weil es sich um einfache, obrigkeitsfürchtige Bauern handelte, die von der offiziellen Aufmachung und der endlosen Reihe aufgezählter Paragraphen verunsichert waren, andererseits weil es sich bei den Landstücken fast ausschließlich um schlecht zugängliche Parzellen auf den Gipfeln kleiner Hügel handelte, die ohnehin zur landwirtschaftlichen Bewirtschaftung nicht taugten. Wahrscheinlich hatten sich viele sogar die Hände gerieben über das schöne Sümmchen für unbrauchbares Land. Lediglich Sergios Parzellen waren als wertvolles Agrarland ausgewiesen, was erklärte, warum sein Pachtgeld mit Abstand das höchste war. Neben der Tatsache, dass er deutlich mehr Land zur Verfügung stellte als die anderen.
    Roberto klappte die Mappe zu. «Toggi/Windpark» – zwei Worte, sachlich und in aller Kürze beschreibend, worum es ging: um dreißig riesige, hässliche Windräder, die man selbst aus fünfundzwanzig Kilometer Entfernung noch sehen würde. Roberto hatte sich nie groß Gedanken über erneuerbare

Weitere Kostenlose Bücher