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Der Polizistenmörder

Der Polizistenmörder

Titel: Der Polizistenmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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gab Kollberg zu.
    »Finde ich nicht.«
    »Du bist zu mager.«
    »Vielleicht. Manchmal geht’s mir ganz leidlich, trotz allem.«
    »Trotz allem.«
    »Ich habe eine kleine Wohnung hier. Willst du mit raufkommen? Nur fünf Minuten zu Fuß.«
    »Okay.«
    »Und dann werden wir wohl beide gekündigt.«
    »Mach dir nichts draus.«
    Bomans Wohnung war gemütlich eingerichtet.
    Auf dem Tisch neben dem Telefon stand eine eingerahmte Fotografie. Kollberg erkannte sie sofort wieder.
    Das Bild war im Freien aufgenommen worden. Sie hatte den Kopf nach hinten gebeugt und lachte den Fotografen an. Der Wind zerrte an ihren blonden, zerzausten Haaren.
    »Anne-Louise, nicht wahr?«
    »Das beste in meinem Leben. Jetzt ist sie verheiratet. Prima Kerl, glaube ich. Zwei Kinder. Ein Junge und ein Mädchen. Verdammt!« sagte Boman plötzlich.
    Sie unterhielten sich noch zwei Stunden lang. Über alles mögliche.
    Zwei Männer, die getötet hatten.
    Zu Hause bei Bertil Märd hatte sich nichts verändert. Der gleiche Gestank nach Erbrochenem und lange nicht gelüfteten Betten. Das gleiche Halbdunkel in dem verfallenen kleinen Haus. Märd war sogar ebenso gekleidet wie beim letzten Besuch, er trug ein Unterhemd und eine alte Kapitänshose.
    Neu war ein alter Petroleumofen, der vor sich hin qualmte und das allgemeine Bild von Schmutz und Verfall auch nicht gerade verbesserte. Jedenfalls war Märd nüchtern.
    »Guten Morgen, Kapitän Märd«, sagte Martin Beck höflich.
    »Guten Morgen.«
    Märd blinzelte den Besucher an, und seine Augäpfel waren mit einer ungesunden gelben, dünnen Schicht überzogen. Die braunen Augen blickten roh und mordlustig.
    »Was wollen Sie?«
    »Ein bißchen mit Ihnen sprechen.«
    »Ich habe jetzt keine Lust zu einer Unterhaltung.« Märd trat nach dem qualmenden Petroleumofen.
    »Sie können den hier vielleicht für mich reparieren. Er funktioniert nicht, und in der Nacht wird es hier drin kalt wie in der Negerhölle. Ich habe noch nie was von Apparaten verstanden.«
    Martin Beck sah sich den Wärmespender an, der sehr alt zu sein schien.
    Es war Jahre her, daß er so einen überhaupt zu Gesicht bekommen hatte. Im Prinzip war er offenbar wie ein Petroleumherd konstruiert »Ich finde, Sie sollten sich einen neueren und besseren anschaffen«, schlug er vor.
    »Vielleicht«, stimmte Märd abwesend zu. »Na, was wollen Sie mit mir besprechen?«
    Martin Beck antwortete nicht gleich. Er setzte sich auf einen der Stühle und wartete beinahe auf einen Protest, aber Märd seufzte nur und setzte sich ebenfalls.
    »Wollen Sie einen mit mir trinken?«
    Martin Beck schüttelte den Kopf. Der Schnaps war der gleiche wie beim letztenmal. Unverzollt importierter hochprozentiger Wodka. Aber davon stand nur eine Flasche auf dem Tisch, und die war noch ungeöffnet.
    »Na, dann nicht.«
    »Wo bekommen Sie den her?« fragte Martin Beck mit einem Blick auf die Flasche und das blaue Etikett.
    »Geht Sie nichts an.«
    »Nein, eigentlich nicht.«
    »Das Leben ist hart in einem Land, in dem eine Flasche Whisky fünfzehn Dollar kostet«, philosophierte Märd.
    »Ich nehme an, Sie haben davon gehört, daß wir Ihre Frau gefunden haben?«
    »Ja. Diese Nachricht hat mich erreicht«, antwortete Märd. Er schraubte mit einer routinierten Handbewegung die Kapsel ab und warf sie auf den Boden.
    Goß sich ein halbes Wasserglas voll und betrachtete es lange, so als ob es ein lebendiges Wesen oder die Flamme einer Kerze sei.
    »Das Komische dabei ist, daß ich eigentlich auch nichts haben will«, erklärte er.
    Er nahm einen kleinen Schluck.
    »Außerdem bekomme ich davon Schmerzen. Warum kann man sich, verdammt noch mal, nicht zu Tode saufen, ohne daß das weh tun muß. Wahrscheinlich ist das der Fluch aller Trinker.«
    »Sie wissen also, was mit Sigbrit geschehen ist?«
    »Ja. Zwar hat es keiner für nötig gehalten, mir das zu sagen. Aber die Schlampen in der Kneipe lesen zum Glück Zeitung.«
    »Sind Sie traurig?«
    »Wieso?«
    »Sind Sie traurig? Trauern Sie um Sigbrit?« Märd schüttelte langsam den Kopf.
    »Nein«, antwortete er schließlich. »Man kann nicht um etwas trauern, das man schon lange verloren hat. Aber…«
    »Ja?«
    »Aber es kommt mir komisch vor; daß sie nicht mehr da sein soll. Niemals hätte ich geglaubt, daß Sigbrit vor mir unter die Erde kommen würde. Und ich weiß einen, der erst recht nicht damit gerechnet hat.«
    »Wer ist das?«
    »Sie selbst. Sie hat mich doch schon lange für praktisch tot gehalten.« Märd schlug mit

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