Der Polizistenmörder
Männern auf den Vordersitzen war zwanzig Meter von ihnen entfernt stehengeblieben.
»Kennst du die beiden?« fragte Martin Beck.
»Nein. Nur zwei junge Kerle. Wenn sie was von uns wollen, können sie ja herkommen und fragen. Dazusitzen und hinauszustarren muß ziemlich langweilig sein.«
Martin Beck sagte nichts. Er selbst wurde älter und älter und die Journalisten immer jünger. Sein Kontakt zur Presse schien sich von Jahr zu Jahr zu verschlechtern. Außerdem war die Polizei nicht mehr populär, wenn sie es überhaupt jemals gewesen war. Martin Beck persönlich war nicht der Ansicht, daß er sich seines Berufes schämen müßte, aber er kannte viele, die das taten, und noch sehr viel mehr Kollegen, die wirklich Anlaß dazu hatten.
»So, damit hätte ich dir alles gezeigt«, nahm Nöjd das Gespräch wieder auf.
»Ich habe das Gefühl, wir wissen sehr wenig von Sigbrit Märd. Wir wissen, wie sie aussah, wo sie wohnte, wo sie arbeitete und daß sie nicht viel Aufhebens von sich machte. Wir wissen, daß sie geschieden und kinderlos war. Das ist mehr oder weniger alles. Hast du aber schon mal daran gedacht, daß sie in einem Alter ist, in dem viele Frauen sich frustriert fühlen, besonders wenn sie keine Kinder oder keine Familie oder kein Hobby haben? Wenn sie ins Vorklimakterium kommen und anfangen, sich alt zu fühlen? Sie meinen, sie hätten was versäumt, speziell auf sexuellem Gebiet, und machen irgendwelche Dummheiten. Lachen sich junge Männer an, gehen das erstbeste Verhältnis ein. Oder fallen auf einen Heiratsschwindler herein, finanziell wie auch gefühlsmäßig.«
»Vielen Dank für die Vorlesung.« Nöjd nahm ein Holzstück vom Boden auf und warf es ins Wasser. Der Hund sprang sofort hinterher, um zu apportieren.
»Gut so. Jetzt saut er den Rücksitz noch mehr ein. Und damit willst du sagen, daß Sigbrit Märd ein heimliches Sexualleben oder so was hatte.«
»Man kann es jedenfalls nicht ausschließen. Auf alle Fälle müssen wir ihr Privatleben untersuchen. Vielleicht ist sie ja doch mit einem Kerl abgehauen, der sieben bis acht Jahre jünger ist. Alles stehen und liegen ließ, um für eine Zeitlang glücklich zu sein. Auch wenn es nur vierzehn Tage oder einige Monate sind.«
»Sich mal ordentlich austoben«, ergänzte Nöjd.
»Oder sich mal mit jemand, den man gut kennt, richtig aussprechen.« Nöjd hielt den Kopf schräg und lächelte. »Das ist eine Theorie, aber ich glaube nicht daran.«
»Weil sie nicht in das Muster paßt.«
»Eben. Die paßt verdammt schlecht in das Muster. Hast du was Bestimmtes vor? Oder ist das eine indiskrete Frage?«
»Ich will abwarten, bis Lennart kommt. Dann werden wir uns einmal ausführlich mit Folke Bengtsson und Bertil Märd unterhalten.«
»Ich will euch gern dabei behilflich sein.«
»Ja, das glaube ich.«
Nöjd lachte. Dann stand er auf, ging hinüber zu dem grünen Auto und klopfte an die Seitenscheibe. Der Fahrer, ein junger Mann mit rotem Bart, kurbelte das Fenster herunter und starrte ihn fragend an.
»Wir fahren jetzt zurück nach Anderslöv«, sagte Nöjd. »Aber ich fahre über Källstorp und hole Eier bei meinem Bruder. Für die Zeitung wird es billiger, wenn ihr über Skivarp fahrt.«
Der Fiat folgte ihnen und überwachte den Eierkauf. »Die verlassen sich offenbar nicht auf das Wort der Polizei«, meinte Nöjd.
Weiter passierte nichts Besonderes an diesem Freitag, dem 2. November.
Martin Beck machte seinen Antrittsbesuch in Trelleborg und sprach mit dem Polizeichef und dem Kommissar, der die Kriminalabteilung leitete.
Er beneidete den Polizeichef um sein Büro; von dort aus konnte man den Hafen überblicken.
Zur Sache konnte ihm keiner etwas Neues sagen.
Sigbrit Märd war seit siebzehn Tagen verschwunden, und man wußte nicht mehr, als was in Anderslöv darüber getratscht wurde. Andererseits wird selten grundlos getratscht. Kein Rauch ohne Feuer. Redensarten.
Abends rief Kollberg an und sagte, daß er die weite Strecke nicht in einem durchfahren und in Växjö übernachten wollte. Dann fragte er: »Wie sieht es denn in Anderstorp aus?«
»Anderslöv«, verbesserte Martin Beck.
»Aha.«
»Es ist ganz nett hier, nur haben wir die Presse schon auf dem Hals.«
»Zieh die Uniform an, dann haben sie mehr Respekt.«
Anschließend versuchte Martin Beck bei Rhea anzurufen, aber sie meldete sich nicht.
Eine Stunde später versuchte er es ein zweites Mal und nochmals, kurz bevor er zu Bett gehen wollte.
Da war sie zu Hause.
»Ich
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