Der Polizistenmörder
hatte oft im Polizeigebäude in Trelleborg zu tun, und als er am 16 November das Gebäude verließ, traf er einen Mann, den er kannte. Ake Boman.
»Hej«, sagte Kollberg.
»Wir dürfen vielleicht gar nicht miteinander sprechen«, gab Boman zu bedenken, »sonst werden wir alle beide rausgeschmissen!«
»Da pfeif ich drauf. Gibt es hier irgendwo was Vernünftiges zu essen?«
»Jönssons Gasthaus. Da können wir uns ordentlich den Bauch vollschlagen.«
»Dann lade ich dich dahin ein.«
»Oder ich dich.«
»Wir laden uns gegenseitig ein.«
Jönssons Gasthaus war ein guter Tip. Genau wie’s Kollberg nötig hatte, einmal so richtig reinzuhauen.
»Kann man sich hier auch satt essen?«
»Bis es dir zu den Ohren rauskommt. Und gute Küche.«
»Fein.«
Sie setzten sich, und Kollberg studierte ausführlich und abwägend die Speisekarte, ehe er die Bestellung aufgab.
»Willst du nicht einen Schnaps haben?« fragte Boman.
Kollberg sah ihn an. Boman hatte sich wie üblich Mineralwasser bestellt.
»Ja«, antwortete er nach kurzer Überlegung. »Einen großen Schnaps. Ein Achtel Korn, Fräulein.«
Das Verhältnis, in dem sie zueinander standen, erforderte mindestens ein opulentes Mahl, einen ordentlichen Schluck und ein Gespräch.
»Ich habe schon öfter das Gefühl gehabt, daß wir miteinander sprechen müßten«, sagte Boman. »Nur ein paar Worte.«
»Das gleiche hat mir vorgeschwebt. Besonders dieser Tage.«
»Du hast damals sozusagen mein Leben gerettet. Ich weiß jedoch nicht genau, ob es da etwas zu retten gab. Ich wollte tatsächlich sterben. Und später noch ein paarmal.«
»Mir blieb keine andere Wahl. So wie sich die Sache damals ergab, blieb mir nichts anderes übrig. Was waren das für Tabletten, die du genommen hast?«
»Vesparax.«
»Ach ja. Ich las, daß es die jetzt nur noch als Zäpfchen gibt. Ganz schön schlau. So als ob die Leute sich das Leben nicht genausogut durch den Hintern nehmen könnten.«
Boman lächelte wehmütig.
Kollberg fuhr fort: »Eines wollte ich dich fragen.«
»Was denn?«
»Du hättest es beinahe geschafft. Und du wolltest ein sehr nettes Mädchen heiraten. Wie hattest du dir das vorgestellt? Mit der Sache leben? Vergessen?«
»Nein«, antwortete Boman. »Als ich Alf umbrachte, habe ich mein Leben zerstört. Ich wäre vielleicht um die Strafe herumgekommen, aber ich hätte niemals damit leben können. Das weiß ich jetzt.«
»Boman«, begann Kollberg.
»Du kannst Gunnarsson zu mir sagen. Spielt jetzt keine Rolle mehr.«
»Für mich bist du Ake Boman. Eines will ich dir sagen. Ich habe auch einen Menschen getötet. Davon wissen nur wenige Leute. Wenn du willst, kann ich es dir erklären.«
Ake Boman schüttelte den Kopf.
»Okay. Keine Einzelheiten. Ich bin froh, daß ich es nicht muß. Du weißt ja selbst am besten, wie man sich danach fühlt. Man kann damit nicht leben. Alles wird anders. Man kommt niemals darüber hinweg. Und ich bekam nicht einmal einen Verweis. Der Kommissar verglich mich mit Karl XII.«
Er lachte höhnisch.
»Die Wahrheit ist, daß ich es nicht mehr aushalte, Polizist zu sein. Nicht mehr lange, glaube ich. Kannst mich beim Wort nehmen. Was mich bisher gerettet hat, ist eine gute Frau und zwei nette Kinder.«
»Ich habe auch daran gedacht, zu heiraten. Aber ich wage es noch nicht richtig.«
Der Hering und die Kartoffeln kamen. Kollberg langte zu.
Boman hatte nicht so großen Appetit, ließ sich aber anstecken.
»Willst du meine Meinung hören?« fragte Kollberg.
»Ja und nein.«
»Hier hast du sie, gratis und franko. Ich glaube, daß Bengtsson verrückt ist. Aber er ist unschuldig. Kannst du schreiben, wenn du willst. Ich bin beinahe sicher.«
»Glaubst du, daß wir Freunde werden könnten?«
»Sind wir schon«, antwortete Kollberg. Er hob das Schnapsglas. »Skäl!« Boman trank sein Mineralwasser.
Das Mittagessen zog sich hin. Kollberg trank keinen Alkohol mehr, aber sie sprachen viel.
Über alles mögliche.
Sie saßen sich gegenüber. Ein Mörder und ein Polizist, der getötet hatte. Sie verstanden sich.
Vielleicht hatten sie eine gemeinsame Zukunft.
»Du hast mein Leben gerettet«, sagte Boman.
»Was hätte ich anderes tun können?«
»Weiß nicht.«
»Wenn du willst, kannst du jedes Wort, das ich gesagt habe, veröffentlichen.«
»Dann sitzt du in der Tinte.«
»Da scheiß ich drauf. Kannst mich beim Wort nehmen.« Ein Gefühl der Freiheit durchrieselte ihn.
Er aß Eis mit Schokoladensauce.
»Ich bin viel zu dick«,
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