Der Poliziotto tappt im Dunkeln (German Edition)
Baronessa auf dem Beifahrersitz tief und selig schlief. So tief, dass sie sie nicht wach bekamen, als sie etwas später bei Talia vorfuhren. Die vier Schwestern bekamen fast einen Herzinfarkt, als Fidel ihre Oma hereintrug, und erst ihre entsetzten Schreie weckten die Baronessa wieder auf. Sie brauchte erstaunlich wenig Zeit, um wieder hellwach zu werden. Sie ließ sich auf einen Sessel setzen.
«Jetzt hört mir mal zu, meine Lieben», sagte sie streng, «und ich schicke vorweg, dass ich nach allem, was ich erlebt habe, nicht gedenke, mich unnötig aufzuregen. Wir sind hier in Urbino, in den Marken, und nicht in Palermo oder Neapel. Unsere Familie lebt seit Jahrhunderten hier und hat noch jedem Fürsten, jedem Papst und jedem ausländischen Aggressor und ja, auch den fusseligen Kommunisten getrotzt. Und ihr wolltet einer Mafia-Firma und deren Handlangern nachgeben? Ja, seid ihr denn noch bei Trost?»
Die vier schwiegen, irritiert von der Vehemenz ihrer Oma.
«Antonia, sieh Roberto nicht so böse an. Der Junge hat das einzig Richtige getan. Und zwar das, was ich von dir erwartet hätte.»
Antonia bekam rote Wangen. «Aber Oma, ich wollte dich doch nur schützen!»
«Dem Adel anzugehören bedeutet auch eine Verpflichtung. Ich möchte nicht, dass ihr das noch einmal vergesst.»
Malpomena, Raffaella, Antonia und Talia senkten betroffen ihre Köpfe.
«Welchen Sinn», fügte die Baronessa noch hinzu, «hat es denn, einen Erben in die Welt zu setzen, wenn die Del Vecchio neuerdings zu kneifen belieben?»
Roberto sah aus dem Fenster hinaus. Die Blicke der vier Schwestern waren ihm sicher. Er fragte sich, ob Malpomena sie über ihre bisherigen vergeblichen Versuche auf dem Laufenden hielt.
«Wie geht es jetzt weiter?», fragte die Baronessa.
Malpomena räusperte sich.
«Der Bote mit den Pachtverträgen konnte noch zurückgeholt werden», antwortete Roberto schnell, weil er befürchtete, dass Malpomena die Frage auf den Erben bezog. «Antonia hat sich angeboten, alle Informationen zu sammeln und für den Staatsanwalt aufzubereiten, damit nicht nur Fini wegen Mordes angeklagt werden kann, sondern auch die Firma Toggi wegen Anstiftung zum Mord und Subventionsbetrug. Morgen wird commissario Pretoro Galdroni zurückkehren und den Fall wieder übernehmen.»
Die Baronessa nickte. «Ich wünsche in mein Haus zurückzukehren. Talia, du wirst bei mir wohnen und mich versorgen, solange ich diesen furchtbaren Gips tragen muss.»
Talia zog ein langes Gesicht.
«Und zwar du allein, ohne deinen kubanischen Sklaven.»
Fidel grinste, er mochte den etwas rauen Humor der Baronessa.
«Dir, Roberto, möchte ich ganz besonders danken. Ich muss sagen, ich habe mich, seit du ein kleiner Junge warst, nicht in dir getäuscht.» Sie lächelte knapp. «Wobei ich der Meinung bin, dass du im normalen Leben ruhig einen Zahn zulegen könntest. Vermittele ich dir damit ein Bild, mit dem du etwas anfangen kannst?»
«Ich denke schon, Baronessa», erwiderte Roberto, allerdings nur um keine Missstimmung aufkommen zu lassen. Im Gegenteil, dachte er, in Zukunft werde ich die Dinge entschieden ruhiger angehen. Wieso muss ich eigentlich immer Galdronis Fälle lösen? Es gab schließlich einen guten Grund, warum er als Poliziotto bei der Polizia Municipale arbeitete, und der war das exakte Gegenteil von ‹einen Zahn zulegen›.
«Und jetzt verordne ich uns allen Ruhe und frühen Schlaf. Talia, pack schon mal das Nötigste ein für die nächsten Tage. Und damit meine ich weder Lippenstift noch dein alle Menschen betäubendes Parfum. Von dir, Roberto», sie streckte den unbegipsten Arm aus, «verabschiede ich mich und danke dir ein letztes Mal von Herzen für deinen Mut.» Sie drückte ihn, schloss die Augen und entließ ihn mit einem aristokratischen Winken.
Roberto parkte den Jeep auf einem der für die Dienstwagen der Polizia Municipale vorgesehenen Parkplätze im Corso Garibaldi. Morgen konnte Galdroni sich ja um Spurensicherung und den ganzen Kram kümmern, für ihn war ab diesem Moment seine Arbeit für die Polizia di Stato erledigt. Obwohl seine Müdigkeit kaum größer sein konnte, fühlte er sich leicht und beschwingt. Er hatte innerhalb von vier Tagen einen Mörder überführt, hatte einen Subventionsbetrug von schwindelerregendem Ausmaß ans Licht gebracht und hatte der Baronessa das Leben gerettet. Was für eine Bilanz! Eine perfekte, wäre da nicht das klägliche Versagen mit Malpomena gewesen.
Roberto verdrängte diesen peinlichen
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