Der Poliziotto tappt im Dunkeln (German Edition)
beiden –»
«Emanuele und Fosco Santi.»
«Richtig. Die Namen tauchen auch im Zusammenhang mit der Imperto Holding S.p.A. mit Sitz in Neapel auf.»
Roberto roch ausgiebig an dem Falerio, bevor er einen Schluck nahm. «Na und?»
«Die Imperto Holding hat vor über zehn Jahren zig Millionen aus Brüssel für den Bau zweier Müllverbrennungsanlagen kassiert. Von der einen gibt es nicht mehr als ein Betongerippe, für die zweite existiert nicht einmal das nötige Bauland. Die Sache ist gewaltig, Roberto! Jeder weiß es, aber es gibt keine Anklage, nichts.» Totos Augen glühten. Er griff nach der Weinflasche und füllte sein Glas erneut, nicht bis zur 0,2-Liter-Markierung wie in seiner Bar, sondern bis an den Glasrand. «Die Santi-Brüder vagabundieren seit Jahren durchs Land, gründen Firmen in unterschiedlichen Regionen und grasen Subventionsgelder ab für Projekte, die entweder nicht realisiert werden, oder, wenn Kontrolleure aus Brüssel zu penetrant werden oder italienische Staatsanwälte nachhaken, dann rotzen sie irgendwas hin. Zum Beispiel gibt es in Palermo einen kleinen Hochstraßenabschnitt als Teil eines Autobahnprojekts. Den haben sie in aller Eile hochgezogen, aber an allem gespart, Zement, Eisenarmierung, die für die Statik nötigen Querträger. Und was war? Gleich am Tag der Eröffnung ist ein Lkw eingebrochen, seitdem ist die Hochstraße gesperrt, sie wird nicht weitergebaut, aber das Geld ist weg, versickert, verschwunden. Und die Anklage wegen Veruntreuung wurde wieder eingestellt. Und Dank der Gesetzesänderung zu Berlusconis Zeiten ist inzwischen alles verjährt. Ah!»
Umberto balancierte zwei Teller mit den conigli in porchetta , gedünstetem Fenchel und Rosmarinkartoffeln. Toto griff nach Messer und Gabel.
«In den Abruzzen haben sie einen Windpark gebaut», fügte er hinzu, ohne die Teller aus den Augen zu lassen. «Mit ausgemusterten Windrädern, die mittlerweile alle kaputt sind. Niemand repariert sie, dafür ist kein Geld da, und auch hier ist das gesamte Subventionskapital weg.»
Umberto servierte. «Wovon redet ihr?»
«Umberto. Diskretion. Va bene? » Roberto signalisierte dem padrone , sich zu verkrümeln. «Hier laufen Ermittlungen.»
«Was hat Toto denn angestellt?», fragte Umberto.
«Verschwinde! Sonst werde ich ungemütlich.»
Umberto hob beschwichtigend beide Hände und trollte sich. Bis zu einem gewissen Maß und sicherlich mehr als andere konnte er Roberto ärgern und auf die Nerven gehen, schließlich war La Cerqua Robertos Stammristorante und auf den Rechnungen, die der padrone selbstverständlich nicht in die Registrierkasse eintippte, gewährte er dem Poliziotto einen kräftigen sconto , aber auf der anderen Seite hatte er ein gutes Gespür dafür, wann er die Grenze überschritt, jenseits deren Roberto zu einem bußgeldeintreibenden Ekel wurde.
Roberto konzentrierte sich, um jetzt keinen Fehler zu machen. «Wir haben es also auf der einen Seite mit einer Firma zu tun, die neunzig Millionen Euro EU-Gelder nur behalten kann, wenn sie bis übermorgen alle für den Bau des Windparks benötigten, notariell beglaubigten Pachtverträge vorlegt. Und auf der anderen Seite mit drei Menschen, die dem im Wege standen, weil sie ihr Land nicht hergeben wollten: Ruggero Grilli, Ernesto Quatriglio und Antonia Del Vecchio.»
«So ist es», nuschelte Toto mit vollem Mund. «Erstklassig, dieses coniglio .»
Das wiederum, dachte Roberto, bedeutete: Die Firma Toggi stand mit dem Rücken zur Wand und hatte als letztes Mittel einen Profi beauftragt, der wusste, wie man Menschen dazu brachte, ihre Meinung zu ändern. Er musste an Thilo Gruber denken und daran, was er über die Methoden einer Schutzgelderpresserbande in München erzählt hatte. Da hatte dieser verdammte deutsche Mistkerl doch tatsächlich in gewisser Weise recht gehabt.
« Il conto , Umberto!»
Der padrone kam herbeigeeilt und deutete vorwurfsvoll auf Robertos Teller. «Willst du mich beleidigen?»
«Pack es mir ein. Ich muss los.»
«Wenigstens probieren. Sonst lass ich dich nicht gehen.»
Toto zog Robertos Teller zu sich herüber. «Ich mach das für dich, Roberto.»
« Sei matto? », regte Umberto sich auf und riss Toto den Teller wieder weg. «Was soll er mit einer angebissenen porchetta , eh?»
«Gib sie ihm, Umberto.» Roberto erhob sich. «Und die Rechnung auch.»
Toto riss vor Schreck die Augen auf.
«War ein Scherz», sagte Roberto und warf einen Fünfzigeuroschein auf den Tisch.
Wenn stimmte, was
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