Der Poliziotto tappt im Dunkeln (German Edition)
tun?»
«Die von der Finanza sind viel zu blöd, um von alleine auf irgendwas zu kommen.» Osvaldo machte eine Geste für Zwitschern. «Außer sie bekommen’s gesteckt. Hör zu, ich muss.»
«Du musst nicht, du willst. Das ist ein Unterschied.»
Osvaldos Gesicht bewölkte sich etwas.
«Du meinst also, Ruggero hat Spartaco bei der di Finanza angeschwärzt?»
«Heißt es.»
«Wer sagt das?»
Osvaldo dachte nach. «Ruggero?»
«Wohl kaum.»
«Spartaco?»
«Warum soll der herumposaunen, wenn er Probleme mit der di Finanza hat, eh?»
«Hm.»
Roberto verspürte einen zunehmenden Unwillen. «Jetzt rück raus damit, cazzo !»
Osvaldos Gesichtszüge gerieten in Bewegung, und er begann, noch heftiger zu tänzeln. «Sergio. Hat mal was angedeutet.»
«Und warum machst du da so ein Riesending draus?»
«Mach ich doch gar nicht», sagte Osvaldo eindeutig nervös und warf seinen Zahnstocher weg. «Ich muss.»
Roberto hielt ihn an seiner Daunenjacke fest. «Und was weißt du über diesen Sergio?»
«Nichts. Der bringt keinen um. Ist nicht blöd, der.»
«Woher willst du das wissen, wenn du nichts über ihn weißt?»
Osvaldo dachte einen Moment nach, dann riss er sich los und flitzte zu seinem Haus.
«Grüß Ivana von mir!», rief Roberto ihm nach.
«Mach ich nicht», erwiderte Osvaldo und öffnete die Tür. Rotes Licht drang heraus. « Ciucciola, dove nasci-tu? » Osvaldo tastete sich hinein. Von drinnen drangen Geräusche heraus, die Roberto lieber nicht interpretieren wollte. Schnullerchen! 115 Kilo! Zum Glück klingelte sein Handy. Es war Malpomena.
«Wo bleibst du denn, Roberto?», schrie sie atemlos. «Wir warten schon seit einer halben Stunde!»
Porca miseria , er hatte die Verabredung vollkommen vergessen! Im Hintergrund hörte er durch das Handy ein unglaubliches Getöse. Wilde, aufgebrachte Stimmen, typisch für die Del-Vecchio-Schwestern, wenn sie, was selten geschah, allen aristokratischen Anstand fahrenließen und sich einfach nur noch wie Marktfrauen fetzten. «Bin auf dem Weg», sagte er und legte auf.
Leise schlüpfte er in sein Haus, auf keinen Fall wollte er Franco wecken, sonst würde der ganz sicher mitkommen wollen. Aus der armadio in der Küche holte er eine Schachtel, die mit Eisenkrautblättern gefüllt war. Eisenkraut, mit einem silbernen Schäufelchen bei Neumond ausgegraben und in die Schuhe gelegt, war das beste Mittel gegen Müdigkeit.
Bevor er sich auf den Weg machte, stellte er einen Besen umgekehrt in den Türrahmen und bestreute ihn mit Salz. Solange er das SATOR-Palindrom im Fußboden noch nicht fertiggestellt hatte, war dies der wohl zuverlässigste Schutz gegen Hexen und böse schwarze Mächte. Trotzdem beschlich ihn ein leicht mulmiges Gefühl: Würde der Besen auch gegen einen jüdischen Killer aus Lehm helfen?
Sergio. Was war das für einer? Roberto rollte vorsichtig die schlüpfrige strada bianca von Rombolina nach Canavaccio hinunter. Er hatte den Mailänder nur ein paarmal auf der Straße gesehen, seit der vor einem Jahr hier aufgetaucht war. Ein merkwürdiger Typ, sehr zurückhaltend und schweigsam, immer ein wenig spöttisch, ein Fremdkörper, einer, der sich zwar bemühte, wie die Menschen hier zu reden, aber dann doch andere Worte benutzte. Ein Exot, der aus einer Welt kam, die es in Urbino nicht gab. Vielen war er unheimlich. Warum hatte er wohl sein Land eingezäunt? Um fünfzig Hektar mit einem verzinkten, zwei Meter hohen Zaun zu umgeben, brauchte man einen sehr guten Grund. Und eine Menge Geld. Mindestens vierzigtausend Euro, schätzte Roberto.
Im funzeligen Scheinwerferlicht des Topolino tauchte die Mauer des Friedhofs auf, die mit ihren roten Klinkern auf Beton hässlicher war als jedes andere Bauwerk in der Gegend. Ausgenommen vielleicht die komplett aus Sichtbeton gegossene, nur mit wenigen Schießscharten-Fenstern versehene Kirche in Calmazzo ein paar Kilometer weiter. Obwohl Roberto keine Lust hatte, im feuchtkalten Nebel auf dem Boden herumzukriechen, hielt er an, um sich mit einer Handvoll frischer Friedhofserde zu versehen. Sicher ist sicher, sein Vorrat war seit gestern Nacht vollkommen aufgebraucht. Vorsichtig tastete er sich den schlammigen Weg entlang zu der frisch ausgehoben Grube für die überraschend verstorbene Ottavia Serafini, sammelte ein bisschen Erde ein, schob sie in die Hosentasche und stolpert zurück zu seinem Auto.
Schlecht gelaunt klemmte er sich wieder hinter das Lenkrad, zog die Mikrofaserdecke über die Oberschenkel und
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