Der Polizistenmörder
habe den ganzen Abend versucht dich anzurufen«, sagte er.
»Soso.«
»Was hast du gemacht?«
»Geht dich nichts an«, antwortete sie munter. »Wie geht es dir?«
»Weiß nicht recht. Ein Mensch ist verschwunden.«
»Ein Mensch kann nicht verschwinden, das müßtest du wissen. Dazu bist du schließlich Detektiv.«
»Ich glaube, ich liebe dich.«
»Ich weiß, daß du das tust«, bestätigte sie fröhlich. »Übrigens war ich im Kino und bin danach bei Butler essen gegangen.«
»Gute Nacht.«
»Weiter wolltest du nichts?«
»Doch, aber nicht jetzt.«
»Schlaf gut, Liebling«, sagte sie und legte auf.
Martin Beck trällerte vor sich hin, während er sich die Zähne putzte. Wenn das jemand gehört hätte, hätte er sich vermutlich über die sonderbaren Töne gewundert.
Morgen war Feiertag. Allerheiligen. Irgend jemand könnte man die Feiertagsruhe vermiesen. Zum Beispiel Mänsson in Malmö.
»Ich habe in all den Jahren viele bullige Typen gesehen«, sagte Per Mänsson. »Aber Bertil Märd ist einer der schlimmsten.«
Sie saßen auf Mänssons Balkon in der Regementsgatan und waren mit sich und der Welt zufrieden.
Martin Beck hatte den Bus nach Malmö genommen, um zumindest sagen zu können, daß er die Strecke, die Sigbrit Märd offenbar nicht gefahren war, tatsächlich ausprobiert hatte.
Er hatte auch versucht, den Busfahrer auszufragen, ohne Ergebnis, denn der Mann sprang für einen Kollegen ein und war an dem bewußten Tag nicht gefahren.
Mänsson war ein baumlanger Mann, der die Dinge langsam an sich herankommen ließ und weder etwas überstürzte noch das große Wort zu führen pflegte. Aber jetzt sagte er: »Ein unsympathischer Bursche.«
»Kapitäne werden oft mit der Zeit komisch. Häufig sind es sehr einsame Menschen, und wenn sie einen Hang zur Überheblichkeit haben, können sie anmaßend und herrschsüchtig werden. Sie verkehren dann praktisch nur noch mit dem Chief.«
»Chief?«
»Dem Leitenden Ingenieur.«
»Aha.«
»Sie geraten ans Saufen und tyrannisieren die Besatzung.
Manchmal tun sie so, als ob es die gar nicht gibt. Sprechen nicht mal mehr mit den Steuerleuten.«
»Du weißt eine ganze Menge über Schiffe.«
»Das ist mein Hobby. Ich hatte mal einen Fall auf einem Schiff. Mord. Im Indischen Ozean. Auf einem Frachter. Eine der interessantesten Sachen, die ich je gehabt habe.«
»Ich kenne eigentlich nur den Kapitän auf der Malmöhus. Netter Kerl.«
»Bei Passagierschiffen ist das auch was anderes. Die Reedereien verlangen, daß sich der Kapitän um die Passagiere kümmert. Auf großen Schiffen gibt es sogar den captain’s table.«
»Captain’s table?«
»Der Kapitän hat einen eigenen Tisch im Speisesaal, da ißt er zusammen mit prominenten Erster-Klasse-Passagieren.«
»Aha.«
»Aber Märd fuhr Frachtschiffe auf Trampfahrt, und das ist natürlich nicht zu vergleichen.«
»Ein grober Kerl«, sagte Mänsson. »Beschimpfte erst mich und dann seine Frau. Richtig unangenehmer Typ. Hält sich für was Besonderes. Frech und anmaßend. Ich laß mich selten aus der Ruhe bringen, aber diesmal bin ich beinahe wütend geworden. Dazu gehört schon einiges.«
»Was macht er denn zur Zeit?«
»Hat eine dreckige Kneipe in Limhamn. Du kennst seine Geschichte, nicht wahr? Er soff, bis seine Leber nicht mehr mitspielte, unten in Venezuela oder Ekuador. Lag dort eine Weile krank im Bett, dann holte ihn die Reederei per Flugzeug nach Hause. Da er nicht gesund geschrieben wurde, konnte er nicht wieder auf See. Wohnte zu Hause in Anderslöv, und das ging schief. Er trank und verprügelte seine Frau. Sie wollte sich scheiden lassen, er war dagegen. Aber sie setzte ihren Willen durch, und »Nöjd sagt, er hätte ein Alibi für den Siebzehnten.«
»Was man so Alibi nennt. Er fuhr mit der Eisenbahnfähre nach Kopenhagen, um sich vollaufen zu lassen. Aber das Alibi ist nicht viel wert, meine ich. Er will im vorderen Salon gesessen haben. Die Fähre geht jetzt Viertel vor zwölf, früher fuhr sie um zwölf. Er behauptet, daß er der einzige Gast im Salon war und daß der Ober einen in der Krone hatte. Ein Besatzungsmitglied stand am Spielautomaten. Ich kenne die Strecke, ich fahre sie häufig.
Der Ober, Sture heißt er, ist immer angetrunken und hat Säcke unter den Augen. Und der gleiche Mann von der Besatzung steht immer am Automaten und steckt Kronenstücke hinein.«
Mänsson nippte an seinem Drink. Er trank stets die gleiche Mischung, Gin und Grapetonic. Das ist eine Spezialität der
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