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Der Polizistenmörder

Der Polizistenmörder

Titel: Der Polizistenmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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aber Kollberg konnte den Schock niemals ganz überwinden und trug daher seit Jahren eine Zündblättchenpistole, wenn er bewaffnet in Erscheinung treten mußte.
    Weder Kollberg noch Martin Beck dachten daran, als sie im Streifenwagen saßen und auf Limpans Erscheinen warteten.
    Kollberg gähnte und rekelte sich. Er saß unbequem hinter dem Lenkrad, und seine Uniform war zu eng. Er konnte sich nicht daran erinnern, wann er zuletzt Uniform getragen hatte, das mußte sehr lange her sein. Die, die er jetzt trug, war geliehen, sie war, wie gesagt, zu klein, aber doch bei weitem nicht so eng wie seine eigene alte Uniform, die an einem Haken zu Hause im Kleiderschrank hing.
    Er blickte Martin Beck an, der tiefer in seinen Sitz gesunken war und durch die Windschutzscheibe starrte.
    Keiner von ihnen sagte ein Wort, sie kannten sich seit langer Zeit, hatten viele Jahre lang Dienst und Freizeit miteinander verbracht und beide nicht das Bedürfnis zu reden, nur um sich zu unterhalten. Unzählige Male hatten sie so wie jetzt zusammengesessen, in einem Wagen auf einer nächtlichen Straße, wartend.
    Seit Martin Beck Chef der Reichsmordkommission geworden war, hatte er es eigentlich nicht mehr nötig, an Überwachungen und Beschattungen teilzunehmen, dazu hatte er genügend Untergebene. Trotzdem ließ er es sich nicht nehmen, auch wenn solche Aufträge im allgemeinen tödliche Langeweile mit sich brachten. Er wollte nicht den Kontakt mit der praktischen Seite seiner Arbeit verlieren, nur weil er Chef geworden war und der Papierkrieg immer mehr von seiner knappen Zeit beanspruchte. Und auf jeden Fall zog er es vor, zusammen mit Kollberg gähnend in einem Auto zu sitzen, anstatt in einer Besprechung mit dem Reichspolizeichef mühsam das Gähnen unterdrücken zu müssen.
    Martin Beck verabscheute sowohl die Bürokratie wie auch Konferenzen und den Reichspolizeichef. Dagegen mochte er Kollberg sehr gern und konnte sich die tägliche Arbeit ohne ihn nur schwer vorstellen. Kollberg hatte schon seit langem hin und wieder mit dem Gedanken gespielt, den Polizistenberuf an den Nagel zu hängen, aber in letzter Zeit schien er immer fester entschlossen, seinen Wunsch in die Tat umzusetzen. Martin Beck wollte ihn weder dazu ermuntern noch ihm abraten. Er wußte, daß Kollbergs Solidarität mit dem Polizeikorps inzwischen gleich Null war und er immer häufiger mit seinem Gewissen in Konflikt geriet. Er wußte, daß es sehr schwer für ihn werden würde, eine befriedigende oder in etwa gleichwertige Stellung zu bekommen. In einer Zeit hoher Arbeitslosigkeit, in der Akademiker und gut ausgebildete Leute aus fast allen Berufen und vor allem die Jugendlichen keine Anstellung fanden, waren die Aussichten für einen fünfzigjährigen, abgedankten Polizisten nicht gerade glänzend. Aus rein egoistischen Gründen wollte er natürlich, daß Kollberg bleiben sollte, aber Martin Beck war kein krasser Egoist und wäre nie auf den Gedanken gekommen, Kollberg zu beeinflussen.
    Kollberg gähnte wieder.
    »Sauerstoffmangel«, sagte er und kurbelte die Scheibe herunter. »Ein Glück, daß man seine Dienstjahre als Streifenpolizist zu einer Zeit ableistete, da die Beamten ihre Füße noch zum Laufen benutzten und nicht nur, um den Leuten damit in den Hintern zu treten. Man kriegt ja die Platzangst hier drin.«
    Martin Beck nickte. In engen, geschlossenen Räumen fühlte er sich immer bedrückt.
    Beide, Martin Beck und Kollberg, hatten ihren Dienst bei der Stockholmer Polizei Mitte der vierziger Jahre begonnen. Martin Beck hatte seine Runden durch Norrmalm gedreht, während Kollberg durch die engen Gassen der Altstadt getrottet war. Damals kannten sie sich noch nicht, aber ihre Erfahrungen aus jener Zeit waren im großen und ganzen die gleichen. Die Uhr rückte auf halb zehn. Die Konditorei schloß, und in immer mehr Fenstern entlang der Straße war das Licht ausgeschaltet worden. Die Wohnung, in der Limpan sich befand, war immer noch erleuchtet. Plötzlich ging die Haustür schräg gegenüber auf, und Limpan trat auf den Bürgersteig. Er hatte die Hände in die Manteltaschen gesteckt, im Mundwinkel glimmte eine Zigarette.
    Kollberg legte die Hände auf das Lenkrad, und Martin Beck setzte sich gerade hin.
    Limpan blieb vor der Tür stehen und rauchte in aller Ruhe seine Zigarette.
    »Er hat keinen Koffer bei sich«, stellte Kollberg fest.
    »Er kann das Zeug in den Taschen haben«, meinte Martin Beck, »oder er hat es verkauft. Wir müssen kontrollieren, wen er

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