Der Poliziotto tappt im Dunkeln (German Edition)
Gedanken sofort wieder. Er betrat die Wache im Palazzo del Legato Albani und ging hinauf in den ersten Stock. Ohne anzuklopfen, betrat er Cottellis Büro, der mit einer Lesebrille auf der Nase über einem Berg von Papieren gebeugt an seinem Schreibtisch saß.
«Seit wann brauchst du denn eine Lesebrille, Cottelli?»
«Was fällt dir ein?», brauste Cottelli auf. «Seit wann betritt man das Büro eines Vorgesetzten, ohne anzuklopfen?»
«Warum bist du nicht zu Hause bei deiner Frau?», fragte Roberto scheinheilig zurück und warf Cottelli den Autoschlüssel des Jeeps zu. Der griff ins Leere, und der Schlüssel prallte gegen seine Brust.
«Was soll das?»
«Der Mörder sitzt in der Zelle, der Fall ist gelöst. Der Wagen des Täters steht draußen. Galdroni kommt morgen zurück, der kümmert sich um alles Weitere.»
Cottelli brauchte ein paar Sekunden. «Ich will alle Einzelheiten wissen, sofort!»
Na klar, dachte Roberto, damit du morgen früh vor deinem Journalisten-Kumpel behaupten kannst, den Fall praktisch im Alleingang gelöst zu haben. «Nix da, ich gehe nach Hause und schlaf die nächsten zwölf Stunden.»
«Nix da? Nix da?» Cottellis Stimme kippte ins Hysterische. «Ich werde dir eine Abmahnung wegen Insubordination erteilen!»
«Geht nicht», erwiderte Roberto und winkte zum Abschied. «Noch arbeite ich nicht wieder für dich.» Natürlich war es äußerst unklug, Cottelli derart zu reizen, aber Roberto konnte einfach nicht anders, da war eine penetrante kleine Stimme in seinem Kopf, die ihn geradezu gegen seinen Chef aufwiegelte. Er ließ Cottelli toben und brüllen, schloss die Tür wieder, ging zu seinem Schreibtisch zwei Räume weiter und tauschte die salsiccia piccante aus seinem Gürtel gegen die MagLite aus. Er hatte sich doch dagegen entschieden, die Wurst an Osvaldos Hund zu verfüttern. Wenn er sie in sehr dünne Streifen schnitt, taugte sie durchaus noch als kleine Zwischenmahlzeit.
Osvaldo wartete schon mit Gruber in Antonias Lancia bei laufendem Motor auf der Piazza, natürlich verfügte die Chefin des Palazzo Ducale über eine Lizenz zum Einfahren in die Altstadt. Auf der Rückfahrt schwadronierte der camoscino in einem fort über seinen erheblichen Anteil an der Festnahme eines höchst gefährlichen Mafiakillers, was der Teutone mit erstaunlicher Geduld über sich ergehen ließ, selbst als Osvaldo wieder und wieder mit der Geschichte von vorne begann. Roberto hörte nicht hin. Er kannte seinen cugino , der war kein Mann der Worte, da er aber Ivana gegenüber seine Heldentaten nur mit Worten vermitteln konnte, übte er schon mal, die ganze Geschichte so flüssig herunterzuerzählen, dass Ivana nicht dazwischengehen konnte. Sie war ein ungeduldiger Mensch, und außerdem hasste sie es, wenn andere, vor allem Osvaldo, zu viel Aufmerksamkeit einforderten.
In Rombolina hatte sich ein zäher Nebel festgesetzt, deshalb bemerkte Osvaldo die Vespa, die vor seinem Haus parkte, zu spät und fuhr sie über den Haufen. Die Front des Lancia wurde hochgedrückt, und die Vorderräder drehten sich im Leeren.
«Na so was», sagte der camoschino und stellte den Motor ab. «Wem gehört die denn?» Misstrauisch stieg er aus.
«Das ist Francos», erwiderte Roberto, niemand sonst hatte seinen motorino derart mit Aufklebern zugepappt.
Die Eingangstür wurde aufgerissen, und Ivana kam herausgestürmt. «Ein Glück, du lebst!», rief sie und donnerte auf ihn zu. «Wo sind die anderen?», fragte sie, während sie ihn umarmte.
Armer Osvaldo, dachte Roberto. Wenn er das richtig einschätzte, meinte sie mit den ‹anderen› eigentlich Fidel. Der hatte seinerseits Roberto nach Ivanas Handynummer gefragt und dabei breit gegrinst und mit den Augenbrauen gewackelt. Natürlich hatte Roberto sie ihm nicht gegeben, Familie ist heilig, und Juan war nun einmal nur Sklave bei Talia. Aber so wie der Kubaner bei ihrer ersten Begegnung auf Ivana reagiert hatte, würde er nichts unversucht lassen, nicht nur an ihre Handynummer zu gelangen.
Franco erschien kurz darauf mit einem Mini-Keyboard unterm Arm. «Da seid ihr ja endlich», sagte er, ohne sich besonders um seine demolierte Vespa zu kümmern.
«Die mach ich», sagte Osvaldo. «Neuer Zylinderkopf, Vergaser aufbohren, die Übersetzung kleiner, dann geht die siebzig. Oder mehr.»
«Ich habe ein wunderschönes kleines Stück komponiert, Roberto!» Franco hatte dem camoscino gar nicht zugehört. «Willst du es hören?»
«Ein andermal, Franco. Ich leg mich jetzt ins
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