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Der Poliziotto tappt im Dunkeln (German Edition)

Der Poliziotto tappt im Dunkeln (German Edition)

Titel: Der Poliziotto tappt im Dunkeln (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uli T. Swidler
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aber die lag immer noch in seiner Schreibtischschublade. Neben der Pistole und der salsiccia piccante , der höllisch scharfen Wildschweinwurst. Roberto überlegte, ob er sich trotz der Dunkelheit ums Haus herumtasten sollte. Die Wahrscheinlichkeit, irgendwo eine offene Tür zu finden, war groß. Hier auf dem Land verbarrikadierten sich die Menschen in der Regel nicht. Er streckte die Hand aus, berührte die Hauswand und tat den ersten Schritt. Plötzlich war da ein Geräusch. Roberto erstarrte. Da war auch eine Stimme … Woher, war schwer zu lokalisieren. Er tastete sich ein paar Schritte zurück. Aus dem Haus kam sie nicht. Noch zwei Schritte zurück. Ein Stöhnen. Und ein helles Rasseln.
    So leise wie möglich schlich Roberto zu seinem Auto zurück. Er würde sich hineinwerfen und abhauen. Sofort. Blöderweise hatte er den Wagen nicht gedreht, und rückwärts fahren war schwierig, weil der Topolino keinen Rückscheinwerfer hatte.
    Plötzlich sah er eine Gestalt, schemenhaft, in seltsam gebeugter Haltung, den Oberkörper hin und her wiegend. Nicht hinsehen, ermahnte er sich, auf keinen Fall hinsehen. Wenn man unter freiem Himmel merkwürdige Wesen im Dunkeln tanzen sieht, handelt es sich meist um Unterirdische, die es nicht mögen, wenn Oberirdische ihnen dabei zusehen. Friedhofserde half in so einem Fall gar nicht, im Gegenteil; wie denn auch, gegen Unterirdische. Eher hilfreich war der zu einem Ring geformte Hufnagel, den er am kleinen Finger trug. An der rechten Hand natürlich, denn alles Üble kam von links. Warum wohl bedeutete das lateinische Wort sinistra sowohl links als auch dunkel? Die Augen geschlossen, drehte Roberto den Hufnagel, so schnell er konnte. Fünfmal. Plötzlich stöhnte der Unterirdische auf, das Rasseln, eher ein Klappern, hörte auf, und das Wesen begann mit einem dünnen Stimmchen zu singen. «Una festa sui prati, una bella compagnia.»
    Ärgerlich reckte sich Roberto. « Pazzesco , Franco! Was machst du da? Eh?»
    «Pinkeln», erwiderte der Musiker. «Ich muss schon seit einer Stunde.»
    « Porca madosca , und ich dachte schon …» Roberto verkniff sich weitere Worte, um sich keine Blöße zu geben.
    Franco kam mit schnellen Schritten auf ihn zu. «Mir war auch so, als hätte ich etwas gesehen.»
    «Franco, ti prego !» Roberto deutete auf Francos offene Hose, aus der nicht nur ein Stück der Unterhose herausbaumelte. «Würdest du bitte? Bevor du näher kommst?»
    Eilig schloss Franco seinen Reißverschluss. «Wir müssen weg, Roberto, da ist was, da –»
    «Halt die Klappe, va bene ?» Roberto öffnete die Fahrertür und stieg ein. Er bemühte sich, einen souveränen Eindruck zu machen, aber auch er hatte das unangenehme Gefühl, dass in der nebeligen Dunkelheit etwas auf ihn wartete, dem er auf keinen Fall begegnen wollte. Deshalb gab er schon Gas, bevor Franco die Beifahrertür richtig geschlossen hatte.

[zur Inhaltsübersicht]
    10.
    Ohne wie sonst Rücksicht auf Stoßdämpfer und Reifen zu nehmen, scheuchte Roberto seinen alten Topolino über die Hügel. Fast die ganze Zeit jaulte der Motor in einem äußerst ungesunden Drehzahlbereich, und erst als die Lichter der Häuser von Rombolina auftauchten, gönnte Roberto dem Cinquecento das seinem betagten Alter entsprechende Tempo, und er selber entspannte sich. Da unten, in seinem Dorf, in seinem Haus, hatte er alles, was nötig war, um jeden bösen Geist, Golem oder Unterirdischen auf Abstand zu halten. Zur Not konnte er für diese Nacht auch noch ein Pentagramm öffnen. Wenn man nicht die immer etwas risikobehaftete schwarze Magie zu Hilfe nehmen wollte, war dies wohl der beste Schutz überhaupt.
    Kaum hatte Roberto seine Eingangstür aufgeschlossen, stapfte Franco an ihm vorbei, warf sich auf die Couch vor dem Kamin, zog die Kapuze seiner Daunenjacke über den Kopf und schlief sofort ein. Porca miseria , Roberto hatte das unangenehme Gefühl, seinen Musikerfreund so bald nicht mehr loszuwerden.
    Im Haus war es kalt. Roberto schlug mit dem Schürhaken die Holzkohle von dem riesigen Eichenstamm im Kamin und legte die Glut frei. Mit einigen Spänen Pinienholz entfachte er eine Flamme, legte einige mitteldicke Buchenäste und zwei schwere Eichenholzscheite nach. Schnell entwickelte sich die sanft züngelnde Flamme, die sich auf der einen Seite weiter in den Eichenstamm hineinfressen und für eine dauerhafte Glut sorgen und auf der anderen Seite sehr viel Wärme in den Raum abgeben würde. Ein gutes Kaminfeuer zu machen war eine

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