Der Poliziotto tappt im Dunkeln (German Edition)
Bett, und das war’s für heute.»
Franco sackte regelrecht in sich zusammen. «Aber du hast doch versprochen –», sein Blick wanderte hinüber zu Gruber, der auf einem Bein balancierte – Marco Bruglia, der Notarzt, hatte ihm keine Krücken mitgeben können; Mullbinden, davon gab es reichlich, aber Krücken? Keine einzige. «Thilo wollte doch für uns kochen und mir erzählen, was er über Opa herausbekommen hat.»
Gruber atmete schwer, einerseits angeschlagen und erledigt, andererseits fühlte er sich offenbar seinem Versprechen verpflichtet. Er wandte sich Roberto zu. «Hören Sie, Sie müssen doch auch etwas essen. Warum helfen Sie mir nicht beim Kochen?»
«Helfen?», fragte Roberto zurück. «Sie können doch nicht einmal ein Ei aufschlagen, ohne umzukippen.»
«Ich helfe», sprang Franco ein.
«Auf keinen Fall.» Vom Kochen verstand der Komponist und Musiker so viel wie Roberto von Stricken und Häkeln.
«Ich wollte etwas Deutsches machen», sagte Gruber. «Knödel halb und halb, eine Pilzrahmsoße und ein Schweinekotelett.»
«Was soll das sein, Knödel halb und halb?»
«Kartoffelklöße, die zur Hälfte aus eingeweichten panini bestehen.»
Roberto schüttelte sich. «Eingeweichte panini ?»
«Für mich klingt das gut», sagte Franco, eindeutig von Opportunismus getrieben.
Roberto warf einen flehenden Blick in den Himmel. Porca troia . «Wir gehen zu mir, und ich mache trippa alla marchigiana .»
«Kalbskutteln?», fragte Gruber mit unverhohlenem Ekel.
«In Streifen geschnittener Rindermagen mit frischen Selleriestauden, Karotten, geschälten Tomaten, würzigen Kräutern und Knoblauch. Noch Fragen?»
«Für mich klingt das gut», sagte Franco und ging in Richtung von Robertos rustico .
«Na, da bin ich gespannt», sagte Gruber und stützte sich mit einer Hand auf Robertos Schulter ab.
Porca zozza . Dass er diesem teutonischen Allesfresser einmal helfen würde, als Gast in sein Haus zu humpeln, hätte er niemals für möglich gehalten. Was für ein Niedergang, was für ein elender Abstieg.
«Vielleicht haben Sie ja noch eine Flasche von Ihrem unvergleichlichen Roten», sagte Gruber.
Auch das noch.
Als Erstes holte Roberto die gefrorene trippa alla marchigiana aus seiner Kühltruhe, auch eine der kostenlosen Gaben, die der einbeinige Giuseppe Ferri aus Sant’Eufemia ihm hatte zukommen lassen. Dessen Angst, dass Roberto es sich eines Tages anders überlegen und ihn doch bei der comune anschwärzen würde, war so groß, dass er sich von Zeit zu Zeit etwas Besonderes einfallen ließ, um den Poliziotto bei Laune zu halten, und trippa , das war etwas Besonderes.
Roberto warf den Eisklumpen in einen Tontopf, schob ihn in den Gasbackofen, entzündete die Flamme und drehte auf maximale Hitze. Eine halbe Stunde würde es mindestens dauern.
«Meine Knödel halb und halb mit Pilzrahmsoße und Schweinekotelett hätte ich frisch zubereitet», sagte Gruber mit süffisantem Lächeln.
«Eine trippa köchelt insgesamt fast fünf Stunden. Mit Schnippeln, Waschen und Schälen dauert es sechs», erwiderte Roberto so sachlich wie möglich.
«Oh», sagte Gruber.
Oh, wieso sagte ein erwachsener Mann eigentlich immer Oh? Egal, oberstes Gebot: auf keinen Fall ärgern, so schnell wie möglich die Sache abhaken und schlafen gehen. Roberto holte zwei Flaschen von seinem Sangiovese aus seinem Behelfsweinkeller, allerdings nicht den sensationellen 2005er. Der 2008er war gut genug und immer noch besser als alles, was Gruber anzubieten hatte. Als Roberto in die Küche zurückkehrte, spielte Franco gerade seine neue Komposition vor, wobei das kleine Keyboard erstaunlich gute Klänge von sich gab.
«Wunderbar!» Gruber klatschte Beifall. «Und das hast du heute erst komponiert?»
Franco strahlte. «Die letzten Tage war ich blockiert. Aber seit heute fließt es wieder.»
Täuschte er sich? Roberto meinte, einen Schatten über Grubers Gesicht ziehen zu sehen.
«Wie gehst du da vor? Wenn du komponierst? Ich habe von so was keine Ahnung.»
Roberto entkorkte die Flasche. Franco hasste Fragen wie diese, und mochte er sonst ein ruhiger, eher zaghafter Mensch sein, fragte man ihn, wie er denn zu seinen Ideen kam, wurde er augenblicklich unfreundlich und ruppig. Jetzt jedoch antwortete er freudig und schwärmerisch, besang die Kraft der Intuition und dass man als Künstler vor allem lernen müsse, dieser Kraft zu vertrauen, aber nichts von ihr zu erwarten, sonst verberge sie sich und käme überhaupt nicht zum
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