Der Poliziotto tappt im Dunkeln (German Edition)
nieder.
«Was soll das denn für einer sein, eh?»
Toto hatte Mühe, sein vor Stolz zuckendes Gesicht wenigstens einigermaßen zu kontrollieren. «Ich war auf dem Grundbuchamt.»
«Ich bin begeistert, Toto, das haut mich um. Wo bleibt eigentlich mein Pecorino?»
«Ich dachte, vielleicht finde ich etwas im Zusammenhang mit der Synagoge und dem», er sah sich konspirativ um und flüsterte: «Tunnel.»
«Vom pane pizza seh ich auch nichts.»
Toto stellte ein Glas vor Roberto, und in seiner Aufregung goss er deutlich mehr ein, als die 0,2-Liter-Markierung vorsah.
«Willst du mir einen Trichter geben?», fragte Roberto. «Dann gieß ich wieder etwas zurück in die Flasche.»
Toto registrierte den Sarkasmus nicht, hob sein Laptop auf die Theke und drehte es zu Roberto hin. «Was siehst du da?»
Roberto versuchte, sein Erstaunen zu verbergen, und sagte: «Eine alte Karte von Urbino.» Aber, zum Teufel, was er eigentlich sah, war dieselbe Karte aus dem 16. Jahrhundert, die dieser verdammte Thilo Gruber ihm gezeigt hatte mit dem Tunnel, durch den er gestern Nacht mit dem Teutonen gekrochen war.
«Da siehst du den Tunnel eingezeichnet, der von der Synagoge wegführt. Ein Fluchttunnel, nehme ich einmal an.» Toto rückte jetzt ganz nah an Roberto heran, was leicht absurd wirkte angesichts der Tatsache, dass außer ihm, Toto und Franco niemand sonst im Raum war, und flüsterte: «Im Text unter der Karte findest du eine Anweisung, wie man in den Tunnel hineinkommt. Kannst du Latein, Roberto?», fragte Toto mit einem unüberhörbar höhnischen Unterton und vergrößerte den Bildausschnitt, sodass man den Text lesen konnte.
«Selbstverständlich», erwiderte Roberto und versuchte sich an Grubers Worte zu erinnern.
Toto grinste ihn an, und sein Gesicht sagte nichts anderes als: Jetzt hab ich dich, du Wurm, wenn einer kein Latein kann, dann du, Poliziotto!
Roberto nahm genüsslich einen großen Schluck Pecorino, sah Franco an, der den Kopf schüttelte: Nein, ich kann’s nicht übersetzen, dann Toto, dem der Triumph aus allen Poren triefte. «Also, ich übersetze mal frei: ‹Finde die Platte, so groß wie die Hand eines Kindes, und drücke sie nach unten.›»
Toto sackte ein wenig in sich zusammen. «‹Drücke sie mit einer schnellen Bewegung nach unten› steht da.»
Roberto schüttelte grinsend den Kopf. «Toto, Toto, was bist du bloß für ein Korinthenkacker.»
Frustriert schlurfte Toto zu der immer noch defekten Glasvitrine und holte ein pane pizza heraus.
«Auf dem Grundbuchamt hast du sie also gesehen, die Karte?», fragte Roberto.
«Sie hängt im Büro von Donato Cattegna. Es handelt sich um eine Kopie. Das Original befindet sich im Museo Archeologico Nazionale in Ancona. Cattegna hat sie aufgehängt, weil er sie schön findet. Aber er kann kein Latein.»
«Hast du ihm den Text übersetzt?»
Toto schüttelte kraftlos den Kopf.
«Hast du irgendwem von deiner Entdeckung erzählt?»
Wieder schüttelte er den Kopf.
«Dann belass es dabei, Toto. Es gibt nur drei Menschen, die von dem Tunnel wissen. Du, ich und der Täter», sagte Roberto und unterschlug der Einfachheit halber Thilo Gruber und Franco, der gespannt zugehört hatte.
«Schöne Karte, Donato», sagte Roberto und zeigte auf die eingerahmte Kopie an der Wand.
«Nicht wahr?», sagte Donato Cattegna und blätterte weiter in dem riesigen, staubigen Folianten, der seinen halben Schreibtisch bedeckte.
«Sag mal, wer hat sich kürzlich für die Karte interessiert?»
«Toto Scaglioni», murmelte der Beamte.
«Und sonst?»
«Einer, dessen Namen ich vergessen habe. Vor ein paar Wochen.»
«Und was wollte der?»
«Die Besitzer einiger Parzellen auf dem Monte Cesane ermitteln.»
Ein Blitz durchzuckte Roberto. Jetzt habe ich dich, Sergio, dachte er, gleich ist es vorbei mit dem Versteckspiel.
«Kennst du Sergio Bonasera? Der früher den Nachtclub Purgatorio unten im ehemaligen Bahnhof hatte?»
Donato Cattegna warf Roberto einen Blick voller Abscheu über den Rand seiner Lesebrille zu. «An solchen Orten verkehre ich nicht.»
«Na komm, ein bisschen tanzen, Frauen anbaggern, ein bisschen Spaß haben», ärgerte Roberto ihn. Seine Laune stieg sekündlich, der Fall war so gut wie gelöst, und zu seinem eigenen Erstaunen empfand er sogar eine gewisse Freude bei dem Gedanken, in Kürze wieder zu seinen zwar unmenschlichen, aber dennoch angenehm unspektakulären Dienstplänen bei der Polizia Municipale zurückzukehren. «War das ein großer, hagerer
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